Mario Centeno-(Mitte) bei einem Ecofin Treffen -Wikimedia CC 0 |
Brüssel: Die Eurogruppe holt sich den „Ronaldo des Ecofin“, den portugiesischen Finanzminister Mario Centeno, um Dijsselbloem als Präsident abzulösen. Portugals beispielhafte Überwindung der Krise, bei gleichzeitiger Wiederherstellung von Renten, Gehältern und allgemein der Lebensbedingungen die vor der Krise herrschten, führten zur Wahl des Portugiesen. Doch was wird sich dadurch ändern?
Von Rui Filipe Gutschmidt
„Es wird sich an Portugals Finanzpolitik nichts ändern“, so der neue Präsident der Eurogruppe. Damit will er die Verbündeten Linksparteien (PCP, PEV, BE, PAN) beruhigen, die befürchten, dass Portugals Finanzminister jetzt mehr „Verantwortung“ hat und den Sparzwängen der EU von jetzt an Vorrang gibt.
Die Regierung Portugals, sowie auch einige Länder im Süden Europas, haben im Gegensatz dazu eher die Hoffnung auf eine neue Ausrichtung der Eurogruppe, die den Erfolg der Portugiesen imitiert. Denn das Land begann seine Probleme zu lösen, als die jetzige PS-Minderheitsregierung mit der parlamentarischen Unterstützung der Linksliberalen (BE), Kommunisten (PCP) und Grünen (PEV), die bisherige Austeritätspolitik der vorangegangenen Mitte-Rechtsregierung aufgab und den Binnenmarkt durch Wiederherstellung der Kaufkraft in Gang setzte.
Die Folgen der brutalen Sparmaßnahmen, die unter der Federführung des Deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble durch Dijsselbloems Eurogruppe, Portugal und den anderen Krisenstaaten aufgezwungen und von den Handlangern der Troika umgesetzt wurde, waren katastrophal. Es waren die unteren Schichten der Gesellschaft, die für Milliardengewinne der Spekulanten und die zusätzliche Staatsverschuldung durch Bankenrettungen u.a. aufkommen mussten. Gehaltskürzungen, Steuererhöhungen, Kürzungen bei den Renten, Arbeitslosengeld und Sozialleistungen aller Art, Privatisierungen und Kürzungen bei Gesundheit, Bildung, Sicherheitskräften… All das und noch viel mehr galt es rückgängig zu machen und dabei trotzdem die Schulden abzuzahlen, das Defizit zu senken und Wachstum zu kreieren.
Die Arbeitslosigkeit war auf über 13 Prozent und etwa 500.000 Portugiesen waren ins Ausland gegangen, um dort zu arbeiten. In den letzten zwei Jahren hat Portugal aber sowas wie ein „Wirtschaftswunder“ vollzogen, beziehungsweise ist immer noch dabei, dies zu tun. Nach und nach werden Gehälter wieder auf das Niveau vor der Krise angehoben, die Steuern und Sonderabgaben gesenkt und, gegen alle Wetten die Schäuble, Dijsselbloem und Anhang auf ein scheitern der Linksregierung abgeschlossen hatten, schafft es Centeno, gleichzeitig die Ansprüche Brüssels zu erfüllen. Das ging soweit, dass selbst Schäuble der drohenden Zeigefinger wegsteckte und Centeno zum „Ronaldo des ECOFIN“ ernannte.
Jetzt wird sich zeigen, ob Brüssel es schafft Mario Centeno um den kleinen Finger zu wickeln oder ob es eher zu einer Übernahme des portugiesischen Modells durch die Eurostaaten kommt. Sicher, in Portugal gibt es noch viel zu tun, doch die Richtung stimmt, soweit sind sich die meisten einig. Den Linksparteien geht das Land aber nicht weit genug, lässt Premierminister Costa den mächtigen Lobbys im Energie- und Finanzsektor zu viel durchgehen und auch die Gewerkschaften im öffentlichem Dienst streiken, um ihre Rechte schneller wiederhergestellt zu sehen. Mitte-Rechts sieht zwar, dass ihre Politik versagt hat, doch finden sie immer ein Haar in der Suppe und beklagen vor allem mangelnde ausländische Investitionen.
Es ist aber die Forderung nach einer Neuverhandlung der Schulden, die nach Meinung von PCP, PEV, BE und der Tier- und Naturschutzpartei PAN, mit Centeno als Präsident der Eurogruppe, unmöglich wird. Als Portugals Präsident, Marcelo Rebelo de Sousa sagte, „mit diesem Erfolg ist eine eine große Verantwortung verbunden…“, sprach er unter anderem von der Erfüllung des Schuldendienstes und der Einhaltung der Defizitgrenze.
Doch ohne Nachverhandeln der Schulden, wird sich das Land – wie viele andere Länder auch – nie wieder vollständig erholen. Mit dem vielen Geld, dass für Zinsen an Spekulanten bezahlt wird, könnten neue Investitionen getätigt und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen werden. Wenn Centeno aber „nur“ die heutige Politik Portugals in die anderen Euroländer „exportiert“, dann wäre schon viel geschafft. Es wäre ein Anfang für ein neues Europa. Eine Eurogruppe, EU, ja ganz Europa, in dem der Bürger an erster Stelle kommt. Man wird ja noch träumen dürfen…
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