Diethard Möller – 22. Juli 2020, übernommen von Roter Morgen
„Unser Arbeitsminister arbeitet schon lange an einer Verordnung
…das sagte entschuldigend NRW-Ministerpräsident Laschet (CDU) zum Skandal bei der Großschlachterei Tönnies. Damit traf er ins Schwarze!
Denn die brutalen Methoden sowohl bei der Schlachtviehhaltung als auch der Massenhaltung der Arbeiter/innen in diesen Großschlachthöfen sind seit langem bekannt. Der Arbeitsminister von NRW, Laumann (CDU) hatte also sehr viel Zeit, um etwas zu unternehmen. Doch wie hat er sie genutzt?
Ja, wäre es um ein neues Polizeigesetz gegangen, mit dem die demokratischen Rechte weiter abgebaut werden? Da war die Landesregierung von NRW sehr schnell.
Aber hier ging es um Profite, um Großindustrielle. Da muss man lange „Nachdenken“, alles abwägen, prüfen, prüfen und nochmal prüfen. Da können schon mal ein paar Jahre ins Land gehen, ohne dass etwas geschieht. Dann läuft alles seinen „gewohnten Gang“: Tiere und Menschen werden gequält. Als Argument dient „billiges Fleisch“, dabei ist hoher Profit gemeint.
Es ist schon grotesk, dass NRW-Ministerpräsident Laschet als „Entschuldigung“ anführt, dass seine Regierung jahrelang nichts getan hat. Wir dachten, er als Ministerpräsident regiert. Oder wird er regiert? Vom Kapital!
Auch Laumann hatte als zuständiger Minister eine tolle Ausrede: Es nütze nichts, nur Gesetze zu verschärfen, man müsse auch deren Einhaltung überwachen.
Entlarvender geht es nicht! Ist er nicht der verantwortliche Minister? Warum hat er dann keine Überwachung organisiert?
Die Antwort ist einfach: Wie in allen Bundesländern wurde auch in NRW die Überwachung durch Gesundheitsämter, Finanzämter und andere Behörden für Großkonzerne so drastisch abgebaut, dass diese sich praktisch selbst kontrollieren. Laumann (CDU) führt also als „Entschuldigung“ eine Situation an, die er selbst herbeigeführt hat. Er nimmt sein Versagen und seine Untätigkeit als Ausrede.
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Vor dem Gesetz sind alle gleich?
Vor ein paar Wochen wurden vier Menschen, die auf einer Decke gemeinsam Picknick machten, zusammen zu tausend Euro Strafe verurteilt. Und was passiert bei Tönnies?
Erst einmal hat die NRW-Landesregierung getan, was sie am besten kann: Nichts! Man hat Tönnies zu Beginn des Skandals, als vor zwei Wochen die ersten Fälle von Infektionen bekannt wurden, ermahnt und erklärt, dass man die Auflagen einhalten muss. Obwohl Videos, die massenhaft im Internet kursieren, schon damals bewiesen, dass dort kein Mindestabstand eingehalten, keine Masken getragen wurden, die Kantine überquoll, gab es keine Strafe, sondern eine „freundschaftliche“ Ermahnung! Zudem hat NRW-Ministerpräsident Laschet (CDU) die Vertragsarbeiter beschuldigt, die Infektionen eingeschleppt zu haben. Niederträchtig! Die Opfern wurden zu Tätern gemacht. Und dann hat die Landesregierung gewartet, bis die Situation so eskalierte, dass über 1000 infiziert waren.
Jetzt schreit die NRW-Landesregierung „Haltet den Dieb!“. Sie klagen Tönnies der „mangelhaften Kooperation“ an. Das stimmt! Allerdings, was hat die Landesregierung getan? Wo hat sie ihre eigenen Gesetze und Verordnungen durchgesetzt und kontrolliert? Wo hat sie Strafen ausgesprochen, Konsequenzen gezogen?
Erst jetzt, wo Alarmstufe rot herrscht, macht man Anordnungen. Doch was geschieht mit den Vertragsarbeitern? Werden sie besser untergebracht, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren? Nein! Sie werden in ihren Massenunterkünften hinter Gittern eingesperrt. Ein besseres Bild für die unmenschlichen Lebensbedingungen dieser Menschen gibt es nicht. Und wenn Menschen Pech haben, dass sie ebenfalls in diesem Wohngebiet leben, dann werden sie einfach mit eingesperrt.
Das zeigt deutlich: Es geht nicht um eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen. Es soll ein Lockdown und damit eine Schmälerung der Profite vermieden werden. Das Problem wird auf Kosten der Geschädigten gelöst.
Ginge es ernsthaft um die Menschen, dann würde die NRW-Landesregierung auf Kosten von Tönnies:
- Die betroffenen Menschen in menschenwürdige Unterkünfte umsetzen, statt sie einzusperren.
- Den Vertragsarbeiter/innen ihr Einkommen garantieren und zahlen.
- Den Familien, die ihre Kinder wieder selbst betreuen müssen, vollen Lohnersatz leisten.
- Alle kleinen Selbständigen für Umsatzeinbußen durch die Maßnahmen entschädigen.
Doch das wird nach den Gesetzen dieser „Demokratie“ nicht gehen. Denn da ist das Eigentum des Kapitals heilig und darf nicht angetastet werden, während das Eigentum von Vertragsarbeiter/innen, Familien, kleinen Selbständigen ohne Probleme geschädigt werden darf.
Der Fall Tönnies macht wieder einmal klar, ein System, das auf dem Profitstreben basiert, ist unmenschlich. Der Kapitalismus muss beseitigt werden!
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Erstveröffentlichung am 21. Juni 2020 auf Arbeit-Zukunft. Veröffentlichung mit freundlicher genehmigung des Herausgebers. Bilder und Bilduntertexte wurden um Teil von der Redaktion Roter Morgen hinzugefügt.
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Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.
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