Sklaverei – Flickr.com CC BY-SA 2.0 |
Am 14. November 2013 schrieb ich über eine der modernen Formen der Sklaverei. Menschen aus Osteuropa kamen nach Portugal, um in der Landwirtschaft als Erntehelfer zu arbeiten. Viele Osteuropäer arbeiten in der EU während der Erntezeit und füllen so eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt. Doch manchmal – viel zu oft – geraten die Saisonarbeiter an Menschenhändler und werden versklavt, um unter unmenschlichen Bedingungen bei gierigen Großgrundbesitzern oder skrupellosen Bauern arbeiten zu müssen. Leider geschieht das noch immer in ganz Europa!
Von Rui Filipe Gutschmidt
Alentejo – Geschichten aus längst vergangenen Zeiten
Beja, 14. November 2013. Der Frühnebel lockert sich langsam auf und die Feuchtigkeit dringt, mit Hilfe des eisigen Nordwindes, in jede Ritze unserer Bekleidung. Oxana S. schaut noch recht verschlafen drein, aber sie möchte der Welt erzählen, was ihr widerfahren ist. „In Moldava, was a morning like this, when we left to come here… Do you have cigarette?“ Auch wenn die 48 jährige, arbeitslose Grundschullehrerin die Kälte gewohnt ist, so war sie doch verwundert über das Rauchverbot im Café. „You pay a small coffee?“ Obwohl die Gruppe mit der die Oxana nach Portugal kam, schon 6 Wochen da ist, war sie zum ersten mal einen Espresso trinken.
„Wir wurden über Zeitungsanzeigen kontaktiert und alles sah normal aus…“ Oxana S. erzählte mir ihre Odyssee und ich muss sagen dass es mir besonders nahe gegangen ist. Laut Oxana wurden 28 Männer und Frauen zwischen 18 und 50 Jahren aus Rumänien und Bulgarien, in zwei Kleinbusse mit jeweils 9 Plätzen gepfercht und quer durch Europa gekarrt. Viele von ihnen haben vorher schon als Erntehelfer in der EU gearbeitet, und einige hatten bereits Olivenernte in Griechenland gearbeitet. So auch Oxana, die schon Pläne gemacht hat, was sie mit dem hart verdientem Geld machen würde. 40 Euro am Tag mögen uns wenig erscheinen, doch in Rumänien oder Portugal ist es gutes Geld. Die meisten unqualifizierten Arbeiter verdienen gerade einmal die Hälfte und in Oxanas Heimat, Moldavien (sie hatte vor wenigen Jahren Transnistrien verlassen), ist es genug um nach nur wenigen Monaten ein eigenes Geschäft zu eröffnen.
Doch Oxanas Geschäft muss noch warten. Einmal in Portugal angekommen war die Ernüchterung groß. Die 28 Arbeiter wurden in einem ausgeräumtem Geräteschuppen untergebracht. Niemand hatte damit gerechnet im Hilton abzusteigen, aber das war unmenschlich. „Etwa 30-40 km vor dem Olivenhain haben wir noch einen halt gemacht und wir haben Brot, Wurst und Käse gekauft und dazu gab es Bier und Cola. Wir sollten uns für 2 Tage eindecken, haben aber nur 60 Euro gegeben. Dann wurden unsere Pässe eingesammelt, angeblich um uns anzumelden.“ Es hieß: „Ihr seid noch illegal und wenn euch die Polizei aufgabelt, werdet ihr zurückgeschickt!“ Sie sahen ihre Pässe nie wieder.
Ihre Peiniger begannen damit Psychospielchen zu betreiben. Fortan wurden sie mit einer Mischung aus Versprechungen und Drohungen, psychischer und physischer Gewalt einerseits, sowie kleinen Geschenken, wie Wein oder Zigaretten, behandelt. „Wer vom Wein getrunken hat, wurde merkwürdig ruhig und passiv … Ich glaube (…) da war etwas im Wein!“ Es war eindeutig eine Art „böser Bulle, guter Bulle Spiel“, mit dem die Leute bei der Stange gehalten wurden. Es hieß immer wieder, „… wir suchen eine bessere Unterkunft, der Bauer hat noch nicht gezahlt, alles wird gut …“ und andererseits, “ … faules Zigeunerpack, wer nicht gehorcht wird es bereuen; … wer nicht arbeitet, bekommt auch nichts zu esse
n; … wenn euch die Bullen erwischen, verprügeln sie euch und ihr werden zurückgeschickt.“
n; … wenn euch die Bullen erwischen, verprügeln sie euch und ihr werden zurückgeschickt.“
„Ein junger Bursche wurde von Ihnen aufgegriffen als er auf dem Weg ins nächste Dorf war, und sie haben ihn furchtbar zugerichtet! Der, der den „guten Bullen“ gespielt hat, hat ihn dann notdürftig verarztet. Es hat uns zunächst stark eingeschüchtert, aber nach einiger Zeit haben wir beschlossen zu handeln! Sie können uns nicht alle verprügeln oder erschießen! Wenn wir gemeinsam gehen …“
Und tatsächlich haben sie es geschafft! Um 4 Uhr morgens sind sie alle gemeinsam ins Dorf gegangen und haben eine Bewohnerin gebeten die Polizei zu rufen. Die achtköpfige Gang und 3 Landwirte wurden noch am selben Vormittag verhaftet. Die befreiten Emigranten sind in der Distrikthauptstadt Beja beim Rotem Kreuz untergebracht und werden von der Caritas verpflegt, solange die Staatsanwaltschaft die Aussagen aller aufnimmt, um die Anklage zu formulieren und bei der Verhandlung auf die Präsenz der Geschädigten verzichten zu können. Sobald das abgeschlossen ist, geht es zurück in die Heimat – ohne Geld, aber um eine Erfahrung reicher auf die sie gut hätten verzichten können!
Originalartikel:
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http://www.info-welt.eu/2017/11/sklaverei-als-weltgesellschaftsordnung.html
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