Rui Filipe Gutschmidt – 22. Januar 2021
Portugal braucht keine Schuldzuweisung, sondern Lösungen!“ Catarina Martins, Vorsitzende des Linken Blocks, übt lieber konstruktive Kritik an den Maßnahmen der Regierung. Das rechte Politspektrum andererseits geht den Weg der gegenseitigen Schuldzuweisungen und dumpfer Wahlpropaganda. Die Wahl des Präsidenten sollte in Zeiten des Notstands bei den wichtigen Entscheidungen aber keine Rolle spielen. Die privaten Kliniken müssen jetzt ihren Anteil leisten!
Nach einem außerordentlichen Treffen mit dem Ministerrat kündigte Premierminister António Costa letzten Montag eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen an, um das exponentielle Wachstum der Pandemie in Portugal zu stoppen. Hier die aktuellen Zahlen in Portugal, die auf einem traurigen Höhepunkt angekommen sind:
https://news.google.com/covid19/map?hl=de&gl=DE&ceid=DE%3Ade&mid=%2Fm%2F05r4w
Dies sind die neuen Maßnahmen:
1.- Der Verkauf oder die Lieferung von Produkten am Ladentisch ist in allen Einrichtungen des Nicht-Ernährungssektors, wie z. B. Kleidung, verboten.
2.- Der Verkauf oder die Lieferung von Produkten jeglicher Art von Getränken wie Kaffee ist in Lebensmittelbetrieben verboten, die zum Take-Away befugt sind.
3.- Es ist verboten, an der Tür oder auf der Straße in der Nähe von Lebensmittelbetrieben zu verweilen um Lebensmittel zu konsumieren.
4.- Alle Restaurants in Einkaufszentren sind geschlossen, selbst zum Mitnehmen (Take-Away).
5.- Alle Discount-Aktionen, Werbeaktionen und Verkaufskampagnen, die die Ansammlung und Konzentration von Menschen fördern, sind verboten.
6.- Es ist verboten, sich in öffentlichen Freizeiträumen wie Parks aufzuhalten, die zwar besucht werden können, aber keine Orte längeren Aufenthalts sein dürfen.
7.- Aufforderung an die Bürgermeister, den Zugang zu Orten mit hoher Konzentration von Menschen wie See- und Flussufer zu beschränken und das Verbot der Verwendung von Parkbänken, Spielplätzen oder Sportgeräten auch für individuelle Sportarten wie Tennis zu signalisieren;
8.- Seniorenuniversitäten, Tagesstätten und Sozialzentren bleiben geschlossen;
9.- Alle Arbeitnehmer, die reisen müssen, um präsenziele Arbeit zu leisten, benötigen einen vom jeweiligen Arbeitgeber ausgestellten Passierschein.
10.- Alle Dienstleistungsunternehmen mit mehr als 250 Arbeitnehmern müssen innerhalb der nächsten 48 Stunden an die Behörde für Arbeitsbedingungen die nominelle Liste aller Arbeitnehmer senden, deren präsenziele Arbeit sie für unverzichtbar halten.
11.- Bewegungsverbot zwischen Gemeinden am Wochenende;
12.- Alle Einrichtungen jeglicher Art müssen an Werktagen um 20.00 Uhr und am Wochenende um 13.00 Uhr schließen, mit Ausnahme des Lebensmitteleinzelhandels, der am Wochenende bis 17.00 Uhr geöffnet sein kann.
António Costa verwies auch darauf, dass diese Maßnahmen „von einer Verstärkung der Inspektion durch die Behörde für die Arbeitsbedingungen und durch die Sicherheitskräfte begleitet werden, die entschlossen sind, ihre Präsenz auf den Straßen und in der Nähe von Schuleinrichtungen besser sichtbar zu machen.
Doch diese Massnahmen stossen vielen schwer auf. Die Portugiesen haben es satt, da der Nutzen nicht nachvollziehbar ist. Mir scheint, dass das Limit der Leidensfähigkeit überschritten wurde und es eine klare Tendenz gibt, den Populisten zu folgen, die den Menschen erzählen was sie hören wollen. Der rechtsextreme rassist André Ventura ist so ein Populist und seine Kandidatur für das Präsidentenamt gibt ihm die Bühne die er dazu braucht.
Den Weg der konstruktiven Kritik geht andererseits die Linke Portugals. Kommunisten, Grüne und der Linke Block wollen Massnahmen, die eine weitere Verarmung der Arbeiterklasse verhindern und die das kollabierende Gesundheitssystem retten sollen.
Dabei bricht Catarina Martins, Vorsitzende des Linken Blocks (Bloco Esquerda – BE) ein Tabu, in dem sie die Verpflichtung der privaten Gesundheitseinrichtungen, wie beispielsweise Kliniken, Ärzte und Labors fordert. Die privaten Krankenhäuser und Kliniken haben dem staatlichen Gesundheitssystem nur etwa 160 Betten für Covid-19 Erkrankte und 890 für „Nicht-Covid Patienten“ bereitgestellt. Das entspricht aber nur 10 Prozent der Kapazitäten. Noch dazu lassen sie sich diese Bereitstellung vom Staat gut bezahlen und verdienen dadurch noch mit der Notsituation des Landes.
Premierminister António Costa sagte im Parlament, dass er „keine unnötigen Konflikte“ schaffen wolle. Er sei noch nicht bereit, einen so radikalen Schritt zu unternehmen. Wenn es aber sein muss, dann geht er auch diesen Weg. Dieser Zeitpunkt sei aber noch nicht gekommen und eine „freiwillige Bereitstellung“ sei ihm allemal lieber als eine Zwangsrequisition.
Doch genau darin unterscheidet sich die Regierung von den linken Parteien. Es ist moralisch nicht vertretbar, dass die Interessen der privaten Gesundheitseinrichtungen vor die Bedürfnissen der Menschen gestellt werden. Andere Wirtschaftszweige stehen vor der Pleite und die Arbeiterklasse rutscht in extreme Armut ab, während private Krankenhäuser nd Kliniken fett an der Not verdienen.
Notstand ist für alle! Es darf nicht sein, dass manche schwer an der Pandemie verdienen, während der grössere Teil der Menschen noch schwerer unter der aktuellen Notlage leiden! Portugal erreicht täglich neue Rekordzahlen an Neuinfektionen und Todesfällen. Wenn nicht jetzt, wann dann Senhor Costa?
Nachtrag: Die Schulen und andere Bildungseinrichtungen setzen die nächsten 15 Tage den präsenzielen Unterricht aus.
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