Das Syrien der Schwester Guadalupe und die andere Seite der Medaille – Re-Post

Schwester Guadalupe de Aleppo –  Screenshot YouTube
Schwester Guadalupe spricht über den Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien und zeigt dabei die andere Seite der Medaille. Ihre Sicht der Dinge ist in den westlichen Medien meist untergegangen, obwohl sie auch nur erzählt was ihr in diesem Krieg widerfahren ist. So real wie viele andere Schilderungen aus Syrien, sind auch die Erfahrungen der christlichen Missionarin nur ein Teil der Realität. Ein Teil der im Westen verschwiegen wird.
Von Rui Filipe Gutschmidt
Das Interview auf RT mit Schwester Guadalupe beginnt mit einer Kritik an der westlichen Presse. So meint sie also, dass die Internationale Presse die ersten Demonstrationen in Syrien als Teil des „Arabischen Frühlings“ begrüßten. Die Syrer wären endlich auch friedlich demonstrierend auf die Straße gegangen um mehr Demokratie zu fordern. Doch berichtet die Missionarin diese Vorgänge ein wenig anders. Fernab der Städte, in den Dörfern, wo auch Christen lebten zogen bewaffnete Kämpfer ein, die andere arabische Dialekte sprachen. Keine Syrer also, sondern ausländische Söldner. „Sie sind nicht Syrer. Sie stiften Unruhe im Dorf.
Sie haben schon einige Christen gevierteilt“, sagte ihr ein Augenzeuge aus einem der genannten Dörfer. Für die Nonne war es eine schockierende Nachricht und so kam sie zu dem Schluss, dass es keinen friedlichen Protest gab, sondern ein von außen gesteuerter, gewaltsamer Versuch die Regierung von Baschar al-Assad zu stürzen. „Die gevierteilten Christen lagerten in Müllsäcken mit der Aufschrift: „Nicht berühren, ein Christ!“ In dem Moment,
als die gute Nonne aber die Taten der ISIS-Kämpfer, die aus dem Irak in Syrien einfielen, mit der Demokratiebewegung in den Städten in einen (Müll)Sack wirft, verwechselt sie so einiges. Beide Bewegungen haben nicht sehr viel gemeinsam, außer natürlich den Wunsch, die Regierung von Assad und der Baath-Partei zu stürzen.
Doch während eine kleine intellektuelle Elite mehr Demokratie fordert und von der EU und den USA unterstützt wird, machen sich von Saudi-arabischen Wahhabiten finanzierte Untergrundgruppen, die der ½ Moslembruderschaft nahestehen auf und bereiten das Terrain für den Eroberungsfeldzug des Daesh (ISIS) vor. Sie haben auch durch die politisch instabile Lage, die durch eine revolutionäre Grundstimmung geschaffen wurde, ein leichtes Spiel. Assads Truppen aber – deren Offiziere meist Alawiten sind – liefen nicht wie große Teile der Irakischen Armee (Sunniten) zum Daesh über. Doch wie unsere Schwester Guadalupe, machte die Armee keinen Unterschied zwischen Islamisten und Demokraten. Letztere werden mitverantwortlich gemacht für die Destabilisierung des Landes und mit ihnen der Westen, dessen Fahrlässigkeit und Machtgier im Irak dafür verantwortlich waren, dass aus Al-Quaida der „Islamische Staat im Irak und Syrien“ (ISIS) erwachsen konnte.

Die Menschen gingen für ihren Präsidenten auf die Straße“, erzählte die tapfere Nonne – ja, das muss man ihr schon lassen – weiter: „…nicht weil Bashar al-Assad die beste Form der Regierung hat oder er ein herzensguter Mensch wäre, sondern weil sie nicht unter dem Islamischem Staat leben wollten. Denn das Resultat dieses Krieges wäre nicht die Demokratie. Das sahen sie voraus.“ Na also, geht doch. Es gibt also den Wunsch nach Demokratie! Ja, viele wollten Anfangs mit Assad eine Vereinbarung treffen. Reformen, die vom Regime zu langsam umgesetzt wurden und die jeder Einmischung der Amerikaner den Wind aus den Segeln genommen hätten, wurden aber über den Haufen geworfen als Proteste und oppositionelle Städte von der Syrischen Armee bombardiert wurden. Mir schien es damals so, als hätten Assads Generäle andere Pläne und auch jetzt sieht man immer wieder Waffenstillstandsbrüche von der einen oder anderen Fraktion, für die ein Frieden einem totalem Machtverlust gleichkommt. Doch Schwester Guadalupe ist in ihrem Glauben nicht mehr davon zu überzeugen, dass hier keine Schlacht zwischen „Gut“ und „Böse“ ausgetragen wird. Klar doch. Glauben ist ja auch „ihr Ding“ wenn auch der Messias Jesus Christus heißt und nicht Bashar al-Assad.
Ein Fehler des Westens ist es, die Araber nach unseren westlichen Kriterien zu beurteilen.“ Das mag sein. Dennoch komme ich nicht umhin diese Äußerung in Frage zu stellen, zumal sie von einer Missionarin stammt. Wer hat Jahrhunderte lang den Menschen in allen Winkeln dieser Erde, aus allen Kulturen und mit oftmals reichen Kunstschätzen, das Christentum als einzig wahre Lebensweise vorgezeigt, nahe gebracht, aufgezwungen? Es ist Ihr Job, Menschen zu bekehren! Daher ist diese nicht ganz unwahre Weisheit aus ihrem Munde eher unangebracht. Doch nicht nur um meine Kritik anzubringen, zitiere ich Schwester Guadalupe. Sie zeigt „uns Westlern“ einen anderen Blickwinkel. Wie sie Pro-Assad Demos in Aleppo von dem Fenster ihrer Mission aus sah und später die Bilder der gleichen Demo als Anti-Assad Proteste in namhaften westlichen Medien zu sehen bekam, zeigt uns das Ausmaß des Propagandakrieges in Syrien. Geführt auf allen Seiten (weitaus mehr als nur 2 oder 3), ist die Wahrheit schon lange Tod in diesem Land. Aber Schwester Guadalupe sollte uns als Beispiel dienen. Als Beispiel dafür, dass es sich lohnt auch mal aus einer anderen Perspektive ein Problem zu betrachten, aber auch dafür, dass man schnell zum Propagandasprachrohr wird, wenn man sich blind in eine Sache versteift und dabei alle anderen Möglichkeiten von Anfang an ausschließt.

Schwester Guadalupe hat sicher viel gesehen, doch sie stand immer unter dem Schutz der Regierung, was leider nicht für alle Christen, Jesiden, Schiiten oder wem auch immer, galt. Sie zeigt uns eindrucksvoll, dass Syrien eine Regierung und eine Armee hat, die mit Unterstützung des Iran, der Hisbollah und vor allem Russlands, einen großen Teil der Bevölkerung schützen kann und dessen Anhänger sich eben keinen arabischen Frühling wünschen. Sie zeigt uns zwar auch, dass die Propagandamaschinerie der Assad-Regierung gut geölt und bemüht ist, sich im Westen zu betätigen, doch sie zeigt auch wie Plump die Westmedien ihre Propagandakampagnen durchziehen. Die Türken, Kurden, Saudis und so weiter haben alle ihre Form der „Kommunikation“ und ihre ganz eigene „Wahrheit“. Schwester Guadalupe zeigt uns ihre Version des Konflikts. Ihr Syrien, ihre Wahrheit. Doch mehr als das, sollte man darin nicht sehen, außer vielleicht die einzige unumstössliche Wahrheit: „Es gibt unendliche viele Wahrheiten!“

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