Mythen im Kreuzfeuer

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Buchtipp:
Arn Strohmeyer: Ein klassischer Fall von Geschichtsfälschung. – 1948. Die Ausstellung zur Staatsgründung Israels‘ ist eine Flucht in Mythen – Eine Gegendokumentation.“

Man braucht nicht in die Jahre 1772 bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zurückzugehen, als Goethe sein Lebenswerk verfasste – besonders stark weht den Bürgern der Sumpf der Geschichtsfälschungen, Lügen und Klischees auch noch im Jahr 2018 um die Ohren. Mythen und Klischees besitzen Langzeitwirkung. Sie werden nicht mit Fakten unterfüttert, sind jederzeit griffbereit, um die Wahrheit zu verdrängen.
Harry Popow – 15. November 2018, von AmericanRebel
Die Verdummung nimmt ihren Lauf. Es sei denn, politische Aufklärer stehen auf und halten mutig dagegen. (Was neuerdings als Feindseligkeit gegenüber der Demokratie deklariert wird.) So auch der Publizist Arn Strohmeyer in seinem neuesten Buch „Ein klassischer Fall von Geschichtsfälschung. ‚1948. Die Ausstellung zur Staatsgründung Israels‘ ist eine Flucht in Mythen – Eine Gegendokumentation“.

Nebel versprühen Medien,

Trüben Deinen Blick,
Verpesten Hirn und Herz;

Gemeindrang eilt,

Den faulen Zauber zu vertreiben,

Das ist der Weisheit letzter Schluß:

Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,

Der täglich aufwachen und sie erkämpfen muß.

(…)


(frei nach Johann Wolfgang von Goethe, Faust II. Teil).
Die Ausstellung zur Staatsgründung Israels tourt zur Zeit durch Deutschland. Anhand von 16 beidseitigen Stelltafeln wurde die Geschichte, Entstehung und Entwicklung des israelischen Staates aufgezeigt. Zusammengestellt von einer Israel nahestehenden Organisation „DEIN e.V. Verein für Demokratie und Information“. Die Macher waren ein Expertenteam aus Politologen, Historikern, Nah-Ost-Experten und Medienwissenschaftlern.
Der Autor Arn Strohmeyer ist ein Kämpfer für die Menschenrechte, mehr noch, für den Weltfrieden. Das verdeutlicht auch sein Buch mit seinen 157 Seiten, in dem er Mythen und Realität gegenüberstellt. Er benutze in seiner Gegendokumentation „hauptsächlich israelische Quellen, um zu zeigen, dass die Ausstellung keineswegs die israelische Position zum Palästina-Konflikt wiedergibt“. (S. 18)
Das Anliegen des Autors geht aus den ersten Zeilen des Klappentextes hervor: „In Deutschland ist wenig bekannt oder es wird bewusst verschwiegen: Israel ist ein Weltanschauungsstaat, das heißt: er hat eine Staatsideologie – den Zionismus. Der hat ein klares politisches Ziel: in Palästina – einem eigentlich von Arabern bewohnten Territorium – einen jüdischen Nationalstaat zu errichten“. Das konnte nur mit Gewalt geschehen, „also der Vertreibung eines Großteils der palästinensischen Bevölkerung. Die Folge ist der Nahost-Konflikt, der nun schon über 100 Jahre andauert und eine große globale Gefahr darstellt“.
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Die Meister im Verschweigen
Um welche Methoden des Weglassens, Vertuschens und Manipulierens es sich handelt, die der Autor auf´s Korn nimmt, lassen sich wie folgt benennen: Palästina sei im 19. Jahrhundert ein leeres Land gewesen, es habe kein Volk der Palästinenser gegeben. Es sei das historische Recht Israels, ihre eigentliche Heimat zu besetzen und aus der Wüste ein blühendes Land zu machen. Palästinenser hätten freiwillig und freudig ihr Land verlassen. Die ethnische Säuberung an den Palästinensern habe es nach zionistischer Darstellung gar nicht gegeben. Von Seiten der Palästinenser drohe Israel ein „zweiter Holocaust“. Für den Holocaust trügen auch die Palästinenser Mitschuld. Der Zionismus sei lediglich eine jüdische Bewegung. Die arabischen Palästinenser müsse man mit dem Schwert verjagen. Es gehe um den Exodus der Araber. Im Katalog der Ausstellung stehe auch nichts von den Plänen der Vertreibung der Palästinenser. Die Nakba wird geleugnet. Alle arabischen Staaten seien entschlossen gewesen, den israelischen Staat zu vernichten. Der Krieg von 1948 sei unvermeidlich gewesen. Israel habe stets die Hand zum Friedensschluss ausgestreckt. Das kleine Israel habe sich gegen eine arabische Übermacht behaupten müssen. Die Palästinenser hätten auf Anordnung ihrer Führer das Land verlassen. Im Katalog wird von guten Juden bzw. Israelis und bösen und aggressiven Palästinensern geschrieben.

Diese Aufzählung mag genügen, um die Motive des Autors zu verstehen, diesen Klischees den Kampf anzusagen. Sie alle münden darin, so schreibt Arn Strohmeyer auf den Seiten 136/137, das moralische Recht und das ethische Verhalten der Palästinenser ins Zwielicht zu rücken, was allerdings jede Chance auf einen zukünftigen gerechten Frieden enorm verringert.“ Schlimmer noch: Sie würden in Deutschland und im Westen überhaupt als die Wahrheit akzeptiert. Sie dienen so „der Rechtfertigung des israelischen Handelns“, der Weigerung Deutschlands, sich im Nah-Ost-Konflikt auf sinnvolle Art zu engagieren und erlauben außerdem, „das israelische Militär ohne große Skrupel mit immer neuen Waffen und sonstigem Zubehör auszurüsten“. Er stellt auf Seite 134 fest: Die Exposition gebe in keiner Weise die wahre Geschichte „über das entscheidende Jahr 1948“ wider und ordne sich „ganz der zionistischen Weltanschauung“ unter.
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Unbeugsame israelische Historiker 

In seiner Gegenargumentation des Autors, die er auf der Grundlage der Aussagen der wichtigsten Vertreter der neuen Historiker-Generation (S. 14) trifft, zerpflückt er jedes einzelne Klischee, jeden Mythos, jede Geschichtsfälschung. Er wundere sich, dass im 70-seitigem Katalog der Ausstellung keinerlei wichtige Fakten vorkommen, Quellen zu Zitaten fehlen, Zahlen seien ungenau oder stimmen nicht. Die Vorgeschichte der Entstehung des Zionismus und seine ideologischen Ansprüche auf Palästina, die Vertreibung eines Großteils des palästinensischen Volkes (Nakba) fehle.
Es ist dem Autor Arn Strohmeyer zu danken, in seiner faktenreichen Gegenpolemik die Augen von jenen Leuten, die immer noch verständnislos gegenüber dem Nah-Ost-Konflikt den Kopf schütteln, zu öffnen. Dazu zählen u.a. folgende Grundaussagen: Hauptziel der Zionisten war die ethnische Säuberung ganz Palästinas, um den neuen Staat der Zionisten schaffen zu können (S.45). Dabei wollte man Angst, Schrecken und Panik verbreiten (S.52.) Beispiel Massaker von Deir Yassin, westlich von Jerusalem (S. 54). Auf Seite 64: Die Bilanz der Verbrechen der Zionisten: 700.000 Vertriebene. 11 Städte und 531 Dörfer wurden zerstört.
Der Autor fragt: Wie war das nach dem Holocaust möglich, denn „nach dem Völkerrecht sind ethnische Säuberungen eindeutig ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. S. 85; Israel setzt bei seiner Sicherheit allein auf seine militärische Stärke und auf seine Überlegenheit über seine Nachbarn, aber es hat keine Friedenspolitik. S. 95: Es geht um den politischen Anspruch auf das Land Palästina, den der Zionismus rational nicht begründen kann. Die Anerkennung der Wahrheit, dass es das Volk Palästina eben doch gibt, das würde „dem Zionismus die fundamentale Frage nach der Rechtmäßigkeit, Legitimität und Moralität der Existenz Israels stellen“.
Seite 119: Dies ist der Kernsatz zionistischer Politik: Israel ist immer das Opfer, es trägt keine Verantwortung für gewaltsame Aktionen, die es ausübt, da es nur auf Bedrohungen reagiert und es ihm nur um seine Sicherheit geht. Israel ist damit dem Völkerrecht und den Menschenrechten nicht verpflichtet, das heißt: ihm ist alles erlaubt! Damit ist auch gesagt: Israelis können niemals Terroristen sein…
Auf Seite 135 bekräftigt der Autor: Die Ausstellung zur Staatsgründung Israels ist mit ihrer einseitigen, verharmlosenden, eben undifferenzierten Darstellung (hier die guten Israelis – dort die bösen Palästinenser) nicht nur einfältig und plump, teilweise sogar lächerlich, sie ist sogar gefährlich.“
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Nachtrag
Zu seinem Buch „Die israelisch-jüdische Tragödie…“ schrieb ich in meiner Rezension im Januar 2018 folgenden Satz: Das israelische Herrenvolk, so der Autor auf Seite 12, berufe sich „auf Grund seiner alten Kultur, seiner europäischen Herkunft und der Leiden, die es in seiner Geschichte durchgemacht hat, auf seinen privilegierten Status“ und habe mit seinem über ein anderes Volk errichteten Besatzungsregime jede moralische Orientierung verloren. Aus den Verfolgten von einst (Holocaust) seien brutale Täter geworden. Auf den Seiten 205/206 ergänzt der Autor: „Die Ursachen des Konflikts mit den Arabern beziehungsweise den Palästinensern (…) werden nicht in der eigenen Politik (Kriegs-, Siedlungs-, Eroberungs- oder Vertreibungspolitik) gesehen, sondern ausschließlich in der ´Feindseligkeit´ und in der Mentalität der ´Anderen´.“ Der zionistischen Ideologie nach seien Araber grundsätzlich feindselig und nicht friedensfähig. So schaffe sich Israel durch Entpolitisierung und Dämonisierung selbst ein Feindbild und erklärt sich dabei als Opfer, was eine Konfliktlösung unmöglich erscheinen lässt. Stellt sich auch hier die Frage, ob die Öffentlichkeit über die Hintergründe und Erscheinungsformen des Zio