Am 2. Juni wurde der 65 Jährige CDU Politiker Walter Lücke auf der Terrasse seines Wohnhauses im westlich von Kassel gelegenen Wolfhagen-Istha (Kreis Kassel) tot aufgefunden. Schnell wurde öffentlich, dass es sich hierbei um einen Kopfschuss aus nächster Nähe handelte. Ein Selbstmord wurde unmittelbar ausgeschlossen.
Eren Gülten – 23. Juni 2019
zur Verfügung gestellt von AmericanRebel
Walter Lübcke: erschossen weil er
die Aufnahme von Geflüchteten befürwortete!
Lübcke, der im Nordhessischen Bad Wildungen geboren und aufgewachsen ist, absolvierte zunächst eine Berufsausbildung als Bankkaufmann. Anschließend war er als Zeitsoldat 8 Jahre tätig.
Später studierte er Wirtschaftswissenschaften an der Gesamthochschule Kassel und promovierte über die Planwirtschaft in der Sowjetunion, ehe er in die Politik einstieg. Sein Einstieg in die Politik begann 1983 mit dem Eintritt in die CDU, mit der er ab 1999 als Abgeordneter im Hessischen Landtag tätig war, zuvor auch kommunale Mandate trug. Nach 10 Jahren im Hessischen Landtag unterlag er schließlich in seinem Wahlkreis gegen eine SPD-Bewerberin und verlor sein Mandat. Dies war jedoch nicht das Ende seiner politischen Laufbahn, so berief der damalige Innenminister und heutige Regierungschef Volker Bouffier Lübcke zum Präsidenten des Regierungspräsidiums (RP) Kassel. Dieses Amt führte er 10 Jahre aus, ehe er Anfang Juni tot gefunden wurde. Auffällig wurde die Person Walter Lübcke 2015, weil er die Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten befürwortete und sich für diese auch mit christlichen Werten für ein friedliches Zusammenleben stark machte mit den Worten: „Wer diese Werte nicht vertritt, kann dieses Land jederzeit verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen“. Dies galt als Antwort an all seine Kritiker. Diese waren hauptsächlich in rechten Kreisen wie der Pegida und den Reichsbürgern verortet, die seinen Rücktritt forderten und auch bis zu Drohungen per Mails gingen. Das veranlasste Lübcke dazu, für eine kurze Zeit Personenschutz anzufordern. Diese Vorgeschichte war auch der Grund, warum die Polizei und Öffentlichkeit auch schnell in Richtung Rechts ermittelte. In der Tat wurde anhand eines DNA-Spurentreffers ein 45 Jähriger Mann identifiziert, den man auch dem rechten Lager zuordnen konnte und ebenso den Behörden bekannt ist.
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Hauptverdächtiger: Doppelleben als Bekannter Neonazi
und unauffälliger Familienvater
Der Hauptverdächtige, dessen DNA man identifizieren konnte, ist Stephan E., der bereits Thema im hessischen Untersuchungsausschuss zur Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) war. Nach der Aussage des Bundesanwaltschaft sei es ein „rechtsextremistisches“ Motiv, jedoch gebe es keine Hinweise auf ein Netzwerk an dieser Tat. Was sich ziemlich merkwürdig anhört, wenn man sich allein die Aktivitäten von Stephan E. anschaut, der vom hessischen NSU Untersuchungsausschuss als gewaltbereiter Nazi beschrieben wurde. Denn Stephan E. war im Umfeld der hessischen NPD aktiv. Er fiel in der Vergangenheit mehrfach auf wegen Gewaltdelikten, Verstößen gegen das Waffengesetz, Eigentumsdelikten sowie gemeingefährlichen Straftaten, so der Spiegel. Zudem hatte er Kontakt zu Neonazis aus der militanten Gruppierung „Combat 18“ die ebenfalls mit Waffen handelten und gar Anleitungen zum Bombenbau verfassten. Zudem stehen sie auch in Kontakt mit dem Netzwerk „Blood & Honour“ das dem NSU half. Bereits mit 20 soll Stephan E. im Jahre 1993 nach dem Bericht der „Zeit“ mit einer Rohrbombe eine Asylbewerberunterkunft im hessischen Hohenstein-Steckenroth angegriffen haben, weshalb er zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wurde. Auch im Jahr 2009 wurde E. bereits wegen Landfriedensbruchs zu sieben Monaten Haft auf Bewährung wegen einer Attacke auf eine 1. Mai Kundgebung des DGBs in Dortmund verurteilt. Wer solch eine bekannte Lebensgeschichte hat, ist definitiv kein alleiniger Spieler und agiert im Interesse von vielen. Trotz dieser grauen Akte wurde E. in seiner Umgebung „nicht als auffälliger Mensch“, in seiner Nachbarschaft wird er als ein freundlicher Typ beschrieben, der seit etwa 14 Jahren mit seiner Ehefrau und Kindern in einer Siedlung im Osten von Kassel lebte. Auch sei in der Siedlung und Nachbarschaft nie eine Deutschlandfahne oder Besuch von merkwürdigen Leuten gesichtet worden, sagte eine 54 Jährige Nachbarin und betonte “Ich könnte kein einziges schlechtes Wort über ihn sagen“. Somit kann man auch von einem Doppelleben sprechen, Stephan E. zum einen als Ehemann und Familienvater recht unauffällig und auf der anderen Seite seit seiner Jugend als gewaltbereiter Neonazi bekannt ist.
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Rechte Netzwerke agieren offener und radikaler
Das ungewöhnliche an dem Mord ist für viele sicherlich, dass der Mord nicht an einem nicht-Migranten oder typischen Antifaschisten, sondern an einem Christdemokraten stattfand, der bei der Geflüchteten Frage eine humanistische Einstellung zeigte. Das zeigt, wie viel Mut und Schutz die rechte Szene mittlerweile in Deutschland haben muss, dass sie nicht nur Jagd auf Migranten, Geflüchtete oder Antifaschisten macht, sondern auch schon „ihre eigenen Leute“ tötet. Auch wenn der Mord an Lübcke nicht der erste ist, sondern seit 1990 etwa 200 Menschen in Deutschland durch Rechte umgebracht wurden, sowie auch nicht der NSU nicht der einzige Netzwerk ist, müsste es doch mittlerweile klar sein, dass auch Menschen unter Gefahr stehen, die nicht typische Feindbilder der Nazis sind. Ob dieser Fall die breiten Massen dazu bewegen wird, sich dem antifaschistischen Kampf anzuschließen, ist natürlich fraglich. Schon der Fall NSU hat gezeigt, dass Nazi-Netzwerke keine Einzelfälle sind und in Deutschland derartige Netzwerke stärker sind, als zugegeben, dass sie vorneweg vom Verfassungsschutz, auch von den Behörden finanziell unterstützt und von der Politik der AfD ermutigt werden, stärker zu agieren.
Erstveröffentlichung in „NeuesLeben/YeniHayat“ am 21. Jun 2019. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.
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