Weltpolitik machen inzwischen fast nur noch die USA, Russland und China. Europa spielt faktisch kaum mehr eine Rolle.
Marco Maier – 28. Juni 2019
Noch vor wenigen Jahrzehnten spielten europäische Mächte weltweit eine bedeutende Rolle. Heute ist selbst die Europäische Union nicht in der Lage, eine ähnliche globale Machtfülle zu erreichen, wie sie alleine Großbritannien oder Frankreich damals hatten. Mit ein Grund dafür ist die Entkolonialisierung der Welt, sowie der Aufstieg neuer globaler Mächte.
Die zuvor eher auf sich selbst und ihre Nachbarschaft fokussierten Länder USA, Russland und China haben sich einen Platz auf der Weltbühne erkämpft. Jedes Land mit eigenen Mitteln und Methoden, aber dennoch mit global betrachtet mehr Macht und Einfluss als noch 1919, 1819 oder gar 1719. Auch wenn noch Frankreich und Großbritannien ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat sind, so spielen sie auf der Bühne der Weltpolitik keine wirkliche Rolle mehr. Die wirklich wichtigen Entscheidungen werden vielmehr in Washington, Moskau und Peking getroffen.
Auf den Punkt gebracht hat dies einer unserer Kommentatoren, „Achim“, beim Artikel zum geplanten Treffen Trumps mit Putin und Xi. Er schrieb:
„Allein die Tatsache, daß Trump die Gespräche mit Putin und Xi in den Vordergrund stellt ist Beweis genug, was er von den Europäern hält und deren Existenz nimmt er gerade noch wahr, sieht sie aber als zukunftslos an, sonst würde er auch mit ihnen persönlich Strategien ausarbeiten, was er dann gerne seinen Ministern mit belanglosen Gesprächen überläßt und daran kann man erkennen, wie nun die Welt neue aufgeteilt wird, Europa ist Nebensache und daran sind ihre Regierungen schuld und sonst niemand.“
Man braucht nur auf die geopolitischen Krisenherde Nordkorea, Iran und Venezuela zu blicken. Wer hat bei den Diskussionen auf höchster Ebene überhaupt Gewicht? Es sind die USA, Russland und China. Und selbst wenn beispielsweise Deutschland, Frankreich und Großbritannien ebenso am Atomabkommen mit dem Iran beteiligt sind, so spielen deren diplomatischen Offensiven kaum eine Rolle. In Sachen Nordkorea oder Venezuela sind sie so oder so völlig außen vor. Eigenständige Initiativen braucht man nicht zu erwarten. Und sonst? Sonst werden sie ohnehin mehr als US-Anhängsel wahrgenommen.
Die EU braucht eine Reform
Die Zeiten haben sich geändert. Kein Wunder, dass der Brüsseler Apparat nach mehr Zentralisierung und mehr Macht ruft. Ein EU-Superstaat könnte wirtschaftlich mit den USA und China konkurrieren und mit einer eigenen EU-Armee wäre auch auf geopolitischer Ebene durchaus etwas machbar. Dem stehen einerseits die Patrioten und Nationalisten in den einzelnen Ländern gegenüber, aber auch die Transatlantiker in den eigenen Politreihen. Letztere wollen Europa möglichst noch lange als „Wurmfortsatz“ der Vereinigten Staaten behalten. Zu viel Eigenständigkeit ist gegen die US-Interessen.
Kein Wunder also, dass Russlands Präsident, Wladimir Putin, erst kürzlich verlautbaren ließ, dass sein Land vielmehr an einem stabilen Europa interessiert ist. Klar: Ein starkes, eigenständiges „Europa“ (also im Sinne der EU) passt gut in die neue multipolare Weltordnung und weist auch die Amerikaner in die Schranken. Mit den Europäern selbst kann Russland besser verhandeln als mit ihnen als US-Befehlsempfänger. Das weiß auch Putin.
Die „Europäer“ müssen eben nur noch einen Weg finden, wie sie einerseits die Auflösung der Nationalstaaten in einen EU-Superstaat verhindern und trotzdem eine eigenständige und starke Politik durchführen können. Eine Politik, die sich an der neuen multipolaren Weltordnung orientiert, in der auch die Europäer ihren Platz haben. Und zwar als eigenständige Entität und nicht als US-Vasall.
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