Wolfgang Honold denkt nach. Diesmal über das „Recht auf Tod“. Ein ganz undankbares Thema, weil es auf kein Verständnis stößt:
Wer mich näher kennt – und das ist kaum noch jemand – oder mich richtig kennt – und das ist keiner mehr – der wüsste, dass ich noch nie ein Freund von finsteren Gedanken war, bin und (hoffentlich auch) nie sein werde. Und nun Schluss mit Präambel, zur Sache:
Wolfgang Honold – 7. September 2019
In allen freiheitlich-demokratischen Verfassungen, in die ich als vielsprachiger Mensch zumindest schon mal „hineingeschnuppert“ habe, ist das Recht auf Leben verbürgt. Das „Recht auf Tod“ ist hingegen in keiner auch nur mit einem Sterbenswörtchen erwähnt. Warum eigentlich nicht? Das Recht, sich das Leben ohne fremde Hilfe zu nehmen, muss man wohl als „ungeschriebenes Gesetz“ betrachten, denn eine solche Tat ist gesetzlich nicht verboten.
Darf diese Frage überhaupt gestellt werden? Darüber gehen Meinungen wahnsinnig auseinander. Antworten darauf können sehr böswillig ausfallen.
Keiner weiss wirklich, was vor dem Tode war, und was nach diesem sein wird. Viele glauben es jedoch zu wissen, weil es ihnen ein „weiser mit höchsten Weihen versehener seelsorgender Mitmensch“ gesagt hat. Und vornehmlich aus „diesen Vielen“ lassen sich Leute als gesetzgeberische Volksvertreter in die Parlamente wählen, denn sie verspüren – nebst Selbstachtung und Wunsch, beachtet zu werden, auch ein Missionsbedürfnis. Und letzteres macht für meine Begriffe die Sache so schwierig. Diesen Leuten möchte ich folgende Fragen unterbreiten:
Woher nehmt ihr euch das Recht heraus, einem Mitmenschen, der aus Gründen, die euch nichts angehen sollten, sein Leben – und falls nicht anders möglich – mit Hilfe eines anderen Mitmenschen beenden will, per Gesetz – also diktatorisch – Vorschriften zu machen? Warum muss der Betreffende und sein „samaritanischer“ Helfer sich der „ethischen Diskussion um die Sterbehilfe“ ausgesetzt sehen?, die – wie ich irgendwann irgendwo gelesen habe – etwa so lautet:
„Die Sterbehilfe steht im Spannungsfeld zwischen
1° Gesetz und Selbstbestimmung,
2° staatlichem Anspruch und individuellen Persönlichkeitsrechten,
3° staatlichem Strafanspruch und Rechtfertigungsgründen wie Notstand oder Pflichtenkollision,
4° medizinischen Möglichkeiten und Menschenwürde und
5° Selbstbestimmung und religiösen Aspekten“
Zu 1°) Wozu Gesetz? Wenn Ihr ihm die Selbstbestimmung lasst – die ihm doch als freier Bürger zusteht – dann braucht es das doch nicht. Was könnte allein dadurch an Anwalts- und Gerichtskosten und Ärger und Verzweiflung und in vielen Fällen „Folter“ durch unerträgliche Schmerzen in „terminalen“ Krankheitszuständen entfallen, bzw. in Wegfall kommen?! Zu 2°) Ist im vorangegangenen „Zu 1°“ schon sinngemäß beantwortet. Zu 3°) Wenn – wie von mir gefordert – kein Strafgesetz vorliegt, wo soll dann „staatlicher Strafanspruch“ bestehen? Zu 4°) Wo seht ihr hier ein das Thema berührendes „Spannungsverhältnis“? Zu 5°) Wie kann bei einem freien Menschen – egal welchen Glaubens und besonders im Falle von Nicht-Glauben – „zwischen Selbstbestimmung und religiösen Aspekten“ ein Spannungsverhältnis Zustandekommen? Und vor allem, was haben sich Dritte darin einzumischen ?
Ich weiss nicht, was man mir darauf alles antworten wird. Aber eine auch für mich halbwegs hinnehmbare Antwort könnte lauten: Menschen sind „Herdenviecher“. Sie sind aufeinander angewiesen. Zubilligung von Rechten setzt Auferlegung von Pflichten voraus. Ergo, wenn einer z.B. seiner Familie den Unterhalt vorenthält, für eigene Zwecke Schulden macht, die seine Nachfahren tragen müssten, sollte er sich nicht ohne echt triftigen Grund frühzeitig vom Leben verabschieden dürfen. Da muss Pflichterfüllung Vorrang haben. Aber einer, der aufgrund seines erbärmlichen körperlichen und/oder seelischen Zustands hauptsächlich deswegen freiwillig aus dem Leben treten will, weil er z.B. seiner geliebten Familie keine unzumutbare Last sein will, darf man dem doch nicht – mit vermeintlich gutem Gewissen oder gar „im Namen einer Glaubenslehre“ – diesen Wunsch verweigern, bzw. seine verständnisvollen Helfer bestrafen. Was hat denn das noch mit Ethik und Moral zu tun?
Die Frage ist an alle Parlamentarier in Europa zu stellen, denn abgesehen von den Ländern Schweiz, Niederlande, Belgien – wo der „Staat“ diesbezüglich ein bisschen mehr Verständnis zeigt und Ideologien nicht mit hineinspielen – sieht die Sache immer noch ziemlich düster aus. Hier eine Darstellung, die ich bei Wikipedia herauskopiert habe:
Sterbehilfe in Europa:
blau• Aktive Sterbehilfe erlaubt
gelb• Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid) erlaubt
grün• Passive bzw. indirekte Sterbehilfe erlaubt
braun• Keine Form der Sterbehilfe legal / Jede Form der Sterbehilfe gesetzlich verboten
schwarz• Unklare Gesetzeslage
Wie es in einigen dieser Länder mit der Anerkennung und Befolgung einer PATIENTENVERFÜNG aussieht, ist eine Frage vor deren Antwort mir graut! In der Schweiz, wo ich seit 1967 bis anhin lebe – weiss ich – , dass man sich einigermaßen darauf verlassen kann. Diesbezüglich große Bedenken hätte ich in Deutschland und habe sie leider auch in Portugal, wo ich gedenke meinen Lebensabend zu verbringen. Denn da herrscht in vielen solcher Dinge eine „Unklare Gesetzeslage“, wie wir unter obiger Abbildung sehen.
Ich hoffe jedenfalls nicht, dass ich noch nach Texas weiterziehen muss, wenn mir hier keiner helfen darf. Denn dort bekomme ich „sehr aktive Sterbehilfe sogar gratis, d.h. auf Staatskosten“. Ich brauche dafür nur den Colt zu ziehen und jemanden über den Haufen schießen. Das Problem ist: Es wird einem kein Vollstreckungstermin genannt. Sie wollen einen einfach eine lange Zeit hinter Gittern im „Todestrakt“ schmoren lassen. Ich muss schon sagen: Geboren werden ist für einen selber auch nicht schön. Aber – nicht zu fassen – mit dem Sterben kann man weitaus mehr Probleme haben. UND DIESE SIND VON MENSCHEN GEMACHT! Es gäbe noch vieles mehr dazu zu sagen. Aber fast zuviel ist dazu ja schon aus unzähligen anderen Quellen gesagt worden. Und? Was hat’s gebracht? Also machen wir hier wieder mal Schluss für heute!
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