Rui Filipe Gutschmidt – 2. Dezember 2019
Luis Fernando Camacho, ein „radikaler Christ“, hat seit dem 20. Oktober – Tag an dem Evo Morales die Wahlen gewann, zu denen er laut Verfassung nicht mehr hätte antreten dürfen – die Proteste als „einfacher Bürger“ gegen die Regierung angeführt. Jetzt ließ er die Maske fallen und kündigte seine Kandidatur aufs Präsidentenamt an.
Der als „Macho Camacho“ bekannte Präsident des Bürgerkomitees von Santa Cruz, der Hochburg der weißen Minderheit, hat seine Kandidatur auf das Amt des Präsidenten der Republik Bolivien per Twitter angekündigt. Dabei sind die Ambitionen des ultrareligiösen schon lange kein Geheimnis, obwohl er diese immer geleugnet hatte. „Man darf niemanden vollends vertrauen, selbst wenn er mit „geschlossenen Beinen“ und dem Rosenkranz um den Hals schwört, dass er mit der Politik nichts am Hut hat.“ Damit will er sagen, dass er in Wahrheit immer schon ein politisches Amt angestrebt hat und dass es normal wäre wenn man diese Ambitionen leugnet.
Der „bolivianische Bolsonaro“ hat im Hintergrund gewirkt, während Proteste gegen die sozialistische Regierung von Evo Morales, deren Kompromissbereitschaft am Ende auch nichts brachte, aus dem Ruder liefen und fanatisierte Massen Hand in Hand mit Polizei und Militär jagt auf MAS-Mitglieder – der Partei von Ex-Präsident Morales – machten. Oder wie ich es in meinem letzen Artikel zum Thema Bolivien schrieb:
„Das Militär, Polizei und Miliz, haben die MAS-Mitglieder (Evo Morales Partei), Pro-Morales Demonstranten und Ureinwohner angegriffen und bedroht.“
Die provisorische Präsidentin, Jeanine Añez, die auf einer Bibel den Amtseid ablegte, die von Camacho in La Paz extra zu diesem Zweck hinterlegt worden war, als er versprach, das Wort Gottes wieder in den Präsidentenpalast zurückzuholen, da sein Vaterland Bolivien, Christus gehöre, ebnet ihm hierbei den Weg. Doch bei all den christlichen Phrasen ist den Hintermännern der Putschisten nur eines wichtig. Der alten Elite des Landes wieder die Machtstellung zu geben, die sie vor Evo Morales inne hatte.
Aber mit den Evangelisten und radikalen Freikirchen allein kann er die Wahl nicht gewinnen. Er streut hierzu Salz in die Wunde, die bei Streitigkeiten zwischen den eher konservativen Indios und den kräften die weiter Links von Morales stehen entstand. Marco Pomari, der den Bergarbeitern in Potosi vorsteht, schloss sich dem Protest gegen Morales an und auch ein Führer der Aymara, Nelson Condori, wandte sich gegen Morales, mit dem Argument von Evo enttäuscht worden zu sein.
Im laufe der Kampagne gegen Morales hat Macho Camacho den Herausforderer von Evo bei den letzten Wahlen, den Mitterechts-Kandidaten Carlos Mesa immer mehr ausgeblendet. Alles wurde minutiös geplant, um jetzt einen „Parteilosen“ als „Retter der Nation“ im Namen der Moral und mit dem Segen Gottes zu präsentieren. Dabei ist Camachos persönlicher Anwalt schon dabei als „Minister der Präsidentschaft“ das zukünftige Büro des 40-jährigen Ultrakonservativen herzurichten. Der Wahlsieg von Luis Fernando Camacho, der nie ohne Rosenkranz – Zeichen der ultrareligiösen Christen in Südamerika – zu sehen ist, scheint bereits bereits festzustehen. Doch das Volk hat auch noch ein Wörtchen – bzw ein Kreuzchen – mitzureden. Ironisch wäre es doch, wenn die scheinheiligen Verfechter des „Kreuzzugs der Demokratie“ ausgerechnet von einem Kreuz geschlagen werden… Dem Kreuz auf dem Wahlzettel!
Ebenfalls wichtig zum Thema Bolivien:
https://info-welt.eu/bolivien-2/
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