Das Heilige Land und die Kultur des Krieges

Jerusalem, Al Axa, Tempelberg, Klagemauer – Flickr.com CC BY 2.0

Es ist eine Kultur des Krieges, mit der ich nur schwer klar komme. Sicher, in früheren Zeiten war der Krieg ein Wirtschaftsfaktor. Das Überleben von Familienclans, von Stämmen oder ganzer Völker, hing davon ab, dass sie Kriege gewannen, Land eroberten oder verteidigten. Eine Missernte führte immer zu Krieg, aber auch die Feudalgesellschaft an sich basierte darauf. Damals wie heute war die Religion nur eine Rechtfertigung für das Morden und Rauben, doch sollten wir uns nicht längst weiterentwickelt haben?
Von Rui Filipe Gutschmidt
Das gelobte Land. Heiliges Land. Dereinst zogen Hunderte Völker durch das Gebiet, eroberten, wurden erobert… Hetiter, Ägypter, Assyrer, Griechen, Mazedonier, Perser, Phönizier, Römer, Byzantiner, Araber, „Franken“ (Kreuzritter), Osmanen (Türken), Briten und Palästinenser… Ach ja, und die „Israeliten“ (Juden), die mit Sicherheit nicht immer schon dort waren aber auf jeden Fall länger als die Araber diese Region besiedeln. Wer aber hat „Anspruch“ auf das Land?
In der Geschichte war es immer schon so, dass ein Land denen zufällt, die es in einem Krieg erobert haben. Demnach gehört das Land Israel. Doch seit den Kriegen des 20. Jahrhunderts versuchen die Menschen weniger brutale Mittel um Streitigkeiten dieser Art zu lösen. Nach dem ersten Weltkrieg wurde der Völkerbund ins Leben gerufen. Wie wir alle wissen, brachte dies rein Garnichts. Nach dem zweiten Weltkrieg dachte man, dass man aus den Fehlern gelernt hätte.
Die Vereinten Nationen sollten alle Streitigkeiten auf friedlichen Weg lösen und mit der Erklärung der Menschenrechte eine neue Ära der Menschheit einläuten. Doch der Ost-West Gegensatz, die Unabhängigkeitsbestrebungen in den Kolonien, der Bürgerkrieg in China und eine ganze Reihe von aufbrechenden Konflikten, die unter der Kolonialherrschaft der europäischen Imperien brodelten – wie Indien/Pakistan, Indochina, Korea und Palästina – brachten die UNO schnell an ihre Grenzen.
Heute haben wir ein geflügeltes Wort dafür: Mangelnder politischer Wille. Der Völkerbund übergab die ehemaligen deutschen Kolonien und Gebiete des Osmanischen Reiches, an Franzosen, Brieten, Japaner, die USA und die Südafrikanische Union (Namibia). Versprechen von Unabhängigkeit und Selbstbestimmung wurden gebrochen und in der Praxis erweiterten USA, Briten und Franzosen nur ihre Einflussgebiete. Wenn die Kosten der Weltkriege nicht unverschämt hoch gewesen wären, dann würden die Kolonialreiche wohl immer noch bestehen.
Und die UNO? Na gut, sie entstand aus den richtigen Gründen, ist aber ebenfalls ein Fehlschlag. Ein gutes Beispiel hierfür ist Palästina/Israel. Der Teilungsplan, der dem ersten israelisch/arabischen Krieg folgte, ist bis heute die Basis aller Friedensbemühungen. Doch dabei ignoriert die UNO völlig den 6-Tage-Krieg 1967 und dessen Folgen. Israel gewann den Krieg, besetzte die Teile Palästinas, die 1949 Jordanien (Westjordanland) und Ägypten (Gaza-Streifen) zugesprochen wurden, nahmen die Golanhöhen von wo aus Syrien in Schach gehalten wird (bis heute) und marschierte bis zum Suezkanal, womit die internationale Gemeinschaft unter Druck gesetzt wurde.
Nach vielen Scharmützeln, Terroranschlägen, Kriegen (im Libanon und Gaza) und nach der Anerkennung von Terrororganisationen als rechtmäßige Vertreter des palästinensischen Volkes, erlebten wir eine Zeit, in der die Menschen auf beiden Seiten kriegsmüde waren und es schien fast so, als wäre ein Frieden möglich, in dem Israel und Palästina nebeneinander Leben könnten. Leider ist es nicht dazu gekommen, da es zu viele Profiteure von Krieg und Chaos gibt. Hamas hat sich den (frisch von Israel geräumten) Gazastreifen genommen und im Westjordanland, wo die international anerkannte Regierung der Palästinenser „herrscht“ – soweit Israel es zulässt – bauen ultranationalistische Juden illegale Siedlungen, die von der israelischen Armee geschützt werden.
Hamas im Gazastreifen, Hisbollah im Libanon, ultranationalistische Siedler und ultraorthodoxe Juden, gemeinsam mit Interessensgruppen in den USA, dem Iran oder mit Waffenhändlern aller Art, haben in den vergangenen Jahrzehnten eine Kultur des Krieges gepflegt und den Samen des Hasses in die Köpfe ihrer Kinder gepflanzt. Dazu benutzen sie nationalistische und religiöse Elemente zur Fanatisierung ihrer Anhängerschaft. In den staatlichen Schulen wird das ganze Land als Palästina beziehungsweise als Israel bezeichnet und schon die kleinsten werden zum Soldaten, Kämpfer, Märtyrer erzogen.
In den Religionsschulen andererseits werden neben Koran, Tora und Bibel, auch Dinge gelehrt, die ihrem gemeinsamen Gott eher zuwieder geh
en. Wie kann es nur sein, dass die um Jerusalem zankenden Religionen immer von Frieden sprechen, in Wahrheit aber sind die verschiedenen Versionen der monotheistischen Kulte in diesem unheiligen Land, doch nur Basis für eine Kultur des Krieges.

Das unheilige Land,
Die dritte Intifada,
Mit Blut getränkter Sand,
Mit der Kultur des Krieges ich nun hader‘

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