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Lissabon, Portugal. Ein Kind wurde nach 15 Wochen in seiner hirntoten Mutter geboren. Laut den Ärzten wurde noch nie solange, eine verstorbene Schwangere künstlich „am Leben“ gehalten, um den Fötus zu retten. Doch ist die Prozedur nicht ganz unumstritten und wirft einige Fragen auf.
Von Rui Filipe Gutschmidt
Nach 15 Wochen in der Gebärmutter seiner hirntoten Mutter wurde „Lourenço“ per Kaiserschnitt auf die Welt geholt. Das verantwortliche Team im Lissabonner Zentralkrankenhaus (CHLC), bestand nicht nur aus Ärzten. Auch ein Wissenschafts- und Ethikkomitee, ein Vertreter der Staatsanwaltschaft als Rechtsberatung und die Angehörigen berieten die gesamte Zeit über und arbeiteten zum Wohl eines Lebens, dass nun mit 32 Wochen zur Welt kam. Es gab keine Komplikationen beim Kaiserschnitt und der Junge, dessen Name noch von seiner Mutter ausgesucht wurde und dessen überleben ausdrücklich von dieser gewünscht war, wog 2350 Gramm.
Die 37 jährige Mutter des Kindes war am 20. Februar, um 23:43 Uhr nach einer Hirnblutung für tot erklärt worden. Die Gesundheit des Fötus wurde für stabil befunden und nach Absprache mit der Ethikkommission und den Angehörigen wurde der Entschluss gefasst, den Körper der Mutter an den Lebenserhaltungssystemen angeschlossen zu lassen. Um dem Ungeborenen eine bestmögliche Überlebenschance zu geben hat man den Geburtstermin auf die zweinundreißigste Schwangerschaftswoche gelegt. Alles lief nach Plan und dem Kind, Lourenço, geht es gut. Die 15 Wochen wurden als „Rekord“ propagiert, aber in der portugiesischen Tageszeitung JN wird ein Fall erwähnt, bei dem eine Geburt nach 17 Wochen, in der insgesamt dreißigsten Woche, 2013 in Ungarn stattgefunden haben soll. Auch da soll das Baby wohlauf gewesen sein.
Was hat es für ethische Folgen, wenn man den Körper einer Frau so lange künstlich „am Leben“ erhält und als „Biobrutkasten“ verwendet? In dem anderem Fall, in Ungarn, wurden der Frau noch Organe entnommen, was weiteren vier Menschen das Leben gerettet hat. Bei allen Fragen, die sich stellen mögen, steht das Leben eines Kindes auf dem Spiel. Aber mir persönlich stellt sich die Frage, welche Auswirkungen, vor allem auf die Psyche des Kindes, die 15 Wochen in der Stille hatten. Gefühle, Gedanken, Erinnerungen, die von der Mutter auf das Kind normalerweise übergehen, rissen auf einmal ab. Die letzten Gedanken der Mutter waren dem Tod und der Angst um das Baby gewidmet. Danach kam die Stille, die Dunkelheit… 15 lange Wochen! Ob das Spurlos an der Psyche vorüber ging? Ich wage es zu bezweifeln.
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