Das Medikament zur Behandlung von Hepatitis C |
Seit Wochen kommt das Gesundheitssystem in Portugal nicht aus den Schlagzeilen. Menschen sterben während sie in der Notaufnahme stundenlang darauf warten, von einem Arzt untersucht zu werden oder danach, wenn sie von einer Untersuchung zur nächsten gekarrt werden und dazwischen wieder Stunde um Stunde vergeht. Krank werden oder sich verletzen ist keine gute Idee im heutigen Portugal. Es kann den Tod bedeuten, auch wenn ursprünglich keine größere Gefahr für das Überleben bestanden hat. Der Fall der an Hepatitis C Erkrankten ist besonders pervers, weil ein seit Mitte 2013 bestehendes Heilmittel den Patienten aus finanziellen Gründen vorenthalten wird.
Von Rui Filipe Gutschmidt
Als es in den Nachrichten hieß, Hepatitis C könne jetzt ohne die Nebenwirkungen der bisher üblichen Interferonbehandlung, die einer Chemotherapie in nichts nachsteht, geheilt werden, haben tausende Infizierte neue Hoffnung geschöpft. Selbst der sonst so mühselige Weg über die Zulassungsbehörde wurde verkürzt und doch sterben die Menschen, die in Portugal auf der Warteliste stehen, da die Regierung noch immer den Preis mit dem Pharma-Riesen GILEAD verhandelt. Im Parlament beschuldigen sich Regierung und Opposition gegenseitig, für die Toten der verfehlten Gesundheitspolitik verantwortlich zu sein. Insbesondere im Fall der Hepatitis C Patienten, die schon längst behandelt und dadurch geheilt sein sollten, wird auf eine perverse Weise von den Parteien genutzt, um sich gegenseitig für die langsamen Verhandlungen zu beschuldigen.
Was aber wirft die Regierung der Opposition vor? Ich meine, außer der alten Leier von „ihr habt uns in die Schuldenfalle getrieben…“? Im konkretem Fall, werden Opposition, Medien und der Druck der Öffentlichkeit für die starre Haltung der Repräsentanten des Pharmakonzerns Gilead verantwortlich gemacht. Andererseits haben wir einen Gesundheitsminister der schon oft gezeigt hat, dass ihm die Zahlen wichtiger sind als die Menschen. Natürlich kann ein Land nicht jeden beliebigen Preis akzeptieren. Aber Gesundheitsminister Paulo Macedo hätte vielleicht den Druck der Öffentlichkeit nutzen sollen, wie es in vielen Ländern, einschließlich dem Ursprungsland der Konzerns, den USA, geschehen war, um den Preis auf ein vernünftiges Niveau zu bringen. Auch wenn die Erfolgsquote bei über 90% liegt, so ist das noch lange kein Grund, eine Gewinnmarge von 5.000 Prozent zu berechnen. Ja, ich habe mich nicht vertippt. Es sind wirklich 5.000 Prozent und rund 100.000 Euro pro Behandlung. Nach rund einem Jahr, wurde Mitte Januar der erste Teilerfolg errungen. Beunruhigt, dass der Tod von Patienten in dieser Wartezeit, dem Pharmaunternehmen angekreidet werden könnte, wurden die Medikamente für 100 Patienten kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Regierung hat die Krankenhäuser dabei angewiesen, nur die wirklich dringenden Fälle zu behandeln. Die Patienten, bei denen eine Leberzirrhose eminent ist oder ein Versagen der Leber bevor steht, sollten als erste das Medikament bekommen, um das Schlimmste zu verhindern.
Doch es ist dennoch passiert. Davide Gomes, 33 Jahre alt, hat seine 51 Jährige Mutter durch ihr Martyrium begleitet. Er musste mitansehen, wie sie in immer kürzeren Abständen ins Krankenhaus eingeliefert wurde und es ihr jedes mal schlechter ging. Nachdem Davides Mutter verstorben ist, hat ihn Minister Paulo Macedo zu einem Gespräch unter 4 Augen empfangen. Jetzt, wo seine Mutter den Kampf mit dem Virus, gegen die Zeit und letztlich gegen die Gier verloren hat, könnte ihr Sohn sich eigentlich aus allem herausnehmen. Doch als Teil einer Bürgerplattform, die sich für die Betroffenen dieser Krankheit einsetzt, unabhängig davon wie jemand sich diese Infektion eingehandelt hat, ist er es seinen Mitstreitern und auch seiner Familie schuldig herauszufinden, warum seine Mutter das Medikament nicht bekam. Dabei hat ihm der Minister zwar versprochen, die Verantwortlichen zu finden, aber er hat dennoch angekündigt, das Gesundheitsministerium zu verklagen. Ein anderes Mitglied der Plattform der an Hepatitis C erkrankten, ist Jose Saldanha. Bei der gleichen Gelegenheit, die Herrn Davide mit dem Minister zusammenführte, kam auch er dem Mann nahe, dessen Verhandlungen für ihn das Leben oder den Tod bedeuten kann.
Ich rede hier von einem Parlamentsausschuss, bei dem auch der einfache Bürger jederzeit zuschauen darf und bei dem diesmal die Repräsentanten der Bürgerplattform anwesend waren. Doch bei all dem hin und her schieben der Verantwortung platzte Herrn José Saldanha der Kragen. Er nahm all seinen Mut zusammen und richtete das Wort an den Minister. „Es ist mir egal, was es kostet. Ich habe ihnen einen Brief geschrieben, Herr Minister und ihnen vorgeschlagen, dass ich die Hälfte der Kosten selber tragen kann. Der Herr Minister hat mir noch nicht einmal geantwortet. Es tut mir Leid! Ich respektiere das Parlament und alle Anwesenden, aber sie… (dabei zeigte er auf den Minister) wir werden uns noch treffen…! Ich will nicht sterben! Das ist alles. Es tut mir Leid! Ich will einfach nicht sterben.“
Nun wurde am Tag darauf schließlich eine Übereinkunft getroffen, in der die Behandlung für 12.000 Patienten beschlossen wurde, zu einem Preis, der in jedem Fall unter 25.000 Euro pro Patienten bleiben wird. Die Frage bleibt jedoch bestehen. Mussten erst Menschen sterben? Wieso haben die Krankenhäuser die Medikamente für die 100 dringendsten Fälle nie bestellt? Geschenkt und doch nicht geholt? Die Frage die sich als nächstes stellt, ist die, ob die Krankenhäuser die Finanzmittel
haben, um ihren Patienten die Behandlung zu bezahlen. Eines ist sicher: Die Patienten, die sich in der Bürgerplattform organisiert haben, werden nicht zulassen, dass noch jemand stirbt während er auf der Warteliste steht.
haben, um ihren Patienten die Behandlung zu bezahlen. Eines ist sicher: Die Patienten, die sich in der Bürgerplattform organisiert haben, werden nicht zulassen, dass noch jemand stirbt während er auf der Warteliste steht.
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