Kataloniens Fahne – Pixabay.com CC 0 |
Und jetzt, Senhor Rajoy? Die Katalanen haben gewählt und den Pro-Unabhängigkeitsparteien die Mehrheit gegeben. Die meistgewählte Partei waren die konservativen Ciudadanos, deren Sieg aber nicht ausreicht, um eine pro-unionistische Regierung zu bilden. Verlierer ist Rajoys PP, die nur 3 Abgeordnete ins Parlament entsenden. Carlos Puigdemont bleibt wahrscheinlich Präsident – im Exil?
Von Rui Filipe Gutschmidt
In Katalonien wurde am Donnerstag gewählt, wobei sich die Pro-Unabhängigkeitsparteien durchgesetzt haben:
Partei
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Sitze
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Cidadanos (SP) MR
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37
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JxCAT (U) MR
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34
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ERC (U) ML L
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32
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PSC (SP) ML
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17
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Cec Podemos (SP) L
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8
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CUP (U) L
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4
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PP (SP) R
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3
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(SP)=Pro Spanien, (U)=Pro Unabhängigkeit, R=Rechts, MR=Mitte rechts, ML=Mitte links, L=Links
Auch wenn sich manche gegenseitig vorwerfen, Links oder Rechtsextrem zu sein und obwohl man von manchen einen gewissen Fanatismus (CUP) oder faschistoide Ansätze (PP) zu spüren bekommt, kann man keiner Partei einen wirklichen Vorsatz zuschreiben, die Demokratie durch einen totalitären Einparteienstaat ersetzen zu wollen. Falls die Politiker dies vergessen haben sollten, aber das ist nun mal die Definition einer Diktatur.
Dennoch kommt der spanische Staat der Franco-Diktatur recht nahe – übrigens nicht nur in Sachen Katalonien – was die brutale Polizeiaktion am Tag des von Madrid verbotenen Referendums nur zu deutlich zeigte. Auch das Spitzenkandidaten während der Kampagne und sogar während der Wahlen im Gefängnis sitzen oder der bisherige Präsident der Generalidad (das katalanische Parlament), Carlos Puigdemont, in Brüssel in einer Art Exil ist, spricht eher gegen demokratische Werte. Wenn die Verfassung Spaniens die Meinung der Katalanen
nicht mehr vertritt, dann ist etwas mit der Verfassung faul, nicht mit den Bürgern.
nicht mehr vertritt, dann ist etwas mit der Verfassung faul, nicht mit den Bürgern.
Jetzt argumentiert Ciudadanos aber, dass die Mehrheit der Katalanen bei Spanien bleiben will. Wie sie darauf kommt? Nun, die Separatisten erreichten zwar mehr Abgeordnete, bekamen aber nur 48 Prozent der Stimmen. Inès Arrimadas vergisst dabei aber die 20 Prozent Nichtwähler – wobei man diese auch nicht zählen muss (wer nicht wählt hat Pech gehabt) – und vor allem 7,5 Prozent von En Comú-Podem (Podemos), die nicht unbedingt für die Unabhängigkeit sind, aber auch nicht dagegen, wenn dies in einem Referendum – für das sie sich einsetzen – entschieden wird.
Inès Arrimadas und ihre Ciudadanos können sich zwar darüber freuen, dass sie die meistgewählte Partei sind, aber für das Spektakel, die Jubelstürme und vor allem für die Forderung, eine Regierung bilden zu dürfen fehlt ihnen jegliche Grundlage. Spaniens Premierminister Mariano Rajoy seinerseits nährt die psychotischen Wahnvorstellungen von Inès noch, die wohl als Kind zu oft Prinzessin gespielt hat, indem er Carlos Puigdemonts Einladung zu einem Versönungsgespräch in Brüssel – oder an einem anderen Ort, an dem er nicht von Madrids Polizeistaat bedroht wird – ablehnte und meinte, dass er sich statt dessen mit „Wahlsiegerin“ Arrimadas treffen müsse.
Mariano Rajoys kurzes Statement nach bekanntgabe der Wahlergebnisse, waren eine Mischung aus unterschwelligen Drohungen und Realitätsverweigerung. Seine von Korruptionsskandalen durchsetzte Partei, die Demokratie nur akzeptiert, wenn sie ihnen nützlich scheint, hatte gerade mal knapp über 4,2 Prozent der Stimmen und bekam dadurch 3 Sitze. Ciudadanos wurde vor 12 Jahren gegründet, um eben eine Alternative zu diesem Sumpf für konservative Wähler zu bieten. Inzwischen haben sie aber einige Prinzipien wieder vergessen und regieren mit Rajoy in einer Koalition in Madrids Zentralregierung.
Es war die diktatorische, antidemokratische Vorgehensweise der Regierung, die der PP 5 von 8 Abgeordnetenplätze kostete. Merkwürdigerweise wurde Ciudadanos Anteil an den Polizeistaatmethoden nicht wahrgenommen. Dennoch gewann die Demokratie gestern. Wo sonst gehen über 80 Prozent der Bürger zu einer Wahl? Auch gab es keine nennenswerten Zwischenfälle, diesmal kam kein Großaufgebot der Polizei und beschlagnahmte die Urnen und diesmal wurden keine Parteiaktivisten, Bürger oder Politiker verprügelt, gedemütigt, verhaftet.
Mariano Rajoy hatte sich ein anderes Resultat erhofft. Carlos Puigdemont mit seiner mitte-rechts orientierten, Pro-Unabhängigkeitspartei „Gemeinsam für Katalonien“ (JxCat) und bisheriger Präsident der autonomen Region hat die besten Chancen, um das alte Bündnis zu erneuern. Ob und wann er aber aus Brüssel zurückkehren kann, ohne Gefahr zu laufen bei Ankunft in Barcelona verhaftet zu werden ist noch offen. Spanien und die EU müssen die Realität erkennen und den jahrhundertealten Ruf nach Unabhängigkeit der Katalanen respektieren, auch wenn nur ungefähr die Hälfte der Menschen in der Region dies wollen.
Zumindest ein Dialog muss geschaffen werden bei dem sofort eine viel größere Autonomie gewährt wird und in regelmässigen Abständen ein Referendum abgehalten wird, welches ab einer 2/3 Mehrheit bindend wird. Was Madrid auf keinen Fall tun darf (nicht sollte, sonder meiner Meinung nach absolut nicht darf!) ist weiterhin mit finanziellem und juristischem Druck oder gar mit brutaler Polizeigewalt vorzugehen. Die PP ist zwar das Überbleibsel der Franco-Diktatur und all die Faschisten, die sich nach 1978 plötzlich in Demokraten verwandelt haben fanden in der „Partido Popular“ (Volkspartei) ein neue politische Heimat, doch auch sie müssen sich den demokratischen Werten unterordnen, die sie zu vertreten geschworen haben.
Wenn die Europäische Union nicht dem Untergang geweiht sein möchte und bei ihrer Kritik gegenüber den Rechtspopulisten in Ungarn, Polen oder Finnland – jetzt auch Österreich – ernst genommen werden will, dann dürfen EU-Parlament und Kommission nicht weiterhin zweierlei Maß gelten lassen. Rajoy ist ein schlimmerer Möchtegern-Diktator als Urban oder Kaczynski, auch wenn seine Reden nicht so radikal sind, wie jene der Osteuropäer. Seine Handlungen, einschließlich dem Abschalten von Webseiten und andere Einschränkungen der Pressefreiheit, sind dafür umso schlimmer. Die Katalanen wollen in erster Linie mehr Mitspracherecht, Mitbestimmungsrecht, Demokratie und, ultimativ, ihre FREIHEIT. Ist das zu viel verlangt, dann weiß ich nicht wozu der zweite Weltkrieg geführt wurde… oder angeblich geführt wurde.
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