Solidarität unter Frauen – Bild mit freundlicher Genehmigung des Autors |
Jeden 8. März jährt sich der internationale Frauentag, der von der Marxistin Clara Zetkin initiiert und von der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz beschlossen wurde. Während in den ersten Jahren vor allem der Kampf für das Wahlrecht sowie soziale Gerechtigkeit auf der Tagesordnung standen, ist der Anlass in Deutschland in den letzten Jahrzehnten eher zum Tag der Nelkenverteilung geworden. Ein Brauch, der erst mit der Frauenkampftag-Demo in Berlin nun wieder offensiv durch eine Politisierung ersetzt wird.
Von Julius Jamal 10. März 2018
Erstveröffentlichung am 8. März 2017 in Die Freiheitsliebe
Clara Zetkins Idee, einen Tag zu initiieren, an dem jedes Jahr für die Gleichheit der Geschlechter gekämpft werden sollte, fand Bestätigung durch die Zweite Internationale Sozialistische Frauenkonferenz. Diese fasste folgenden Beschluss: „Im Einvernehmen mit den klassenbewussten politischen und gewerkschaftlichen Organisationen des Proletariats in ihrem Lande veranstalten die sozialistischen Frauen aller Länder jedes Jahr einen Frauentag, der in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dient. […] Der Frauentag muss einen internationalen Charakter tragen und ist sorgfältig vorzubereiten.“
Clara Zetkin schrieb in der „Gleicheit“ zum Frauentag: „Wir müssen Sorge tragen, daß der Frauentag nicht nur eine glänzende Demonstration für die politische Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts, sondern darüber hinaus der Ausdruck einer Rebellion gegen den Kapitalismus, eine leidenschaftliche Kampfansage all den reaktionären Maßnahmen der besitzenden und ihrer willfähigen Dienerschaft, der Regierung ist.“ Diese Aussage Zetkins wurde allerdings nicht von allen Teilen der Partei, so forderte der reformistische Teil der Sozialdemokratie und die Gewerkschaftsführung eine ausschließliche Fokussierung auf politische Forderungen wie das Wahlrecht. Der Tag der ersten internationalen Frauenkampftagsdemonstration sollte dies unterstreichen, denn sie wurde auf den 18. März, den Gedenktag für die Gefallenen während der Märzrevolution 1848, gelegt. In den folgenden Jahren wechselte das Datum an dem die Demonstrationen stattfanden, bis sich Anfang der 1920er-Jahre die kommunistische Bewegung für den 8. März entschied. Die Festlegung auf das Datum sollte an die kämpfenden Frauen der russischen Revolution erinnern, denn am 8. März 1917 streikten in Sankt Petersburg die Arbeiter- und Soldatenfrauen sowie die Bäuerinnen und legten damit den Grundstein für die Februarrevolution – in Russland galt der julianische Kalender, nach welchem es erst der 23. Februar war.
Frauenkampftag heute
Auch, wenn eines der damals wichtigsten Ziele – das Wahlrecht für Frauen – heute schon beinahe 100 Jahre durchgesetzt ist, hat der Tag nicht an Bedeutung verloren. So sind viele Forderungen auch, wenn sie teilweise über 100 Jahre alt sind, noch immer nicht durchgesetzt – so zum Beispiel das Recht auf legale Abtreibungen. Ein Recht, dessen weltweite Durchsetzung zehntausenden Frauen, die jedes Jahr bei illegalen, unsicheren und aus der Not heraus teilweise selbst durchgeführten Abtreibungen sterben, das Leben retten könnte. Auch der Forderung nach gleicher Bezahlung für Frauen wurde bisher nicht Genüge getan: Nach wie vor liegt der Gender Pay Gap stellenweise bei 22 Prozent, was dazu führt, dass auch heute noch unzählige Frauen in Armut leben.
Die Umsetzung all dieser grundlegenden Forderungen ist nur dann möglich, wenn der Frauenkampftag kein auf Berlin und Köln beschränktes Ereignis bleibt. Wirklich schlimm wird es aber, wenn der Tag auf das Verteilen von Nelken reduziert wird, die man mit guten Wünschen, die am nächsten Tag vergessen werden, verbindet. Der Kampf um Gleichheit muss stetig, bundesweit und international stattfinden, sonst verkommen seine Botschaften zu hohlen Phrasen.
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