Der Brain Drain aus den Entwicklungsländern in die Industriestaaten verschärft die Probleme in den Herkunftsländern, die Armutsmigration jedoch jene in den Zielländern. Migration ist per se weder positiv noch negativ
Marco Maier – 8. Dezember 2018
Es gibt unterschiedliche Gründe dafür, sein Heimatland zu verlassen und in der Fremde eine neue Heimat – oder einfach eine Existenzgrundlage – finden zu wollen. Seit Anbeginn der Menschheit gab es immer wieder Wanderungsbewegungen über die Kontinente hinweg. Zuerst in die „menschenleeren“ Gebiete außerhalb Afrikas (wo jedoch bereits Neanderthaler, Denisova-Menschen und andere ausgestorbene humanoide Spezies lebten), später dann eben auch in bereits bewohnte Gebiete. Die Flutung des amerikanischen Doppelkontinents mit zuerst Europäern und danach auch Afrikanern und Asiaten war die letzte der ganz großen Völkerwanderungen, die auch zur Vernichtung der heimischen Kulturen führte.
Heute erleben wir eine auf zweifache Art und Weise stattfindende Migration aus den Entwicklungs- und Schwellenländern in die Industriestaaten: Einerseits sind es viele Wirtschafts- und Armutsmigranten, dazu noch einige Kriegsflüchtlinge und teilweise auch Mitglieder der gebildeten Oberschichten, die von den Unternehmen angeworben werden und für gutes Geld arbeiten dürfen. Im Gegenzug haben wir auch eine Auswanderung aus Europa, Australien und Nordamerika in ärmere Länder. Hier auf den Philippinen beispielsweise leben vor allem Rentner und Pensionisten, die ihren Lebensabend bei angenehmem Klima unter Palmen und diese Zeit möglichst noch mit einer hübschen jungen Frau verbringen möchten. Für beide Seiten eine sogenannte „win-win-Situation“, da sie so quasi rundum finanziell versorgt ist und er sozusagen seine Pflegerin für die letzten Jahre bei sich hat.
Doch welche Auswirkungen hat diese Migration auf die einzelnen Länder? Die Armuts- und Wirtschaftsmigration beispielsweise lindert zwar nicht den starken Bevölkerungsdruck in den Entwicklungsländern, sorgt jedoch in den Zielländern für Probleme. Denn diese belasten die Sozialsysteme und vor allem der starke Überschuss an jungen Männern macht sich auch bei den sexuellen Übergriffen bemerkbar. Hinzu kommt, dass sie unter Druck stehen, möglichst viel Geld nach Hause zu schicken, was jedoch mit der Sozialhilfe nicht möglich ist, wodurch der Gang in die Kriminalität manchem nicht schwer fällt.
Der Versuch der entwickelten Länder vor allem gut ausgebildete Fachkräfte anzuwerben sorgt jedoch auch für Probleme – und zwar in den Herkunftsländern. Der sogenannte „Brain Drain“ führt dazu, dass diesen Staaten die gebildete obere Mittelschicht erodiert und die Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung immer schwieriger wird. Die Geldsendungen nach Hause sorgen zwar für das Überleben, doch der dadurch zunehmende Konsum reicht nicht aus, um den stark wachsenden Bevölkerungen genügend Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, was wiederum die Armuts- und Wirtschaftsmigration vorantreibt.
Ein Paradebeispiel für solch ein „vampirisches“ Verhalten sind die USA, in deren Technologiezentren Unmengen an Russen, Ukrainern, Indern und so weiter arbeiten, weil die US-Techkonzerne einfach enorme Gehälter anbieten können, die sie in ihren Heimatländern niemals erhalten würden. Ohne diese Zuwanderung von Fachkräften wäre das marode und teure US-Bildungssystem nicht in der Lage, den entsprechenden Bedarf zu decken. Die US-Dominanz im Tech-Bereich basiert auch auf dieser Art der „Ausbeutung“ ärmerer Länder, denen die eigenen Fachkräfte quasi weggenommen werden. Deutschland vollzieht dieses Spiel übrigens vor allem mit seinen ärmeren europäischen Nachbarn.
Im Grunde genommen ist es so, dass es zwar seit Anbeginn der Menschheit Migration gab und diese immer wieder zu größeren gesellschaftlichen Verwerfungen führte, doch das heißt nicht, dass man sich hier als Staat nicht auch Gedanken machen sollte. Klar, die Zuwanderung von Fachkräften mag zwar aus der kurzfristigen ökonomischen Perspektive heraus für das eigene Land positiv sein, doch der Schaden der damit in anderen Ländern angerichtet wird, dürfte sich dann wie ein Rattenschwanz durch die Zukunft ziehen. Denn so schafft man nur die Armuts- und Wirtschaftsmigranten von Morgen. Gleichzeitig können die Industriestaaten mit der Aufnahme von Armuts- und Wirtschaftsmigranten den Entwicklungsländern auch nicht helfen – durch das enorme Bevölkerungswachstum dort wächst die Bevölkerung schneller nach als die wohlhabenderen Staaten überhaupt an Aufnahmekapazität hätten.
Nicht zu vergessen der kulturelle Aspekt: Klar, ein Staat wie Deutschland könnte theoretisch innerhalb zweier Jahrzehnte auch 20 Millionen Menschen aus dem Nahen Osten und aus Afrika aufnehmen – aber binnen weniger Generationen hätte man dort genau dieselben Verhältnisse wie jene, die in den Herkunftsländern dieser Migranten herrschen. Nur weil sie nun in einem anderen Land leben, ändern sie ihre Kultur und gesellschaftlichen Normen nicht. Man kann (sinnbildlich gesprochen) keine Kuh in einen Pferdestall stecken und dann darauf hoffen, dass sie die Pferde imitiert und versucht genauso zu leben.
Antworten