Der Streik im Hafen von Setúbal – Portugal, wurde beendet, nachdem die Konzernzentrale von VW Druck auf alle Beteiligten ausgeübt hat. Arbeitgeber, Gewerkschaften und Portugals Regierung trafen eine Übereinkunft, mit der offenbar alle Seiten leben können. Der Wolfsburger Automobilkonzern stellte ein Ultimatum, da die deutschen Gewerkschaften ihre Solidarität mit den Kollegen in Portugal bereits unter Beweis gestellt haben. Ministerin bestreitet unter Druck gehandelt zu haben…
Rui Filipe Gutschmidt – 16. Dezember 2018
Nach 40 Tagen Streik und einer sich ständig zuspitzenden Lage, brachten die letzten Verhandlungen endlich eine Übereinkunft zwischen der Operestiva und der Gewerkschaft der streikenden Arbeiter. Dabei soll der Druck aus Deutschland dafür verantwortlich gewesen sein, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf einen Kompromiss einigen konnten. Doch wie sieht dieser aus?
Von den 93 Arbeitern, die unter anderem für ihr Recht auf einen anständigen Arbeitsvertrag in den Ausstand traten, werden zunächst 56 eben diesen Vertrag bekommen. Weitere 10 bis 37 (56+37=93) sollen innerhalb kürzester Zeit folgen. Außerdem wurden die Rahmenbedingungen, wie Bezahlung, Arbeitszeiten, Einteilung und Zuordnung für die Arbeit im Hafen von Setúbal abgesteckt. Schade nur, dass in den anderen Häfen Portugals, in denen die gleichen Probleme bestehen wie in Setúbal, wo aber nur jegliche Überstunden und Arbeit an Wochenenden und Feiertagen bestreikt werden, nicht geregelt wurden… bislang zumindest.
Druck von VW
Der angebliche Druck seitens VW richtete sich vor allem auf Portugals Regierung. Die Wolfsburger drohten damit, die Produktion im portugiesischen Werk einzustellen, da man es sich nicht leisten könne, weiterhin Unsummen für die Zwischenlagerung der produzierten Fahrzeuge auszugeben. Derzeit lagern 21.000 nagelneue Autos auf riesigen Parkplätzen, die zum Teil von Portugals Armee angemietet wurden. Der Standort Portugal, so die Geschäftsführer der Autoeuropa (VW-Werk in Palmela), könnte im Extremfall nach Spanien verlagert werden.
Diese Drohung, richtet sich nicht gegen die Streikenden im Hafen von Setúbal oder gegen deren Arbeitgeber, sondern gegen die Regierung von Premierminister António Costa. Es ist natürlich immer die gleiche Taktik, bei der es um Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und “Prestige” geht. Ein VW oder Seat “Made in Portugal” zeigt anderen Konzernen, dass sich eine Investition in dem Land lohnt. Der Standort für ein großes Werk wie das VW-Tochterunternehmen Autoeuropa, ist für die Machthaber in dem jeweiligen Land ein zweischneidiges Schwert. Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und “Prestige” nutzen der Wirtschaft, der Gesellschaft, dem Land und schließlich auch noch der Politik (in Form der Regierung, Stadtverwaltung usw). Aber dieser Nutzen kommt zu einem Preis: Machtverlust! Denn wenn VW mit einem Stellenabbau oder gar mit einem Umzug in ein anderes Land droht, dann springen die meisten Regierungen.
Druck auf VW
Der VW Mutterkonzern hat sich lange Zeit herausgehalten, doch seit der Solidarisierung der Hafenarbeiter in Emden und darüber hinaus die Solidaritätsbekundung der deutschen Gewerkschaften, steht die Konzernzentrale in Wolfsburg selbst unter Zugzwang. Die Emdener verzögerten die Arbeit in ihrem Hafen und drohten ihrerseits mit mehr Streiks, sollten die gerechten Forderungen der Kollegen in Portugal nicht erfüllt werden.
So scheint es also zunächst, als wäre der VW-Mutterkonzern mit einer erpresserischen Drohung für die plötzliche Endwirrung der Situation verantwortlich. Andererseits steht der Konzern selbst unter Druck seitens der Gewerkschaften, die eine lange nicht gesehene internationale Solidarität wiederaufleben lassen. Portugals Mittelinks-Regierung ihrerseits leugnet vehement unter Druck gehandelt zu haben.
Ana Paula Vitorino, die zuständige Ministerin (des Meeres), behauptete in einem Interview: “Die Drohung seitens VW, die Produktion bis Anfang Januar auszusetzen, kommt völlig unerwartet. Wir hatten eigentlich schon eine Vereinbarung getroffen und waren nur noch dabei eine allgemein gültige Regelung für alle Häfen Portugals zu finden.” Der Vorstand der Autoeuropa soll davon gewusst haben und somit mache dies alles keinen Sinn.
Prekäre Arbeitsverhältnisse müssen schnellstens beseitigt werden. Es ist die Sklaverei des 21. Jahrhunderts und die Wirtschaftsbosse müssen erkennen, dass nur guter Lohn und Arbeitsbedingungen auch für gute Arbeit sorgen. Zudem kann sich nur ein Arbeiter der gut verdient auch die Dinge leisten, die unsere Industrie produziert. Bleibt zu hoffen, dass die Politik endlich aufhört sich nicht in den “Markt einzumischen”. Die “Gesetze des Marktes” sind keine echten Gesetze, denn diese werden vom Gesetzgeber – also von den Abgeordneten der Parlamente beschlossen.
Demokratie = die Macht des Volkes und nicht die Macht der Wirtschaft.
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