Rui Filipe Gutschmidt – 25. Januar 2021
In Portugal ist es im Moment nicht sonderlich gemütlich. Als wolle Mutter Natur dabei helfen den Lockdown durchzusetzen. Doch für die Wahl machte der Regen eine Pause, damit die Portugiesen ihren Präsidenten wählen konnten.
Portugal hat seinen Präsidenten in einer vollkommen untypischen Zeit wiedergewählt. Der Rechtspopulist Ventura ist der grosse Verlierer der Wahl, der aber trotzdem besorgniserregend viele Stimmen hatte.
Nach der ungewöhnlichen Kälte in den letzten Wochen zog ein Sturmtief über Portugal und brachte die Wahlkampagne ganz ins stoppen. Schon der Lockdown hatte diese Wahlen völlig ad absurdum geführt. In diesem Kontext muss man die Resultate und die Kommentare der Kandidaten und Parteien betrachten.
https://www.presidenciais2021.mai.gov.pt/resultados/globais
Der alte ist auch der neue Präsident. Marcelo Rebelo de Sousa (PSD), hat gleich im ersten Wahlgang mit 60,70 Prozent gewonnen. Dies war nicht überraschend, da Portugals Präsident im Laufe seiner Amtszeit stets darauf bedacht war einen Ausgleich zu schaffen und sich somit nie wirklich unbeliebt gemacht hat. Seine Partei, die PSD Mitte-Rechts, die konservative CDS und Teile der regierenden PS haben ihn unterstützt und seine Beliebtheit tat ein übriges, was letztendlich niemanden überrascht hat.
Die Wahl hatte andere Interessensfaktoren. Die Herausforderer wollten vor allem ihre Botschaft, ihr Projekt und ihre Alternativen vermitteln. Dies galt insbesondere für den Rechtspopulisten André Ventura, dessen Hassbotschaft sich nicht nur gegen Minderheiten richtet, sondern auch gegen alle Linken. Doch außer den Sprüchen von „wir sind gegen dieses System, weil es korrupt ist“, oder „Zigeuner und Afrikaner leben auf Kosten unserer Steuergelder, sind zu faul zum arbeiten und sind kriminelle“ und auch „die Migranten nehmen uns unsere Jobs weg“ oder natürlich „die Muslime wollen uns bekehren“, hat Portugals Version eines Jaír Bolsonaro, Orban, oder Trump keine konstruktiven Vorschläge.
Das hat aber dennoch gereicht, um fast eine halbe Million Stimmen – 11,9 Prozent (dritter Platz) – zu bekommen. Wie auch andere Populisten überall auf der Welt hat Ventura den Unmut der Menschen für sich nutzen können. Er polarisiert und sagt, was viele denken, aber bisher nicht aussprachen weil sie im Grunde wissen das es falsch ist. Aber es ist so schön einfach, wenn „die Zigeuner“ sagen kann, obwohl man weiss, dass viele die traditionelle Lebensweise inzwischen aufgegeben haben oder es versuchen. Denn Leute wie Ventura verhindern mit den Verallgemeinerungen eine Integration. Es ist schwer für „Ciganos“ eine Arbeit zu finden.
Doch leider bekommt Ventura auch noch Schützenhilfe vom Vorsitzenden der PSD, Rui Rio. Dieser äußerte sich zu Venturas Erfolgen im traditionell linken Alentejo mit einem fast schon euphorischen, „in den Hochburgen der Kommunisten und sonst immer links wählenden Distrikte im Alentejo und Setúbal wurden die Kandidaten der Linken von Andre Ventura geschlagen“. Die Linksextremen seien, so Rio, die grossen Verlierer dieser Wahl. Doch es ist ein Fehler die Rechtsextremen zu legitimieren, deren erklärtes Ziel es ist die Demokratie zu beseitigen.
Links muss aus der Niederlage lernen.
Ana Gomes, ist Mitglied der Regierungspartei PS, die aber die ehemalige Europaabgeordnete und extrem streitbare Frau nicht offiziell unterstützt hat. Dennoch kam Ana Gomes auf den zweiten Platz mit 541.000 Stimmen – 12,97 Prozent. Der zweite Platz war ein erklärtes Ziel ihrer Kandidatur, da Marcelos Sieg so gut wie sicher war. Dabei hätte ein zweiter Wahlgang aber auch nichts am Endresultat geändert, da die Wähler der rechtsextremen und Neoliberalen Parteien niemals einer linken Kandidatin ihre Stimme gegeben hätten.
Auch der Kandidat der Kommunisten und Grünen (PCP/PEV), João Ferreira, kann nicht mit seinem Resultat, Platz 4 mit 4,32 Prozent, zufrieden sein.
Noch schlechter lief die Wahl für Marisa Matias vom Linken Block (BE). Mit nur 3,95 Prozent hat sie viel schlechter abgeschnitten, als erhofft und erwartet.
Tiago Mayan von der Liberalen Initiative (IL) erreichte 3,22 Prozent, was er und seine neu gegründete Partei als sehr positiv werten. Die IL gibt sich als „moderates Mitte-Rechts Projekt“ aus, doch in Wahrheit sind sind sie Extremisten. Der von der IL angestrebte Weg ist ein Raubtierkapitalismus ohne Regeln. Ein Hardcoreliberalismus, bei dem allein die Macht des Geldes zählt. Auch wenn wir schon in einem neoliberalen System leben, so haben wir zumindest noch ein paar Grenzen und einen regulierenden Staat. IL will fast keinen Staat, keine Steuern, keinen Arbeitnehmerschutz. Das ist Extremismus.
Bleibt Vitorino Silva, der „Mann aus dem Volk“, der mit 2,94 Prozent ein beachtliches Ergebnis hatte. Seine Kandidatur zeigt, dass jeder kandidieren kann.
Fazit? Im Westen nichts Neues. Das „Populismusphänomen“ ist auch in Portugal angekommen, wobei es bei weitem nicht das Ausmaß erreicht wie in manchen anderen Ländern. Wie Portugal damit umgeht müssen wir sehen, wobei manche Politiker wohl noch nicht begriffen haben worum es hierbei geht.
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