Volkskorrespondent Franz Pöschel – 27. Mai 2022
Am gestrigen Donnerstag, dem Himmelfahrtstag, machten sich mehrere „Freiheit für Julian Assange-Gruppen“ aus NRW auf den Weg zur diesjährigen Karls-Preis-Verleihung nach Aachen. Den Karls-Preis bekamen in diesem Jahr drei „Bürgerrechtlerinnen“ aus Weißrussland für ihren Einsatz für westliche, europäische Werte.
Mit unserer Anwesenheit beim »Anti-Karlspreis-Protest«, der sich gegen die beteiligung der BRD am Krieg um die Ukraine bildete, wollten wir zeigen, dass so eine Veranstaltung nichts als Heuchelei ist, wenn gleichzeitig einem mutigen Journalisten wie Julian Assange durch Auslieferung 175 Jahre Isolationshaft droht und die Außenministerin Anna-Lena Baerbock, die Hauptrednerin auf dieser Veranstaltung ist. Sie die seit ihrem Amtsantritt beharrlich über das Unrecht, das an Assange verübt wird, schweigt.
Als die Gruppen aus Köln, Düsseldorf und Mönchengladbach ankamen, sahen wir schon Polizisten mit Maschinen-Pistolen am Hauptbahnhof umherlaufen. Als wir dann am Rathausplatz ankamen, war sofort ein massives Polizeiaufgebot zur Stellen und erklärte, dass alles was mit Assange zu tun habe (Transparente, Plakat-Tafeln, Parolen etc.) auf diesem Platz verboten sei. Eine Mitstreiterin musste sogar ihr T-Shirt mit „Free Julian Assange“ ausziehen. Wir wurden dann des Platzes verwiesen und gingen zur Assange-Kundgebung der Aachener Solidaritätsgruppe auf den „Hof“.
Dort traf ich den alten Genossen Paul, der als einziger ein buntes Porträt der Al Jazeera Journalistin Shirin Abu Akleh hochhielt, die vor Kurzem in Jenin, Palästina von der israelischen Polizei während ihrer Kamera-Aufnahmen erschossen wurde. Dafür erhielt er viel Lob von Passanten.
Als die Veranstaltung eine Pause machte, starteten wir einen neuen Versuch, zum Rathausplatz zu kommen. Sofort stellte sich wieder eine Polizeikette in den Weg. Wir sagten, dass doch der Karls-Preis für „Meinungs- und Pressefreiheit“ verliehen werde. Paul sagte, dass er ein Einzeldemonstrant sei, und verlangte eine höhere Ebene der Polizei.
Die höhere Polizistin kam tatsächlich und sagte, dass das Palästina-Bild erlaubt sein, Assange-Aktivitäten aber nach wie vor verboten seien.
Wir ließen alles mit Assange verschwinden und gingen auf den Platz. Dort holten wir wieder einige Assange-Poster heraus. So sieht es heute mit den „westlichen demokratischen Werten“ aus! Ein Lehrstück für die rund 1500 Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Proteste.
Anhang:
Ein Zweifelhafter Preis für zweifelhafte Persönlichkeiten
Der internationale Karlspreis wird jedes Jahr Menschen oder Institutionen verliehen, die sich “um Europa und die europäische Einigung verdient gemacht haben“ – so die offizielle Begründung. In Wirklichkeit wird der Preis jedes Jahr an diejenigen vergeben, die sich dem europäischen Kapital verdient gemacht haben.
Bereits die Tatsache, dass der Preis nach Karl dem Großen benannt ist, dessen Politik der europäischen Einigung aus blutigen Eroberungen und Verfolgung von Andersgläubigen bestand, spricht für sich. In diese Tradition, nämlich die der Politik für Reiche und Mächtige, reihen sich die EmpfängerInnen dieser Auszeichnung ein: Kriegstreiber wie US-Präsident Bill Clinton oder Ex-US-Außenminister und Vietnam-Kriegsverbrecher Henry Kissinger, Ex-NATO-Generalsekretär Javier Solana, Helmut Kohl oder in den letzten Jahren Angela Merkel und Wolfgang Schäuble, die durch das Vorantreiben der europäischen Austerität für die Verarmung und soziale Katastrophe in Südeuropa mitverantwortlich sind, und der ukrainische Ministerpräsident Arsenji Jazenjuk, der eine Koalition mit Faschisten angeführt hat. Letzterer war zwar nicht Preisträger, aber durfte 2014 – auf dem Höhepunkt des blutigen Bürgerkriegs in der Ukraine – dort eine Laudatio auf den Preisträger halten.
In der Entscheidung für besonders reaktionäre, neoliberale und militaristische Preisträger zeigt das Karlpreiskuratorium Jahr für Jahr seine politische Agenda. So wurden Clinton und Blair erklärtermaßen für ihr „Engagement“ im Kosovo-Krieg ausgezeichnet. Auch in Deutschland weniger bekannte Politiker stehen für eine klare, gegen die Interessen der Mehrheitsbevölkerung gerichtete Politik: So trägt Dalia Grybauskaite, die Preisträgerin von 2013, den Spitznamen „litauische Maggie Thatcher“. Der Preisträger Macron bekommt die Auszeichnung gerade in einer Zeit, in der er in Syrien aktiv Krieg führt und in der sich die Massen in Frankreich mit politischen Streiks und Massenprotesten gegen seine Politik wehren. Alleine das ist eine politische Kampfansage und ein Ausdruck von Überheblichkeit der Herrschenden.
Quelle: Marcus Hesse, Aachen
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