Rui Filipe Gutschmidt – 21. Mai 2020
Brasilien ist eines der Länder, die am schwersten von der COVID-19 Pandemie heimgesucht wird. Ein wesentlicher Grund hierfür ist der rechtspopulistische Präsident des Landes, Jair Bolsonaro. In seiner Ignoranz und Überheblichkeit redet er das Problem klein und fordert von den Gouverneuren, dass die Corona-Einschränkungen aufheben.
Gesundheitsminister Nelson Teich war nur 28 Tage im Amt und sein Rücktritt hängt mit dem laschen Umgang mit der Pandemie seitens Präsident Bolsonaro zusammen. Außerdem sprach sich Teich gegen den Einsatz eines Medikaments aus, dessen Nutzen nicht nachgewiesen ist. Seine kurze Amtszeit war vor einer dramatischen Entwicklung der Pandemie in Brasilien gezeichnet. Bisher wurden über 233.000 Fälle registriert von denen mehr als 15.000 als Todesopfer der Pandemie gelten. Doch es gilt als sicher, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt, da viele Menschen erst gar nicht auf COVID-19 getestet werden.
Der Ex-Minister hat sein Ministerium de facto nie richtig übernommen. Bei Pressekonferenzen hatte er oft keine Antwort auf spezifische Fragen der Journalisten. In Gesundheitsministerium war Nelson Teich von Staatssekretären aus dem militärischen Umfeld umgeben, die ihn wohl eher als eine Art Strohmann sahen. Als er von Journalisten zu einer Reihe von präsidentiellen Erlassen befragt wurde, von denen er nichts wusste und die ihm sichtbar peinlich – weil unsinnig – waren, hatte er wohl genug von dem Affentheater. Sein Rücktritt ist aber nur eine Fußnote in Brasiliens aktueller politischen, gesundheitlichen und sozialen Krise.
Die Statistik des Leidens
Als Teich sein Amt als Minister antrat, hatte Brasilien bereits eine beachtliche Anzahl von 2.141 Todesfällen, die durch die Covid-19 verursacht wurden. Am Tag seines Rücktritts beträgt die offizielle Zahl der Todesfälle aufgrund der Pandemie 13.993. Aber es ist nicht etwa so, dass Teich wegen der mangelnden Kontrolle, mit der sich die Pandemie ausbreitet, geht. Dies könnte niemals das Kriterium von Präsident Bolsonaro sein, der auf jeden Fall versucht, die Bemühungen der Gouverneure der Bundesstaaten zu boykottieren, um das Fortschreiten des neuen Coronavirus einzudämmen. Für diejenigen, die ihn beschuldigen, keinen Plan zur Bekämpfung der Krankheit zu haben, gibt Bolsonaro zwei Antworten: 1) Dass die Krankheit nur dann verschwindet, wenn 70% der Bevölkerung infiziert sind: „Was soll ich tun? Ich bin Messias, aber ich vollbringe keine Wunder.“ 2) Dass es notwendig ist, ein magisches Medikament, Chloroquin, zu verwenden. Es war genau dieser zweite Punkt, der Nelson Teich dazu brachte zurückzutreten. Als Onkologe und Berater privater Gesundheitseinrichtungen, sagte Teich, er habe nicht vor, seinen Lebenslauf wegen Chloroquin zu beflecken.
Jetzt, nachdem Nelson Teich aus dem Weg ist, soll das Medikament großflächig eingesetzt werden. Doch was soll das bringen? Bolsonaro sollte doch wissen, dass dieses Malariamedikament kein Wunderheilmittel ist. Dennoch kündigte der Populist ein Millionengeschäft mit Indien an, bei dem Brasilien große Mengen an den Nötigen Rohstoffen bekommt, um damit den Virus, die Malaria und andere Übel zu behandeln. Er preist Chloroquin an, wie ein Charlatan sein Wunderelixier.
Mittlerweile erlebte Brasilien den tödlichsten 24 Stunden seit Beginn der Pandemie mit 1.179 Todesopfern. In der gleichen Zeit gab es 17.408 Neuinfektionen. Überall im Land werden Friedhöfe erweitert, neue Gräber ausgehoben, massenhaft Beerdigungen im Schnellverfahren abgewickelt. Die Zahlen der Todesfälle und der mit dem neuen Coronavirus infizierten sind zwar extrem hoch, aber sie entsprechen nicht der Realität. Es sind MEHR als die offiziellen Zahlen, da viele einfach ungetestet verscharrt werden… Ja, verscharrt! Ohne einen Funken Respekt für die Verstorbenen und deren Angehörigen.
Dabei will Brasiliens Präsident dem Volk vorgaukeln, dass man mit Chloroquin ein Heilmittel hat. „Die Rechten nehmen Chloroquin, die Linken »Intubin«“, womit Jair Bolsonaro andeutet, dass die „Ungläubigen“ eben krank werden und intubiert werden müssen. In Wahrheit ist es aber nur ein Placebo, dass die Menschen beruhigen soll damit sie wieder zur Arbeit gehen. Die Mächtigen Großgrundbesitzer, Industriellen, Minenunternehmen, oder einfach gesagt, das Kapital, will Profit machen und dazu braucht es seine Arbeiter. Die Angst vor dem Virus schadet dem skrupellosen Großkapital und Brasiliens Sklaventreiber brauchen ihre Arbeiter. Wenn ein paar von denen sterben und vor alte Menschen in Gras beißen, dann juckt das die Großaktionäre reichlich wenig.
Damit aber nicht genug. Für Menschen mit Herzrhythmusstörungen kann Bolsonaros Wundermittel (auch von Donald Trump wärmstens empfohlen) tödlich sein. Die Nebenwirkungen des Medikaments, das ursprünglich gegen Malaria und einige Autoimmunerkrankungen angewendet wurde, beschränken sich nicht auf ein erhöhtes Herzinfarktrisiko, sondern können auch Leber- und Nierenprobleme, Nervenzellschäden (die zu Anfällen führen können) und niedrigem Blutzucker (Hypoglykämie), verursachen. Doch Brasiliens Präsident und seine Anhänger pfeifen auf diese Warnungen. Sie verbreiten lieber Verschwörungstheorien, wie „China hat den Virus absichtlich freigesetzt“ oder „Bill Gates will Milliarden mit Impfstoffen verdienen, die uns unfruchtbar machen und mit denen wir gechipt werden sollen“…
Brasiliens neuer Gesundheitsminister wird jedenfalls 10 Staatssekretäre vom Militär um sich haben. Damit ist er faktisch eine Marionette der an Einfluss und Machtfülle gewinnenden Generäle. Bolsonaro selbst hat auch Justiz im Nacken und der Vorwurf der Vetternwirtschaft wird zurecht gegen ihn erhoben. Doch dazu ein anderes mal mehr…
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