Palästina: Intifada, kleine Siege – Einheit

Redaktion RoterMorgen – 28. Oktober 2021

Daoud al-Ghoul, ein Aktivist aus dem Jerusalemer Stadtteil Silwan, beendete seine Veranstaltungstournee, die ihn nach Wien, Graz, Linz, Innsbruck, München, Stuttgart, Duisburg, Berlin und Frankfurt/M führte. Eine weitere Vortragsreihe wird ihn in verschiedene französische Städte führen. Dort allerdings vorrangig auch mit gewählten Abgeordneten als Zuhörer/innen.

Daoud al-Ghoul bei einem seiner Vorträge. Bild: Addameer

Daouds Auftreten ist zurückhaltend und bescheiden. Erst durch Nachfragen erfährt man, dass der Politologe und Reiseführer fast fünf Jahre in israelischen Gefängnissen verbringen musste – als politischer Gefangener zu einem guten Teil in Administrativhaft, also ohne Prozess. Er will es nicht in den Vordergrund stellen, denn viele Aktivisten, sagt er, müssten sehr viel länger in den Fängen der Besatzer verbringen. Sein Auftreten macht klar, dass er eine einflussreiche Persönlichkeit des politischen Widerstands gegen die Besatzung ist.

Daoud überbringt mit seiner Aufklärungsarbeit eine wichtige Botschaft der palästinensischen Bewegung, umso mehr, als sie über die hiesigen Medien nicht transportiert wird, im Gegenteil. Es ist eine neue Intifada im Gange, die vor allem die Jugend erfasst hat. Auslöser sind die fortgesetzten Vertreibungen aus Jerusalem, Sheikh Jarrar und Silwan sind die bekanntesten Beispiele. Aber die Mobilisierung dagegen hat sich auch auf die 1948 besetzten Gebiete sowie auf das Westjordanland ausgedehnt – Gaza ist als großes Gefängnis sowieso immer unter Spannung. Israel hat in bekannter Weise nicht nur Gaza abermals kollektiv bestraft, sondern auch den gewalttätigen Mob von rechtsextremen Siedlern zu Pogromen ermutigt. Der Widerstand dagegen konnte indes viele kleine Erfolge erzielen, wie beispielsweise die Entfernung der Sperrgitter am Damaskustor, dem traditionellen Platz der Palästinenser für soziale Zusammenkünfte und auch politische Proteste. Aber auch, dass einige Konfiskationen und Zerstörungen von palästinensischen Häusern durch die Besatzer verzögert oder verhindert werden konnten. Oder, dass israelische Kolonisten Beita wieder verlassen mussten. Neue Führungspersönlichkeiten haben sich entwickelt, ebenso wie ein organisatorisches Netzwerk. Und zuletzt auch die spektakuläre Flucht aus dem israelischen Hochsicherheitsgefängnis, die als Metapher steht.

Ohne Beweise und unter dem willkürlichen Vorwurf, eine Bedrohung für die Stadt zu sein, wurde ein in Jerusalem lebender Palästinenser aus seinem Zuhause ausgewiesen. Dagege protestierten sein Freunde. Bild: Biladi

Immer wieder heißt es bei uns, dass die Palästinenser unter sich so zerstritten seien. Doch die laufende Intifada vereinige das palästinensische Volk im Widerstand, so Daoud. Jede politische Kraft, die konkrete Initiativen setze, würde akzeptiert. Noch mehr, eigentlich wäre auch eine Zusammenarbeit zwischen den palästinensischen Parteien möglich, aber das würde von außen verhindert. Auch die inadäquate Führung hielte sich nur durch Unterstützung von außen.

Es ist insgesamt eine positive Nachricht: Nach zwanzig Jahren Terrorkrieg gegen das palästinensische Volk steht dessen Widerstand gestärkt und vereint dagegen! Wenn sich etwas am internationalen Kräfteverhältnis ändern sollte und die USA und der Westen seine bedingungslose Unterstützung für den israelischen Kolonialismus moderieren müssen, dann werden sich auch die Palästinenser verlorenes Terrain zurückholen können.
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Mehr zu diesem Thema bein der Palästinakomitee Stuttgart

Erstveröffentlichung am 16. Oktober 2021 auf »RoterMorgen«. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
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