Nach fast drei Jahren aufwendiger, sich endlos hinziehender Verhandlungen, ist nach wie vor unklar wie, wann und ob der Brexit stattfinden wird. Die Menschenmenge, die sich in London versammelt hatte und über 6 Millionen Unterzeichner einer Petition verlangen ein neues Referendum und/oder Neuwahlen. Für die meisten Briten steuert Premierministerin May ihr Land aus Sturheit ins Verderben. Doch was soll das Theater? Warum verlässt Großbritannien die EU nicht einfach und was bedeutet so ein Austritt in der Praxis?
Rui Filipe Gutschmidt – 3. April 2019
Es ist die schwerste politische Krise der Nachkriegszeit in Großbritannien. Das unerwartete Resultat beim Referendum zum Austritt aus der EU hat unzählige Menschen in Großbritannien eiskalt erwischt. Selbst die Autoren der Kampagne für den Austritt, auch „Brexit“ genannt, hatten sich keinerlei Gedanken gemacht, wie das denn in der Praxis gehen sollte.
Schnell wurde klar, dass man das britische Volk schlicht und einfach belogen hat. Der chaotische Kurs von der britischen Regierung ist der Beweis dafür, dass sich niemand auf einen möglichen Austritt vorbereitet hatte. Dasselbe gilt aber auch für die EU-Institutionen und die anderen Staaten der Union. Aber schließlich sind es doch die Briten, die raus wollten. Da hätten sie wissen sollen was auf sie zu kommt. Aber noch wichtiger, wäre es gewesen dem Wahlvolk die Konsequenzen vor Augen zu führen. Statt dessen wurden die Briten von beiden Seiten mit leeren Versprechungen und plumper Propaganda vollgepumpt.
Jetzt wo klar ist, dass die „Kontrolle über ihre Grenzen“ dank Commenweltheinwanderern eine Illusion ist, die Arbeiter aus EU-Staaten in Bereichen wie der Altenpflege oder auf dem Bau dringend gebraucht werden und große Konzerne das Land verlassen, bereuen viele dass sie für den Austritt oder eben gar nicht gewählt haben. Die Rentner, die im sonnigen Süden ihren Ruhestand genießen wollten, wissen immer noch nicht ob sie Krankenversichert sind, ihre Rente weiter beziehen können und ob sie eventuell ihre Wahlheimat verlassen müssen. Es ist das Chaos und die Briten – welche Einstellung diese auch immer haben – können es nicht mehr ertragen.
Sie wollen erneut gehört werden, da die Politiker mit der Situation eindeutig überfordert sind. Eine Petition mit über 6 Millionen Unterschriften kann eine Regierung normalerweise nicht ignorieren, oder? Na und ob! In unseren Scheindemokratien fühlen sich die gewählten Volksvertreter als „Diktatoren der Mehrheit“, die wie im alten Rom auf 4 oder 5 Jahre die Macht inne haben. Es ist einfach nur noch ein Trauerspiel.
Schottland hat sich von Anfang an gegen den Brexit gestellt und drohte mit der Unabhängigkeit von Großbritannien. Doch die Schotten müssten einen langwierigen Aufnahmeprozess durchmachen, um in die EU einzutreten. Die in Schottland regierenden „Linksnationalisten“ der SNP haben allerdings nur 35 von 650 Abgeordnete im Britischem Unterhaus. Doch auch die Nordiren sind gegen den Brexit und das ist auf Grund der Geschichte der Region nicht weiter verwunderlich.
Für die Iren sind ein Wiederaufbau der Grenzanlagen und eine physische Teilung der grünen Insel ein Albtraum und vergleichbar mit einem Wiederaufbau der Berliner Mauer. Man befürchtet sogar ein Wiederaufkeimen des Extremismus und Terroranschläge wie in den 70er Jahren. Erste Stimmen werden laut, die ein Referendum zur Wiedervereinigung Irlands fordern. Nordirland könnte in einen Bürgerkrieg zurückfallen, die gesamte Region ist wirtschaftlich abhängig von einem EU-Binnenmarkt.
Lange Rede kurzer Sinn: Ich bin mir sicher, dass eine große Mehrheit – vor allem junge Briten – sich betrogen fühlen und gegen den Brexit sind. Das Nationalisten dies nicht hören wollen ist mir klar. Die EU ist nicht das Problem, denn wir haben Scheindemokratien überall auf der Welt. Chinesen, Russen und Amerikaner sind Wirtschaftsmächte gegenüber denen die EU bestehen muss. Doch die USA, vor allem seit der Regierung von Trumps Rechtsaußen-Republikanern, geben sich als unsere Freunde aus, wollen Europa aber zerschlagen um einen Konkurrenten weniger zu haben. Die EU muss von innen heraus demokratisiert werden und kleinstaaterische Egoisten die sich als „König von Sachsen“, „Herzog von Sigmaringen“ oder auch Präsident von Süd- Ossetien sehen wollen, sollten sich ihre Machtgelüste für ihre Sexphantasien aufsparen…
Niemand fragt die Europäer in Großbritannien oder die Briten in der EU. Vor allem aber wissen die Menschen jetzt eher was auf sie zukommt und das Chaos ist der Beweis für die Unsinnigkeit des Brexit. Die „Brexetiers“ hatten keinen Plan. Also ich meine das auch deshalb, weil ein Nigel Farage direkt nach dem „Sieg“ beim Referendum bei UKIP zurücktrat. Klar kann man sagen, dass die Multinationalen Konzerne eine Art „Erpressung“ veranstallten, aber die Menschen verlieren ihre Jobs. Es war und ist ein grosser Fehler in meinen Augen. Ich sehe viel mehr Verlierer als Gewinner, aus welchem Grund auch immer. Der Schaden kann nie ganz vermieden werden, aber aus Sturheit am Brexit festhalten heist unzählige Menschen ins Unglück zu stürzen.
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