60.000 Griechen protestierten letzte Woche auf Athen’s Sintagma Platz gegen die Vereinbarung über die Änderung des Namens ihres nördlichen Nachbarn Mazedonien in “Republik Nordmazedonien”. Die Demonstranten stießen mit der Polizei zusammen, wobei es auch zu Verletzten kam. Man muss sich aber schon fragen, ob die griechischen Nationalegoisten keine anderen Probleme haben, als sich über die Namensgebung des Nachbarlandes zu mokieren. Doch es zeigt uns, wie sinnlos diese Ideologie ist.
Rui Filipe Gutschmidt – 28. Januar 2019
Es geht um ein Abkommen, das zwischen Griechenland und der ex-jugoslawischen Republik Mazedonien ausgehandelt wurde und mit dem der nördliche Nachbarstaat seinen Namen in „Republik Nordmazedonien ändern wird. Doch die 60.000, die in Athen demonstriert haben, sind der Meinung, dass der Name Mazedonien exklusiv der gleichnamigen Provinz im Nordosten Griechenlands zusteht.
Mazedonien ist für diese Menschen mehr wie der Name einer Provinz. Die Griechen sind stolz auf ihre Geschichte, die wir bis heute für ihre Philosophen, Wissenschaftler, Literatur, Mythen und ähnliches kennen. Die Erfinder der „Demokratie“, die wir auch als „Wiege der Zivilisation“ bezeichnen, sind aber besonders stolz auf einen Mazedonier. Mazedonien wurde groß, als die Stadtstaaten Athen, Sparta oder Theben bereits ihre Blütezeit hinter sich hatten.
Die Rede ist von Alexander dem Großen. Der König von Mazedonien gründete ein Weltreich. Von Ägypten bis Nordgriechenland und von der heutigen Türkei bis an die Ufer des Indus und hoch in den Hindukusch, erstreckten sich Alexanders Eroberungen. Doch aus heutiger Sicht war er eher ein Soziopath, Massenmörder, Despot, Tyrann, während er im geschichtlichen Kontext natürlich als Held, genialer Feldherr und großer Herrscher gilt.
Doch das ist noch lange kein Grund, um sich kleinlich darüber zu streiten, wem das kulturelle Erbe Alexanders, welches den Namen Mazedonien beinhaltet, jetzt zusteht. Das antike Mazedonien erstreckte sich sowohl über die griechische Region wie auch über der ehemalige Teilrepublik aus Ex-Jugoslawien, welche den Namen nach ihrer Unabhängigkeit natürlich beibehielt. Das war vor 27 Jahren, und seither hält der Streit an.
Da stellt sich mir die Frage, ob die Griechen keine wichtigeren Probleme haben. Schuldenberge, Eurokrise und die damit einhergehende Verarmung der Bevölkerung, Verlust der Selbstbestimmung und die Zerstörung des Sozialstaats, haben immer wieder Hunderttausende auf die Straße getrieben. Aber der Name des Nachbarlandes? Noch dazu jetzt, wo ein Abkommen geschlossen wurde, dem beide Regierungen zustimmten.
Es sind die Nationalisten, die gemeinsam mit den religiösen Gruppen diesen Protest organisiert haben, die ihre Prioritäten einfach nicht richtig einordnen können. Geschichte und kulturelles Erbe sind wichtig, kein Zweifel, aber sie sollten dazu dienen, das wir daraus etwas lernen und uns weiterentwickeln. Grenzen, Staaten, Imperien, Nationen, sind Konstrukte, die nur Machtbereiche gewisser Eliten abstecken. Nationalisten werden von dieser Machtelite dazu benutzt, um mehr Einfluss, Macht und Privilegien zu bekommen.
Um einfache Menschen dazu zu bringen, für diese Machtelite zu kämpfen, wird ein Mythos von einem höherem Ziel erschaffen. Ähnlich wie das Göttliche bei den Religionen, wird hier das „Vaterland“ oder die „Muttersprache“ zu einer Art übergeordneter Familie. Heldenverehrung, glorreiche Schlachten, völlige Verklärung von Eroberungen…. Der Namensstreit um die ehemals jugoslawische Teilrepublik Mazedonien ordnet sich genau hier ein. Es ist ein sinnloser Streit, eine Haarspalterei, ein Vorwand, um den Nationalismus zu stärken. Wer den Populisten folgt, den “Führern” der heutigen Welt, wer sich zum Werkzeug dieser, einzig nach Macht gierenden Menschen machen lässt, dem ist wohl wirklich nicht mehr zu helfen.
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