Der Ausschuss für Finanzfragen des Europäischen Parlaments hat die Einbeziehung des Stabilitätspakts in das europäische Recht abgelehnt. „Der Vertrag sollte nach dieser Abstimmung allmählich sterben“, sagte die Europaabgeordnete, Marisa Matias.
Rui Filipe Gutschmidt – 30. November 2018
Der Vorschlag zur Einbeziehung des Stabilitätspakts in das Unionsrecht wurde vom Wirtschaftsausschuss für und Finanzen des Europäischen Parlaments abgelehnt.
Die Europaabgeordnete Marisa Matias war mitverantwortlich für die Ablehnung des Dokuments, mit dem in der Praxis die Austeritätspolitik der EU eine legale Basis im europäischen Recht bekommen sollte. Doch “nicht mit uns”, meinte die Abgeordnete des Bloco Esquerda (Linker Block) aus Portugal in Einklang mit einer Mehrheit der Abgeordneten, die somit die “Legalisierung der Austeritätspolitik” verhindern konnten.
Marisa Matias begrüßte diesen “großen Sieg”, der Wolfgang Schäubles Traum von einem Billiglohn-Europa durch staatliche Zwangssparmaßnahmen endgültig beerdigen wird. Die Troika, die in Portugal durch eine von Spekulanten des Euro provozierte Zinssteigerung in unerträgliche Höhen auf den Plan gerufen wurde, zwang das Land im äußersten Westen Europas – wie zuvor schon Griechenland und Irland – extreme Sparmaßnahmen durchzuführen, um sich im Gegenzug weiterhin finanzieren zu können.
Marisa Matias weiß, was die Austerität in Portugal angerichtet hat
Dabei war es nicht das Sparen an sich, dass Menschen mit einem sozialen Gewissen und Gerechtigkeitssinn anwiderte, sondern die Einzelheiten der Austerität, die sich auf das Kürzen und Streichen von Sozialleistungen, Renten und Gehälter der Staatsbediensteten einerseits und auf die Erhöhung von Steuern und Abgaben beschränkte und dadurch vorwiegend die Armen und die untere Mittelschicht besonders hart traf. Menschen in den betroffenen Ländern sollten gezwungen werden prekäre Arbeitsbedingungen zu akzeptieren und die konservativ-neoliberale Regierung PSD/CDS war mit Schäubles “Gesundhungern” auf einer Linie.
Doch als es immer mehr Armut, Arbeitslosigkeit, Abwanderung von Facharbeitern einerseits und immer mehr Millionäre, immer mehr Reichtum bei den oberen 10.000 und ein immer stärkeres Auseinandergeklaffen der Schere zwischen Arm und Reich, beendeten die Wahlen 2015, die dadurch eine weitere Zerstörung von Wirtschaft, Gesellschaft und vor allem individueller Leben von Millionen Portugiesen und deren Familien vermeiden konnten. Eine Mittelinksregierung der PS (Partido Socialista) und ein parlamentarisches Bündnis aller Parteien zu deren Linken, ist seit nunmehr 3 Jahren erfolgreich an der Regierung und schafft den Spagat zwischen Haushaltskonsolidierung und Wiederherstellung der Renten und Gehälter.
Marisa Matias zufolge ist die jetzige Opposition derjenigen, die zuvor die Austerität unterstützt haben und die die Grenzen des Defizits wie einen “Heiligen Gral” ansahen und die Sanktionen bei Nichteinhaltung befürworteten, ein Beweis dafür, dass „die Ergebnisse für die Wirtschaft und die übermäßigen Einsparungen, die den europäischen Gesellschaften auferlegt wurden extrem negativ waren“.
Eine gute Nachricht also, die zeigt, wie das portugiesische Beispiel die EU zum Umdenken gebracht hat. Doch das ist noch lange kein Grund zum feiern, denn die Wirtschaftsbosse träumen nach wie vor von rechtlosen Arbeitssklaven aus Fleisch und Blut, die all die Dinge tun, für die Roboter und KIs (noch) nicht in Frage kommen.
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