Häusliche Gewalt in Portugal – Wenn der Ehezwist zum Mord führt

Protest gegen Frauenmorde - Carol Crisosto Flickr.com CC BY-SA 2.0

Rui Filipe Gutschmidt – 23. November 2019

Die portugiesische Tageszeitung JN – Jornal de Noticias, hat heute (22. November 2019) die neuesten Statistiken in Sachen häusliche Gewalt in Portugal veröffentlicht. Die Zahlen stammen von der Frauenschutzorganisation UMAR und zeichnen ein erschreckendes Bild einer Gesellschaft, die sich nur langsam wandelt.

Eine der oben genannten Zahlen sind die durchschnittlich fünf Frauen die pro Monat Opfer extremer Gewalt werden, wobei drei dieser Frauen durch die Hand ihrerer Peiniger sterben. Die Zahlen wurden diesen Freitag 22. Nov 2019 von der Beobachtungsstelle für ermordete Frauen, eine Abteilung der UMAR (Union der Frauen für Alternativen and Antworten) bekannt gegeben. Laut der Agentur, die Statistiken aus in den Informationen die in Portugals Medien enthalten sind erstellt, wurden zwischen dem 1. Januar und dem 12. November dieses Jahres 28 Frauen im Zusammenhang mit familiären und intimen Beziehungen ermordet. Im gleichen Zeitraum wurden zwei weitere Frauen getötet (jedoch nicht im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt) und 27 Femizidversuche (Frauenmordversuche) wurden gezählt.

Diese nun veröffentlichten Zahlen (bei aller Sterilität der kalten Statistik sollte man die menschlichen Schicksale nicht vergessen, die hinter der Statistik stehen!), haben eine Liste erweitert, die seit 2004 bereits 531 ermordete Frauen und 618, Mordversuche umfasst. 21 Prozent der Opfer wurden von ihrem im Vorfeld verlassenen Lebensgefährten ermordet.

Die diesjährigen Daten zeigen, dass 53 Prozent der „ermordeten Frauen eine intime Beziehung zu ihrem Mörder hatten, während 21 Prozent bereits versucht hatten, diese Beziehung zu beenden (vorherige / vergangene Intimität durch de facto Trennung, Scheidung, …) „. Das heißt, 74 Prozent der Opfer hatten zu irgendeinem Zeitpunkt eine enge Beziehung zu ihrem Mörder.

Nach Angaben der Informationsstelle war die Mehrheit der ermordeten Frauen zwischen 36 und 50 Jahre alt (43 Prozent) und befand sich auf dem Arbeitsmarkt (50 Prozent). Auch die Täter sind meist Männer im Alter von 36-50 Jahren (32 Prozent) und erwerbstätig (57 Prozent).

Der Januar 2019 war mit sieben Todesfällen der blutigste Monat in einem Jahr, seit dem die UMAR diese Fälle aufzeichnet. Die Ausnahme ist vorerst dieser Monat (November 2019), bei dem es noch keinen Frauenmord gab. „Wir kommen daher zu dem Schluss, dass von der Gesamtzahl der Femizide, die vom OMA im Zeitraum vom 1. Januar bis 12. November 2019 registriert wurden, der monatliche Durchschnitt der Frauenmorde in intimen und familiären Beziehungen zwischen 2 und 3 Frauen liegt“, soweit die veröffentlichte Studie.

Portugals Gesellschaft ist seit der Nelkenrevolution 1974, dem Beitritt zur EU 1985 und seit den Umwandlungen der „Digitalen Revolution“ in einem gesellschaftlichem Wandlungsprozess. Das Land hinkte zur Zeit der Diktatur um mindestens 50 Jahre hinterher, hatte Gesetze bei denen Frauen nur Bürger zweiter Klasse waren und der Einfluss der Katholischen Kirche gab den Ehemännern das Recht über das Leben ihrer Frauen und Kinder zu bestimmen. Bis heute hält sich eine „Machomentalität“ bei der sich die Männer herausnehmen über das Leben ihrer Lebenspartnerin zu bestimmen.

Besonders in ländlichen Gebieten ist diese Steinzeitmentalität noch immer nicht verschwunden und Gewalt in der (Ehe)Partnerschaft ist noch immer an der Tagesordnung. Es wäre unfair bei Gewalttaten ausschließlich von der gegen Frauen gerichteten Gewalt zu reden. Auch Männer sind oftmals Opfer ihrer Frauen und auch hier gibt es Mordfälle und extreme Brutalität. Da diese oft versteckt ist und sich die männlichen Opfer auf Grund derselben Mentalität schämen (noch mehr als es bei den weiblichen Opfern sowieso schon der Fall ist), ist die Dunkelziffer in diesen Fällen sehr hoch. Statistiken gibt es dazu noch keine. Aber wir brauchen auch keine Statistik, sondern Taten! Die Gesellschaft muss klarer die Gewalt jeglicher Art verurteilen und Morde verhindern. Dazu muss es auch soziale Veränderungen geben, die jedem Menschen finanzielle Unabhängigkeit garantiert. Nur so kann eine Frau eine Partnerschaft beenden bevor es zu spät ist.

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1 Kommentar

  1. Hätte ich nicht gedacht! Gut jeder der verheiratet ist oder war, kennt das. Frauen betteln manchmal förmlich um Schläge. Das heißt noch lange nicht daß man dem nachkommen darf! Ein Mann ist oft einer Frau körperlich überlegen, und sollte bevor er zuschlägt sich mal genau über Frauen informieren. Die Zeiten von der Frau am Herd sind nun mal vorbei. Gottseidank! Auch wenn von Gleichberechtigung die Rede ist, gibt es einfach einen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Die Geschichte mit dem dritten Geschlecht lasse ich jetzt mal außen vor. Daran glaube ich nicht. Ich empfehle jedem Mann die Lektüre von Allan und Barbara Peace. Dort ist alles auf eine heitere Art und Weise beschrieben. Mal unter Männern, auch wir sollten uns ein Buch, ein gutes Bier nehmen und einfach mal etwas lesen. Garantiert werden euch dann die Frauen nicht mehr verstehen. Doch nicht ablenken lassen, uns sie einfach auffordern einen jetzt etwas in Ruhe zu lassen. Danach kann man das ja in Ruhe klären. Sie wird es dann verstehen und überrascht sein.

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