In der vergangenen Nacht gab es einige Episoden der Gewalt gegen und von Polizisten, bei denen die Zusammenhänge noch unklar sind. Klar ist ein Video, auf dem Polizeigewalt gegen Afrikaner zu sehen ist, die klar unverhältnismäßig ist. Ein Protest gegen Rassismus in Lissabon im Polizeidienst begann friedlich, artete aber in Gewalt aus. Eine Spirale die das Innenministerium stoppen muss. Andere Länder haben ähnliche Probleme…
Rui Filipe Gutschmidt – 22. Januar 2019
Im Großraum Lissabon gibt es Wohnviertel, die den Favelas in Südamerika oder den Slums in Afrikas Großstädten stark ähneln. Die dort lebenden Afrikaner, die in der Zeit nach Kolonialkrieg und Bürgerkrieg aus Angola, Mosambik, Guinea Bissau, São Tomé und Principe oder den Kapverden kamen und deren Nachkommen, haben immer wieder mit übertriebener Polizeigewalt zu tun und fühlen sich auch deshalb – genau wie die Zigeuner (Ciganos) – als Opfer von Vorurteilen und Diskriminierung.
Die Polizei wurde am Montag zum einschlägig bekannten “Bairro da Jamaica” gerufen, um einen Zwist zwischen afrikanischen Familien zu schlichten. Was dann genau geschah ist nicht ganz klar, doch ein Video (siehe unten) zeigt, wie die Polizei einen Jungen Angolaner und dessen Eltern schlägt. Der Junge soll Steine auf die Polizisten geworfen haben, was aber nicht auf Video zu sehen ist. Man muss fair bleiben, denn es ist leider Alltag, dass die Polizei mit Steinen begrüßt wird, wenn sie zu diesem oder einem anderen Bairro gerufen werden. Das geschieht wiederum auch nicht ohne Grund, denn wer in diesen heruntergekommenen Sozialwohnungen leben muss, der kennt nur herabwürdigendes Verhalten und Gewalt seitens der “Ordnungshüter”.
Friedlicher Protest endet ebenfalls in Gewalt
Nach den Geschehnissen im Bairro da Jamaica machte das Video seine Runden in den sozialen Netzwerken und quer durch alle TV-Sender. Wie üblich machten sich jede Menge schlaue Kommentatoren daran, dieses weitere Beispiel für unangemessene Gewaltanwendung herunterzuspielen und wer, wie die Politiker des BE (Bloco Esquerda) das Wort “Rassismus” in den Mund nimmt, dem wird vorgeworfen zur “Gewalt aufzurufen” und “Hass zu schüren”. Wer die Satzung und die ideologische Grundlage des BE* kennt, der kann zu diesem Vorwurf nur den Kopf schütteln.
Aber es waren die Menschen aus dem Bairro da Jamaica selbst, die sich spontan zu einem Protestmarsch in Lissabons Innenstadt verabredeten. Die jungen Männer und Frauen wollten dem Innenminister vor seinem Ministerium klar sagen, dass die übertriebene Gewaltanwendung seitens der Polizei nur zu weiterem Misstrauen führt und dass sie nicht länger als Menschen zweiter Klasse behandelt werden wollen. Aber die Polizei behandelte die Demonstranten wie Schwerstkriminelle und jagte sie mit Gummiknüppel und Gummigeschossen die Avenida da Liberdade hinunter.
Die Vorwürfe sind immer die gleichen und die Polizei hat immer nur Ausreden parat, selbst dann, wenn ein Video klar zeigt wie mehrere Beamte auf eine am Boden liegende Person einschlagen: “Sie haben Steine geworfen”, “sie haben Widerstand geleistet” oder “wir wurden grundlos angegriffen”… Ein Demonstrant meinte, dass eingeschleuste Polizisten in Zivil die Krawalle gestartet hätten. Die 300 Demonstranten haben fast komplett auf jegliche Gewalt verzichtet und die Verhaftungen scheinen eher eine Art Alibifunktion für die Polizeigewalt zu sein. Aber die Nacht war noch nicht vorbei…
Eine Polizeiwache wurde tatsächlich angegriffen und die Beamten der Nachtschicht mussten Brände löschen, die von Molotow-Cocktails ausgelöst wurden. An anderer Stelle wurden Autos und Müllcontainer in Brand gesetzt. Ob diese Aktionen aber mit dem Jamaica-Vorfall zu tun haben ist schwer zu sagen.
So sehr die Polizeigewerkschaft es auch leugnen mag und so sehr die rechte Seite des Parlaments den Linken auch vorwirft den Rassismusvorwurf aus politischen Gründen aufzubauschen, so sehr muss auch klar sein, dass Portugals Polizei ein Problem hat. Die “Schwarzen Schafe” in Schutz zu nehmen, ist seit je her die Vorgehensweise der Behörden und die Opfer der übertriebenen Gewalt haben ein Recht auf … Gerechtigkeit.
Polizisten, die ihren Frust an Menschen auslassen und die sich nicht beherrschen können, müssen den Job wechseln. Mit exemplarischen Strafen für diejenigen, die ihren Eid – den Bürger zu schützen – brechen und ihren Kollegen damit einen schlechten Ruf anhängen, haben nichts im Polizeidienst zu suchen. Gewalt erzeugt Gegengewalt und von der Polizei darf man mehr erwarten. Psychologische Eignungstests müssen regelmäßig die Einsatzbereitschaft der Beamten prüfen und Charaktertests sollten ausschließen, dass Rassisten und Menschen mit anderen Vorurteilen (Homophobie, Frauenfeindlichkeit…) im Polizeidienst arbeiten. Ob dann noch genug Leute diese Arbeit machen wollen ist ein Problem, welches sich sicherlich auch lösen lässt.
* Als Parteimitglied des BE ist meine Meinung in Bezug auf diese Partei nicht neutral.
Es haben sich ueber Jahrzehnte Strukturen entwickelt die zum eigentlichen Problem vorallem der Bewohner dieser Viertel geworden sind.
Die PSP hat sich veraendert und ist nicht mehr vergleichbar mit der aus heutiger Sicht rassistischen und in weiten Teilen noch fachistischen diktaturverankerten Polizei der 70 und 80iger Jahre . Ohne Zweifel gibt es die beruehmten schwarzen Schafe in der PSP oder der GNR aber beide Organistationen bemuehen sich sehr um eine Imageverbesserungen , was nicht zuletzt auch der jetzt eingeleitete interne Untersuchungsausschuss bestaetigt .
Gewalt wird weniger in diese Viertel hineingetragen sondern entseht eher unter den Bewohnern, sie wird oft dort geobohren anerzogen und ausgelebt . Auch die Bewohner muessen erkennen dass sie immer noch in dieser jahrzehnte alten Gewaltspirale gefangen sind die nur auf Konfrontation anstatt Cooperation gebaut ist.