TAP-Kürzungen – In den Fußstapfen der Lufthansa

Rui Filipe Gutschmidt – 15. Februar 2021

Rui Filipe Gutschmidt
Die Portugiesische Fluggesellschaft TAP bekommt Hilfe vom Staat und muss sich einer Restrukturierung unterziehen. Dabei gehen Unternehmen, Arbeitnehmer, Gewerkschaften und Portugals Regierung, den gleichen Weg wie die Lufthansa. Die Pandemie hat die Luftfahrt auf der ganzen Welt fast völlig zum erliegen gebracht. Das ein Sparprogramm und eine Verkleinerung der Luftfahrtunternehmen notwendig ist versteht jeder. Doch nutzen die Arbeitgeber die prekäre Lage aus oder können die Gewerkschaften das verhindern?
Portugals Wirtschaft ist stark vom Tourismus abhängig und auch die vielen Portugiesen, die in aller Welt arbeiten, bringen Geld ins Land. Die TAP ist daher ein sehr wichtiger Bestandteil im Leben der Portugiesen und von strategischer Bedeutung für die Wirtschaft des Landes.
Das Jubiläum von TAP Portugal im März fällt anders aus auch als gedacht. Keine Party und keine Knaller – vorerst gibt es nur einen kleinen, aufgeklebten Hinweis auf einem Flugzeug. Bild YouTube /Ausschnitt)

Die Lufthansa andererseits hat das Statut vom „Aushängeschild Deutschlands“ längst verloren und die Unternehmensführung steht schon lange auf Kriegsfuß mit den eigenen Mitarbeitern. Das gilt aber leider für fast alle großen Unternehmen in unserem neoliberalen Gesellschaftssystem.
Das dies kein Einzelfall ist, zeigt die Entwicklung bei der Lufthansa. Dort hat der geschäftsführende Vorstand schon vor einem Monat einen massiven Stellenabbau und Lohnkürzungen angekündigt. Die Politik in Deutschland lässt die Bosse schon aus Prinzip alles machen, was in Portugal, auf Grund der staatlichen Aktienmehrheit, nicht möglich sein sollte. Doch leider ist das Resultat verblüffend gleich.
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Job-Kahlschlag bei TAP und Lufthansa – trotz Milliarden-Kredit
Wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie lässt die Lufthansa viele Jets am Boden und baut massiv Jobs ab: Bereits bis zum Jahresende werden 29.000 Stellen weggefallen sein. Doch das ist bei weitem nicht alles.
Einen entsprechenden Bericht der „Bild am Sonntag“ bestätigte eine Unternehmenssprecherin am Sonntag. Übrig bleiben demnach noch 109.000 Mitarbeiter. Im Ausland werden mehr als 20.000 Jobs gestrichen. Zudem hat die Airline das Europageschäft der Catering-Tochter LSG mit 7500 Mitarbeitern verkauft. Im nächsten Jahr sollen in Deutschland weitere 10.000 Stellen abgebaut werden.
Wie andere Fluggesellschaften auch ist der Lufthansa-Konzern in der Corona-Krise wegen des stark reduzierten Flugangebots geschäftlich abgestürzt. Nach drei Quartalen hat das vom Staat gerettete Unternehmen im laufenden Jahr bereits einen Verlust von 5,6 Milliarden Euro ausgewiesen.
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Wer bei Lufthansa bleibt, soll auf Gehalt verzichten – andere werden gekündigt
Die Lufthansa musste vom Staat vor der Pleite gerettet werden und hat zu viel Personal an Bord für eine langfristig verringerte Nachfrage. Die Stellenzahl soll auf knapp 100.000 sinken, bevorzugt über Teilzeit und freiwillige Abgänge, aber auch über betriebsbedingte Kündigungen. Zudem müssen Beschäftigte Sparbeiträge leisten und etwa auf Teile ihres Einkommens verzichten.
TAP macht auf Lufthansa und kürzt Löhne, entlässt Mitarbeiter/innen. Symbolbild, Bild: YouTube (Ausscnitt)

TAP folgt dem »Lufthansa Model«
TAP-Mitarbeiter können seit diesem Donnerstag freiwillige Urlaubsprogramme beantragen. Der Prozess läuft bis zum 14. März und wird voraussichtlich bis zum 31. März abgeschlossen sein. Folgende Angebote stehen den Beschäftigten der Fluggesellschaft zur Verfügung:

  1. Einvernehmliche Kündigung
  2. Vorruhestand
  3. Frührente
  4. Teilzeitarbeit
  5. Unbezahlter Urlaub

Jeder Mitarbeiter fand in seinem persönlichen Bereich des Mitarbeiterportals im Intranet die Zugangsberechtigung und die Bedingungen für die Maßnahmen, für die er „berechtigt“ ist, sowie einen Simulator. Die endgültigen Zahlen sind noch nicht beschlossen und hängen beispielsweise von der Einhaltung der Teilzeitbeschäftigung ab, damit beurteilt werden kann, wie hoch die Lohnkürzung ist. Die Entlassungen – entweder im gegenseitigen Einvernehmen oder auf Initiative des Unternehmens – werden voraussichtlich 800 Mitarbeiter betreffen.
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ABER… Mit welcher Moral stopft sich der Vorstand die Staatshilfe in die eigenen Taschen?

CEO Ramiro Sequeira und Vorsitzender Miguel Frasquilho sagten in einer internen Mitteilung, dass gemäß der „Analyse des Grads der Einhaltung freiwilliger Maßnahmen“ „andere Maßnahmen umgesetzt werden könnten, die zur Anpassung einer mit dem aktuellen und prognostizierten Betriebs- und Umsatzniveau kompatiblen Arbeitskostenstruktur erforderlich sind“. Die interne Mitteilung erfolgte, nachdem der Verwaltungsrat alle mit den Gewerkschaften geschlossenen Notfallvereinbarungen genehmigt hatte.
Die Notfallvereinbarungen definieren das Arbeitsverhältnis nach der Aussetzung von Unternehmensvereinbarungen, die darauf zurückzuführen sind, dass die TAP ein Unternehmen „in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation“ ist. Diese müssen noch von den Gewerkschaften der Piloten und Besatzungsmitglieder ratifiziert werden. Wenn dies nicht von den Gewerkschaftsmitgliedern angenommen wird, droht das Unternehmen mit dem „Ersatzregime“ weiches zu sofortigeren Entlassungen führen würde. Dies sind vorerst die Voraussetzungen für „freiwillige Maßnahmen“:

Kündigungen im gegenseitigen Einvernehmen mit 25% Bonus und 2,5 Gehältern
   Die Kündigung im gegenseitigen Einvernehmen wird gemäß den geltenden Rechtsvorschriften mit einer Erhöhung um 25% und einem zusätzlichen Bonus von 2,5 Gehältern berechnet. Das Limit beträgt maximal 250.000 Euro für Piloten, kann jedoch für andere Berufsgruppen innerhalb des Unternehmens unterschiedlich sein. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass jeder Arbeitnehmer mehr erhält.
   Wenn der Wert der Abfindung mehr als 50.000 Euro beträgt, wird sie in Raten über drei Jahre gezahlt: 40% werden zum Zeitpunkt der Kündigung gezahlt, 30% im Jahr 2022 und 30% im Jahr 2023 und die Beträge im nächsten Jahr zwei ein 5% Bonus wird hinzugefügt. Zusätzlich zu dieser Erhöhung werden auch technische Gebühren gezahlt.
Vorruhestand ab 62 Jahren
   Ältere Arbeitnehmer haben auch die Möglichkeit einer Frührente oder einer vorzeitigen Pensionierung. Im ersten Fall sind Personen in einem Alter ab 62 Jahren (bis inkl. 2021 auszufüllen) und 40 Jahre Beiträge berechtigt. Die zweite Gruppe kann Arbeitnehmer im Alter von 61 Jahren umfassen.
Der große Unterschied besteht darin, dass Frührenten eine zusätzliche Belastung für die Sozialversicherung darstellen – und daher mit dieser Einrichtung ausgehandelt werden müssen -, während bei Vorruhestandsregelungen das Unternehmen die Kosten trägt. Die Gewerkschaften sagen, dass mehr als 500 Arbeiter, der Lage wären, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Die TAP geht jedoch von weniger als der Hälfte aus.
Unbezahlter Urlaub von mindestens zwei Jahren
   Es gibt Optionen, die nicht den endgültigen Ausstieg implizieren. Dies ist der Fall bei unbezahltem Urlaub mit einer Mindestdauer von zwei Jahren, wobei die Frist auf Initiative des Unternehmens verkürzt werden kann. Wer sich für diese Option entscheidet, erhält kein Gehalt mehr, behält jedoch zwei Jahre lang zwei Leistungen bei: die Krankenversicherung für den Zeitraum gemäß den in TAP geltenden Bedingungen sowie die Durchgangseinrichtungen.
Teilzeitarbeit, doch nur für einzelne
   Dies gilt auch für Teilzeit. Arbeitnehmer können ein System zur Reduzierung der Arbeitsstunden und der entsprechenden Vergütung beantragen. Diese Möglichkeit ist bereits für Bodenpersonal möglich, nicht jedoch für Besatzung und Piloten. Der Grund für die Differenzierung liegt darin, dass die Gewerkschaften, die diese beiden Berufsgruppen vertreten, die Notfallvereinbarungen noch nicht ratifiziert haben.

Die Kommunistische Partei Portugals – PCP sagt, Vereinbarung sei Repression gegen TAP-Mitarbeiter
Mehr als die Hälfte der Gewerkschaften, die die Arbeitnehmer des Unternehmens vertreten, haben das Notfallabkommen unterzeichnet.
„Die Unterzeichnergewerkschaften, die die sehr ernste Krise anerkennen, in der sich das Unternehmen befindet, akzeptieren freiwillig die vorübergehende Änderung der Arbeitsbedingungen, und zwar durch die teilweise Aussetzung und Änderung des Tarifvertrags, um ausschließlich die durch Covid-19 verursachten Einschränkungen zu bewältigen.“
Im Vergleich zu dem ursprünglichen Vorschlag des Managements von TAP und der Regierung wurde die Anzahl der suspendierten Klauseln ein gutes Stück weit reduziert. Die Arbeitnehmer behalten eine Kranken- und Lebensversicherung, normale Arbeitszeiten, 26 Arbeitstage Urlaub oder die Zahlung des täglichen Essensgeldes oder der Kantine. Die Artikel zum Schutz vor längerer Krankheit werden ebenfalls beibehalten.
Doch machen wir uns nichts vor. Es ist ein schwerer Schlag gegen die Arbeiter der TAP, die unermüdlich für das Unternehmen ihr bestes geben, nur um bei jeder Krise zum „Kostenfaktor“ in einer Excel-Tabelle degradiert zu werden. Wie im letzten Beitrag zur TAP schon erwähnt, ist es unverschämt, sich im Vorfeld einer solchen Kürzung auch noch selbst zu bedienen. Wenn man diese Leute, die eine sogenannte „Führungsposition“ einnehmen, nicht an die Leine legt, dann wird sich niemand mehr an Regeln halten.
Doch das ist nicht alles. Der portugiesische Staat steckt mindestens 500 Millionen Euro in das Unternehmen und die EU folt die „Bazuca“ raus und pumpt Milliarden in die Wirtschaft. Aber die Wirtschaft, wie Premierminister Costa eigentlich bestens weiß, funktioniert nur wenn die Menschen Geld haben. Wer soll denn noch fliegen? Wer soll Tickets kaufen? Wer soll konsumieren, wenn Löhne und Gehälter nicht einmal zum nötigsten reichen? Nach der Kriese der Troika wurde das beherzigt. Kürzungen und Entlassungen funktionieren nie. Sie verschlimmern nur die Wirtschaftslage eines Landes, der EU, der Welt. Es reicht. Kein CEO braucht 25.000 € im Monat, wenn er seinen Angestellten die Löhne auf weniger als 5 oder 10 Prozent senkt. Wir brauchen den Staat zum Schutz aller, besonders der schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft, nicht nur für eine Führungselite Superreicher und deren Helfershelfer.

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