Die Jugend in der Türkei und der „Klima-Kampf“ der Jugend in Europa

Klima-Demo in Bochum. Bild: YeniHayat

Die schwedische Schülerin Greta Thunberg begann im August 2018 freitags den Schulunterricht zu boykottieren, um gegen die globale Erwärmung zu protestieren. Ihre Aktion wurde innerhalb kürzester Zeit zu einer europaweiten Protestaktion. In vielen europäischen Ländern, allen voran in Deutschland ließen Schüler freitags den Schulunterricht ausfallen, um sich den Aktionen anzuschließen und in den Stadtzentren zu demonstrieren. Ihr vorrangiges Ziel war, die Öffentlichkeit vor den Folgen der „globalen Erwärmung“ zu warnen, die die gesamte Menschheit bedrohen.

İhsan Çaralan – 4. Oktober 2019
zur Verfügung gestellt von
AmericanRebel

Die weltweiten Proteste am 20. September unter dem Motto „Aktionstag gegen die globale Erwärmung – Alle für das Klima“ stellten den bisherigen Höhepunkt von „Fridays for future“ dar.
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DIE UMWELTFRAGE GEHT IN UNSEREM LAND ÜBER DIE KLIMA-FRAGE HINAUS

Die Schülerproteste, die in Europa seit einem Jahr anhalten, haben in der Türkei leider kaum Anklang gefunden. Dabei durchlebt das Land eine Ära, der die Zerstörung der Natur ihren Stempel aufdrückt. Nicht nur, dass gegen die Erderwärmung keine Maßnahmen ergriffen werden – die Regierung und das Großkapital hinter ihr sowie internationale Konzerne plündern die Bodenschätze des Landes, ohne irgendwelche Umweltstandards einhalten zu müssen. Naturschutzgebiete wie die Region am Fluss Munzur oder der Ida- und Murat-Berg, die eine wichtige Rolle für Natur und Existenz der Region spielen und wie der Augapfel geschützt werden müssten, sind zu Spielwiesen von internationalen Konzernen geworden, denen die Genehmigung für Goldabbau mit hochgiftigem Cyankali erlaubt wurde. So haben sie nicht nur freie Hand für einen Raubbau an der Natur, sondern bekommen dafür auch noch staatliche Subventionen. Landwirtschaftsgebiete, Strände, Wälder, Flüsse, Grundwasserreservoire, Naturschutzgebiete u.v.m. werden den Konzernen auf dem Silbertablett serviert.
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DER KAMPF FÜR DIE UMWELT WIRD STÄRKER

Trotz dieser natur- und umweltfeindlichen Haltung des Staates und der Regierungen verbreitet sich der Kampf für die Umwelt in Form des „Bodenkampfes von Landwirten“ oder des „Kampfes um die Nahrungssicherheit“.

Der Kampf der Einwohner des Städtchens Bergama, den sie Anfang der 1990er Jahre gegen den kanadischen Konzern „Eurogold“ führten, hatte einen Wendepunkt im Kampf um den Naturschutz dargestellt. Seither nahmen die Bauern in vielen Landesteilen den Kampf für die Verteidigung der Umwelt auf und setzen sich dafür ein, dass ihre Felder für den Landwirtschaftsbetrieb bewahrt bleiben. Um ihre Felder zu schützen, leiten sie Widerstand gegen den Bau von Wasser- und Windkraftwerken oder gegen Steinbrüche.

Auch der Kampf gegen den Einsatz von Hybridsaatgut, gentechnisch veränderten Organismen, Gülle, Glyphosat, Pestiziden usw. wird immer stärker, um die Abhängigkeit in der Landwirtschaft und Viehzucht zurückzudrängen.

Denn das Umwelt-Problem ist viel mehr als die Luftverschmutzung oder das Schmelzen der Gletscher. Vielmehr sind sie Resultate und ohne den Kampf gegen deren Verursacher kann man die globale Erwärmung nicht nachhaltig bekämpfen.
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DIE UMWELT UND DER KAMPF DER JUGEND

Das Umwelt-Problem umfasst in der heutigen Zeit in unserem Land einerseits einen antiimperialistischen Aspekt, weil die „Klima-Frage“ und die Frage nach „Nahrungssicherheit“ ineinander übergehen. Andererseits entwickeln sie sich immer weiter zu einem Schritt im Kampf gegen den Kapitalismus. Dieser Kampf ist auch für die Jugend sehr wichtig, weil er zugleich immer mehr als einen Kriegsschauplatz im „Kampf für eine sichere Zukunft“ entpuppt.

Die „Fridays-for-future“-Bewegung der Schüler in Europa geht das Problem naturgemäß als eine „Frage des Klimas“ an. Je weiter dieser Kampf sich entwickelt und je mehr Gewerkschaften sich ihm anschließen, umso deutlicher wird auch der Aspekt des Problems zu sehen sein, der diesen Kampf mit dem Kampf gegen den Kapitalismus vereint.

Die Forderungen der Schüler in Europa stimmen mit den Forderungen der Umweltschützer und aller, die dem Umweltschutz eine immer größere Bedeutung beimessen, überein. Folglich sind sie auch die Forderungen der Jugend unseres Landes. Deshalb ist es nicht akzeptabel, dass die Schüler in der Türkei, aber auch andere Jugendliche, diesem wichtigen internationalen Kampf fernbleiben.
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DAMIT DIE UMWELT- UND JUGENDBEWEGUNG STÄRKER WERDEN

Es bleibt festzuhalten:
Bei fast allen Problemen steht die Jugend beim Kampf traditionell stets an vorderster Front. Es ist unumgänglich, dass sie ihre Zurückhaltung ablegt und sich auch diesem Kampf anschließt. Sie muss eine neue Debatte darüber starten, dass der „Kampf für den Naturschutz“ ein Teil des Kampfes für eine sichere Zukunft ist. Und sie muss den Kontakt zu den bereits laufenden Umweltkämpfen suchen. Andererseits dürfte es ihr angesichts der heutigen Kommunikationsmittel ein Leichtes sein, auch zur „Fridays-for-future“-Bewegung Kontakt aufzunehmen. Heute sind die Möglichkeiten größer denn je, hier gemeinsame Debatten mit Schülern und Studierenden in Europa zu führen, in Meinungsaustausch zu treten, Solidarität, ja gar gemeinsame Aktionen zu organisieren.

Hier ist nicht gemeint, dass die Jugend in der Türkei die europäischen Schüler-Proteste hier nachahmt. So ist z.B. immens wichtig, dass die Jugend den Zusammenhang zwischen ihrem Kampf und den laufenden Umweltkämpfen in der Türkei herstellt. Deshalb sollte sie nicht versuchen, eine Umwelt-Jugend-Bewegung aufzubauen, die allgemeine Forderungen formuliert. Vielmehr sollte sie mit den bestehenden lokalen Kämpfen zusammengehen. Lokale Initiativen in den Städten oder an einzelnen Schulen wird den bestehenden Kämpfen neues Leben einhauchen und ungeahnte Kräfte mobilisieren.
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Erstveröffentlichung in „NeuesLeben/YeniHayat“ vor ein paar Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
Bild und Bildunterschrift teilweise oder ganz hinzugefügt von der Redaktion AmericanRebel

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Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.

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