2022: Die Armen erhalten lächerliche 10 Cent mehr Sozialleistungen pro Tag!

Volkskorrespondentin KikiRebell – 24. September 2021

KikiRebell

Rosige Zeiten für mich und alle Bezieher/innen von Sozialleistungen! Zum Jahresbeginn 2022 werden die Regelleistungen angehoben. Der Eckregelsatz soll um 3 Euro steigen. 3 Euro mehr Hartz-IV oder Sozialhilfe im Monat entsprechen 10 Cent am Tag, einer Anhebung von nicht einmal 1 Prozent und das in einer Zeit, in der die Inflationsrate in Deutschland bei 3,8 Prozent liegt und zum Ende des Jahres weiter steigen könnte. Schon daraus ergibt sich eine reale Kürzung.

Die Regierung beschloss für das kommende Jahr die Ausgaben für den gesammten Hartz-IV-Bereich zu senken. Der Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2022 sieht insgesamt 2,6 Milliarden Euro weniger bei den „Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende“ vor.

Für die konkrete Lebenssituation aller armen Menschen gilt weiterhin: Das Leben wird teurer, doch die Hartz-IV-Regelsätze wachsen nicht mit!
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Regelsätze 2022

Die jährliche Fortschreibung der Regelsätze zum 1. Januar 2022 erfolgt nach dem Sozialgesetzbuch XII auf Basis eines Mischindexes, der zu 70 Prozent die regelsatzspezifische Preisentwicklung und zu 30 Prozent die Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter berücksichtigt.

Grafik der Aufteilung des Regelsatzes für 2021. (2022 liegt noch nicht vor).

Gemäß § 8 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes erhalten Hartz-IV-Bedürftige jährlich 0,76 Prozent mehr Regelsatz – wobei auf volle Euro pro Monat aufgerundet wird.

Für 2022 bedeutet das:

  • Stufe 1 / Single-Haushalt von 446 auf 449 / + 3 Euro,
  • Stufe 2 / Partner innerhalb Bedarfsgemeinschaft von 401 auf 404 / + 3 Euro,
  • Stufe 3 / Junge Menschen unter 25 im Haushalt der Eltern von 357 auf 360 / + 3 Euro,
  • Stufe 4 / Jugendliche von 15 bis 17 Jahren von 373 auf 376 / + 3 Euro
  • Stufe 5 / Kinder von 6-14 Jahren Alleinstehende von 309 auf 311 / + 3 Euro.

Laut Statistischem Bundesamt sind Verbraucher die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke aktuell um 4,3 Prozent und für Energie um 11,6 Prozent gestiegen.

Alleinerziehende haben, wenn sie mindestens mit einem minderjährigen Kind zusammenleben, Anspruch auf Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 SGB II, welcher sich prozentual nach dem Regelsatz bemisst:

  • 1 Kind bis 7 Jahren = 36 Prozent,
  • 1 Kind ab 7 Jahren = 12 Prozent,
  • 2 Kinder bis 16 Jahren = 36 Prozent,
  • 2 Kinder ab 16 Jahren = 24 Prozent,
  • 1 Kind ab 7 Jahre und 1 Kind ab 16 Jahren = 24 Prozent,
  • 3 Kinder = 36 Prozent,
  • 4 Kinder = 48 Prozent

und 5 Kinder = 60 Prozent.

Ab dem 18. Geburtstag eines Kindes entfällt der Anspruch!
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Stromkosten

Der Regelsatz für einen Single beträgt in diesem Jahr noch 446 Euro. Von diesen 446 Euro sind vom Gesetzgeber 8,59 Prozent für den Posten „Energie und Wohninstandhaltung“ also monatlich 38,31 Euro für Strom vorgesehen.

Für eine Person, die alleine lebt, stehen im neuen Jahr 38,32 Euro monatlich für Strom zur Verfügung. Geht man von dem Durchschnitt, einem jährlichen Stromverbrauch von 1.500 Kilowattstunden aus, müssten Alleinstehende monatlich rund 47,50 Euro zahlen. Auf das gesamte Jahr gerechnet ergibt sich so ein Fehlbetrag von rund 110 Euro.

Die aktuelle Krise sorgt dafür, dass die Menschen deutlich mehr Zeit in den eigenen vier Wänden verbringen. Die direkte Folge davon ist ein höherer Stromverbrauch. Obendrein sind auch noch die Kosten pro Kilowattstunde gestiegen.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts stieg der Strompreis im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2019 um 6,8 Prozent, auf sage und schreibe 31,94 Cent pro Kilowattstunde. Die Gründe dafür sieht das Bundesamt zum einen in höheren Netzentgelten und zum anderen in den gestiegenen Kosten für Energie und Vertrieb.
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Weitere Einsparungen

  • Die Leistung für Unterkunft und Heizung fällt mit 11,2 Milliarden Euro um etwa 1,1 Milliarden Euro geringer aus.
  • Die Ausgaben für „Forschung, Untersuchungen und Ähnliches“ sind mit 16,5 Millionen Euro (minus 1,0 Millionen Euro) angesetzt.

Ohne großes Aufsehen ist kurz vor dem Ende der Legislaturperiode von der Bundesregierung nicht nur die geringe Regelsatzerhöhung, die eine reale Kürzung bedeutet, durchgepaukt worden, sondern wurden auch noch massiv im Haushalt für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II umgeschichtet und eingespart, sodass noch weniger als befürchtet bei den einzelnen Menschen unten ankommt.
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Berechnung ändern und die Nettolöhne erhöhen

Die Wohlfahrtsverbände und Erwerbsloseninitiativen fordern von der Bundesregierung zum einen die Anhebung der Grundsicherung von 449 Euro auf mindestens 600 Euro und dass die Anhebungen auf eine andere Berechnungsgrundlage gestellt werden, beziehungsweise mindestens die jeweils aktuellen Preissteigerungen umfassen.

Es war bisher so, dass die Regelsätze für Hartz-IV Jahr für Jahr in einem Fortschreibungsmechanismus zu 30 Prozent an die Entwicklung der Nettolöhne und zu 70 Prozent an die Preisentwicklung angepasst werden. Die dramatischen Lohneinbußen während der letzten 1 ½ Jahre haben diese Rechnung nun ad absurdum geführt. Die lächerlichen Lohnerhöhung die in dem Zeitraum „erkämpft“ wurden, sind den Gewerkschaften schon heute auf die eigenen Füße gefallen.

Auch die Frage, wer die Lasten der Krise trägt, ist mit der aktuellen Kürzung im Rechtskreis SGB II beantwortet. Es sind wieder einmal die armen Familien, denen die schon fast nichts mehr haben wird noch einmal in die Tasche gegriffen!
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Quellen:
Bundesagentur für Arbeit

Statistisches Bundesamt
Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ)
gegen-hartz.de
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