Volkskorrespondenz zum Wochenede
Heinz Ahlreip – 14. Mai 2022
Der gegenwärtige Krieg um die Ukraine ist ein gesellschaftlich objektiver Vollzug, er darf nicht auf den bösen Willen einzelner Kapitalmagnaten in den USA oder auf den bösen Willen einzelner Oligarchen in Russland oder in der Ukraine zurückgeführt werden. Auch dieser Krieg offenbart wieder einmal die Hilflosigkeit der bürgerlichen Medienlandschaft, die Namen von Politikerinnen und von Politikern in die Luft wirbelt, als ob große Frauen und große Männer Geschichte machen. Schuld daran ist die ganze Entwicklung des Kapitalismus im letzten halben Jahrhundert.
Hier liegt ein Schlüssel vor uns, den die bürgerlichen, aber auch viele proletarische Wissenschaftler so ungeschickt handhaben. Mit Hilfe der dialektisch-materialistischen Methode können die Wechselbeziehungen konkreter Sachverhalte untereinander widergespiegelt werden. Dabei wird eine spezifische Thematik in Beziehung zu einer immer wiederkehrenden Grundlage gesetzt. Eine in sich zusammenhängende, auf sich selbst einwirkende Totalität von Beziehungen hebt sich ab, von der uns die bürgerlichen Medien mit ihrem positivistisch-additiven Ansatz immer nur einen Flickenteppich präsentieren kann oder will.
Diese Metaphysiker mögen Triebkräfte gesellschaftlicher Erscheinungen durchaus eruieren, nicht aber die “Triebkräfte dieser Triebkräfte“, von denen Engels, Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie spricht1. Unvertraut mit den Wechselbeziehungen zwischen ökonomischer Basis und den mitunter dschungelartig bunt schillernden Überbauerscheinungen bewegen sie sich unter dem immanenten Bann des bloß Politischen, und der Leser taumelt da ebenfalls nicht mit der Basis-Überbau-Thematik vertraut, meistens von einer Fehlerquelle in die andere.
Die Berichterstattung über den Ukrainekonflikt hat nichts mit einer objektiv-fairen wissenschaftlichen Berichterstattung zu tun, es liegen vielmehr Flickenteppiche mit erheblichen Webfehlern und Fehlerquellen über Fehlerquellen vor. Kein Wunder, dass das deutsche Volk über diesen Krieg mehr verwirrt als aufgeklärt ist. Hinzu kommt, dass die berichterstattende Journaille keinen Begriff vom ökonomischen Wesensgehalt des Imperialismus hat.
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Jeder Krieg dient der politischen Ordnung, der er entspringt
Lenin fragt zum Beispiel nach dem Zusammenhang des Krieges mit dem Kampf der Klassen im Inneren eines Landes und schließt nicht aus, dass sich aus dem inneren Klassenkampf revolutionäre Kriege herausbilden können, die man als fortschrittliche betrachten kann. Ein weiterer schmerzhafter Punkt: kann die bürgerliche Journaille, mangels jeglicher Fähigkeit zu einer Klassenanalyse überhaupt so weit denken, dass eine Revolution ukrainischer Arbeiter und Bauern den Ausweg aus den imperialistischen Kriegshöllen aufzeigen kann? Alle Überlegungen, die die offiziellen bürgerlichen Medien heute zum Ukrainekonflikt anstellen, sind Überlegungen der Kapitalisten. Anders kann es auch gar nicht sein. Noch bedauerlicher ist, dass auch in marxistisch-leninistischen Kreisen seit 83 Tagen nicht der genuine zu favorisierende Kerngedanke einer Arbeiter- und Bauernrevolution in der Ukraine ins Gespräch gebracht wird. Ich denke, wir sind Marxisten-Leninisten, oder!?
1 Friedrich Engels, Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, Werke, Band 21, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 298.
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