Eric Margolis – Werden sich die Briten durchschlagen?

Brexit Pixabay CC0 Public Domain

Großbritanniens umkämpfte Premierministerin Theresa May muss beide Manöver vollbringen, wenn sie ihre sehr verwirrte Nation aus dem schrecklichen Brexit-Durcheinander herausholen und ihren Job retten will. Wir wünschen ihr viel Glück.
Eric Margolis – 3. Dezember 2018
Mit freundlicher Genehmigung von www.antikrieg.com
Zwei der gefährlichsten militärischen Operationen sind die Überquerung von Flüssen unter feindlichem Beschuss und der Rückzug im Gefecht mit gegnerischen Kräften.
Am 11. Dezember müssen die britischen Parlamentsabgeordneten abstimmen, um eine Form von Brexit-Deal zu akzeptieren, einen ausgehandelten Rückzug und/oder eine Handelsvereinbarung. Aber innerhalb von May´s Konservativer Partei und der konkurrierenden Labour Party gibt es erbitterten Widerstand gegen den Rückzug Großbritanniens aus der Europäischen Union. Die Rumpf-Nordirische Unionistische Partei, die die May’s Tories im Parlament unterstützt, macht alle verrückt.
Immer mehr britische Wähler sind nun der Meinung, dass das ursprüngliche Referendum zum Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union nach vier Jahrzehnten widerwilliger Mitgliedschaft ein katastrophaler Fehler war. Großbritannien war eines der drei großen Mitglieder Europas; ohne EU wird Großbritannien irgendwo vor der Küste Nordeuropas auf dem Trockenen sitzen und gezwungen sein, uneingeschränkt auf die Forderungen und Maßnahmen der Vereinigten Staaten von Amerika zu reagieren.
Ebenso ärgerlich werden die stolzen Briten, die vor einem Jahrhundert ein Viertel der Erdoberfläche beherrschten, gezwungen sein zu sehen, wie die alten Rivalen Deutschland und Frankreich zu den unbestrittenen Hauptakteuren Europas werden, während sich niemand um den zahnlosen alten britischen Löwen kümmert.
Britischen Brexit-Anhängern ist das egal. Sie tendieren dazu, Ausländer – „bloody wogs“ – abzulehnen, reiben sich an Vorschriften, die von gesichtslosen Bürokraten im fernen Brüssel auferlegt werden, ärgern sich über eine steigende Flut von EU-Immigranten, schimpfen über die hohen Kosten, die von der EU auferlegt werden, und sind zutiefst verärgert, wenn sie gezwungen sind, in den Gremien der EU zu arbeiten, anstatt imperiale Forderungen zu stellen.
Aber die Zeiten und wirtschaftlichen Realitäten haben sich geändert. Großbritannien ist nicht mehr das produktive Kraftpaket, das es vor dem Zweiten Weltkrieg war. Die Industrien rosten, die Qualität der hergestellten Produkte wird in Frage gestellt (ausgenommen Dyson) und die einst mächtige Finanzkraft der City of London nimmt ab.
Die europäischen Geldverleiher und ihresgleichen schleichen sich zurück nach Frankfurt und Paris; die City of London ist nicht mehr das wilde Casino, in dem alles möglich ist, wo alle Arten von Finanzschikanen stillschweigend toleriert wurden. London hört langsam auf, eine charmante Steueroase zu sein, oder um Somerset Maughams großen Sager über Monaco zu zitieren, „ein sonniger Ort für zwielichtige Leute“.
Während die britische Wirtschaft unter Brexit nachlässt, wird ihre Arbeiterklasse Ruhe vor den Snobs und Toffs haben, die sie über Generationen hinweg verspottet und das Klassensystem aufrechterhalten haben. Aber die EU zu verlassen, wird so sein, als würde sich Großbritannien selbst in den Fuß schießen. Alle wirtschaftlichen Anzeichen zeigen, dass Großbritannien verarmt sein wird, wenn es zum Brexit kommt. Alles – die Aktienmärkte, Industrie, Handel, Wohnen – ist nach unten gerichtet. Die Trennung Großbritanniens von der EU wird alptraumhaft komplex und belastend sein. Die Bank of England warnt, dass der Brexit das Land in eine schwere Rezession stürzen wird.
All dies um des nationalen Egos willen und als Chance, es den „blutigen Ausländern“ zu zeigen. Sicherlich nicht die Kosten oder die nationale Qual wert, sagen viele vernünftige Briten und die Labour Party. Die Tories sind über das Thema gespalten und in bittere Kämpfe verwickelt. Die führenden konservativen Abgeordneten erinnern uns an all die Dinge, die uns an dem versnobten, imperialen Großbritannien nicht gefallen haben.
Der Ausweg aus diesem bösen Durcheinander besteht darin, dass das Parlament seine Arbeit tut und ein weiteres Referendum anordnet. Viele Pro-Brexit-Wähler haben die wirklichen Probleme missverstanden und bedauern ihre Eile. Scheidung ist immer hässlich und schmerzhaft. Nach all dem Schreien und Beschimpfen wird Großbritannien mit einer Tasse kaltem, schalem Tee dastehen, nicht mit dem goldenen Kelch, den es sich erhofft hatte.
Erschienen bei www.ericmargolis.com

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