Volkskorrespondent Rui Filipe Gutschmidt – 8. Februar 2022
Das Klima wandelt sich und in einigen Regionen der Welt kann man dies besonders stark merken. Die Iberische Halbinsel ist eine dieser Regionen, in der die Trockenheit schon seit langem ein Problem ist. Die Erderwärmung und der damit einhergehende Klimawandel ist aber nur ein Faktor in einer Region, in der das menschliche Eingreifen in die Natur seit Jahrhunderten für Probleme sorgt. Die Zeitschrift ECO zieht Bilanz.
Hier meine Übersetzung in Auszügen:
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Seit Monaten kaum Regen
„Die Dürresituation in Portugal ist besorgniserregend, sagen Experten, obwohl sie noch nicht das Niveau der schlimmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen erreicht hat. Die Landwirtschaft ist am stärksten betroffen. Seit November letzten Jahres verschlimmert sich die Situation und die Regierung sah sich veranlasst, Maßnahmen, wie z. B. die Einstellung der Stromerzeugung in einigen Staudämmen, zu ergreifen. Die Situation ist im Süden gravierender, betrifft jedoch das gesamte Staatsgebiet und hat Folgen für wie die Landwirtschaft, die bereits um Unterstützung bittet. Das portugiesische Institut für Meer und Atmosphäre (IPMA) prognostiziert, dass es im Februar wieder regnen wird, aber trotzdem wird erwartet, dass sich die Dürre in diesem Monat verschlimmert.
Im Januar „verglichen mit Dezember gab es eine signifikante Zunahme der Fläche und Intensität der Dürresituation, wobei das gesamte Gebiet von Dürre betroffen war. IPMA erklärte in einer Ende Januar veröffentlichten Mitteilung, dass 1 % der Fläche Portugals war von milder Dürre, 54 % von mäßiger Dürre, 34 % von schwerer Dürre und 11 % von extremer Dürre“ betroffen sind.
Diese Situation ist auf den Mangel an Regen zurückzuführen, wobei Prognosen für kurzfristige Niederschläge darauf hindeuten, dass der Januar des Jahres 2022 zu den drei trockensten der letzten 20 Jahre gehört. Dennoch sei der Schweregrad der meteorologischen Dürre „etwas geringer im Vergleich zur Situation Ende Januar 2005 (stärkste Dürre seit 2000)“.
Meteorologischer Regenindex verschlechtert sich im Januar
„Im Moment sind die Quoten der Stauseen besonders niedrig“, sagt Rui Cortes, Forstingenieur und Forscher an der Universität von Trás-os-Montes und Alto Douro, gegenüber ECO. Es gibt jedoch etwas „ein wenig Ungewöhnliches in dieser Situation im Vergleich zu den letzten Jahren der Dürre (2005 und 1996), nämlich die Tatsache, dass sie sich im ganzen Land ausgebreitet hat, insbesondere in Gebieten wie den nordwestlichen Flüssen – Lima, Cavado und Ave“, die „extrem niedrige Pegel aufweisen, was damals nicht vorkam“.
Der Spezialist weist darauf hin, dass die Situation bald extreme Ausmasse annehmen wird, weil in nächster Zeit Regnen zu erwarten ist“.
Betrachtet man das hydrologische Jahr vom 1. Oktober bis 25. Januar, weist der kumulierte Niederschlagswert laut IPMA-Daten ein Defizit von 45 % gegenüber dem Normalwert auf.
In diesem Zusammenhang beschloss die Regierung eine Aussetzung der Stromerzeugung in fünf Dämmen und ein Bewässerungsverbot im Barlavento-Becken. Von der Produktionseinstellung betroffen sind die Staudämme Alto Lindoso/Touvedo, Alto Rabagão, Vilar/Tabuaço, Cabril und Castelo de Bode do Zêzere, während die Bewässerungsbeschränkung für Bravura an der Algarve gilt.“
Maßnahmen lösen das Problem nicht langfristig
Es ist ein altes Problem, dass von den aufeinanderfolgenden Regierungen ignoriert und zum Teil durch falsche Entscheidungen sogar verschlimmert wurde. Die intensive landwirtschaftliche Nutzung beginnt bereits in Spanien, wo alle grösseren Flüsse die durch Portugal fliessen entspringen. Die verabredeten Quoten, die das Nachbarland durchlassen muss, werden nicht immer erfüllt, oder werden zeitlich so eingeteilt, dass Portugal das Wasser erst bekommt, wenn es nicht mehr so dringend ist. Doch Spanien kann auch kein Wasser herbeizaubern und hat oft selbst keines für seine überdimensionierte Landwirtschaft.
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„Cristina Matos, Forscherin bei UTAD, sagt gegenüber ECO, dass diese Maßnahmen „kurzfristig Wasser für den menschlichen Gebrauch garantieren“. Man kann damit jedoch kein Problem im Hinblick auf die Verhinderung und Milderung meteorologischer Dürren lösen und daher keine Lösungen für die daraus entstehenden Folgen für die Landwirtschaft erwarten.
Vorerst gelten die Maßnahmen für diese konkreten Fälle, aber der Umweltminister signalisierte, dass „am 1. März“ analysiert werde, „was noch getan werden muss“. „Wenn die Prognosen sehr düster sind, müssen wir über diese heute getroffenen Entscheidungen hinausgehen“, warnte João Pedro Matos Fernandes.
Was die Prognosen für die nahe Zukunft betrifft, so weist die IPMA darauf hin, dass „bis zum 3. Februar nicht mit signifikanten Niederschlägen zu rechnen ist“. Prognosen deuten jedoch darauf hin, dass der gesamte angesammelte Niederschlag im Monat Februar „in praktisch dem gesamten Gebiet geringer als normal“ sein sollte. So sei „die Verschlechterung der meteorologischen Dürresituation Ende Februar auf dem gesamten Territorium sehr wahrscheinlich“.
„Nur wenn es anfängt zu regnen, können wir eine verbesserte Situation haben“, betont Rui Cortes, deshalb „ist es in dieser Situation unerlässlich, Prioritäten zu definieren, und die Priorität muss auf der Ebene der öffentlichen Versorgung liegen“.
Kleinbauern dürften am stärksten betroffen sein
„Die Dürresituation hat einige Sektoren in Mitleidenschaft gezogen, wobei Kleinbauern wahrscheinlich zu denjenigen gehören, die am meisten unter den Folgen dieses Phänomens leiden werden. Die Verbände der Landwirtschaft haben bereits vor der Notwendigkeit staatlicher Unterstützung zur Bewältigung dieser Situation gewarnt.
Wie Cristina Matos erklärt, ist die „unmittelbarste Folge einer meteorologischen Dürre normalerweise eine landwirtschaftliche Dürre und folglich eine agrometeorologische Dürre, die direkte Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit im Boden und folglich auf die Pflanzenproduktivität haben wird“. Zu einem anderen Zeitpunkt sei auch mit der „folgenden hydrologischen Trockenheit zu rechnen, die sich im Stauzustand der Stauseen und Wasserleitungen bemerkbar macht“.
„Diese Situationen führen zu erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen, beginnend mit dem Sektor, der am unmittelbarsten vom Wasser abhängt, nämlich dem primären Sektor, der Landwirtschaft“, betont sie.“
Die Dürresituation sei „sehr besorgniserregend“.
CNA (Landwirtschaftsverband) will Unterstützung
„Der Forscher Rui Cortes bestätigt diese Aussage und weist darauf hin, dass die Situation „Folgen auf der Ebene der gesamten Landwirtschaft hat“, und auf unmittelbarerer Ebene „Kleinbauern betroffen sein werden“. Große Landwirte werden eher bereit sein, die Kosten zu tragen, die höher sein werden, aber „die Kleinen werden nicht die Möglichkeit haben“, also „wird es eine Diskrepanz geben und es muss Unterstützung für die Landwirtschaft geben für diejenigen, die die Kosten nicht tragen können“.
Der Nationale Landwirtschaftsverband (CNA) hatte ebenfalls davor gewarnt, dass die Dürre bereits „ziemlich besorgniserregend“ sei, insbesondere im Süden, und darauf hingewiesen, dass Maßnahmen hätten ergriffen werden müssen und dass sich die Situation in den Preisen widerspiegeln könnte. Die Vereinigung der Landwirte Portugals (CAP) warnte davor, dass angesichts der Dürre alle Winteraktivitäten beeinträchtigt seien, und stellte fest, dass die Viehbestände in eine „extrem schwere Situation“ geraten, und forderte ein Eingreifen der Regierung.
Auch die Bürgermeister der Algarve haben sich zu der Situation geäußert, wobei der Präsident der Interkommunalen Gemeinschaft der Algarve ein „Umdenken“ der Landwirtschaft in der Region forderte. Im Gespräch mit Radio Renascença verteidigt António Pina die Möglichkeit eines „Quotensystems für den Zugang zu Wasser, ähnlich dem, was in der Fischerei praktiziert wird“.
Die Struktur der portugiesischen Wirtschaft
nimmt keine Rücksicht auf den Wassermangel
Also nochmal zu den Bürgermeistern an der Algarve. Umdenken? Gut. Dann sollten sie mit den Golfplätzen beginnen, die immer so schön grün sind. Während den großen Hotels und den Casinos an Portugals Südküste nie das Wasser fehlt, muss sich die Bevölkerung, besonders im Hinterland, mit Wasserknappheit herumschlagen. Ich wette, meine Leser können darüber berichten.
Aber auch die Eukalyptus-Pflanzungen, die den Wirtschaftsinteressen einiger weniger dienen, senken den Grundwasserspiegel stark und nutzen die Trockenheit und daraus resultierende Waldbrände, um sich weiter zu verbreiten.
Dann wären da noch die Staudämme. Ja, die Regierung hat die Stromerzeugung bei 5 Staudämmen vorübergehend untersagt, aber die Mauscheleien bei der Privatisierung des portugiesischen Stromerzeugers EDP und die erst kürzlich weiterverschebelten Wasserkraftwerke, bei denen der portugiesische Staat um die eigentlich fälligen Steuern geprellt wurde, lassen dann doch die Frage nach einer Renationalisierung aller Staudämme und Stauseen. Die Wasser- und Stromversorgung gehört in staatliche Hände, denn diese Ressourcen gehören dem ganzen Volk.
Die Ausbeutung der Ressourcen darf nicht länger den Interessen privater Unternehmen und Aktiengesellschaften überlassen werden. Das gilt insbesondere für die Wasserversorgung. In Portugal darf diese zwar nicht privatisiert werden, aber die Städte und Gemeinden bedienen sich einem einachen Trick. Konzessionierung! Private Unternehmen übernehmen die öffentlichen Dienste wie Wasserversorgung, Abwasser oder Müllentsorgung. Das diese Unternehmen eine Monopolstellung haben scheint niemanden so recht zu stören. Nur die Endverbraucher, die gezwungen sind horrende Preise für schlechten Service zu bezahlen, sind nicht begeistert von den faulen Geschäften, die oft Verträge von bis zu 50 Jahren Laufzeit abschließen.
Somit braucht Portugal, wie auch jedes andere Land:
- Eine zentrale Planung der kompletten Infrastruktur in der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser.
- Ein nationales Netzwerk von Kläranlagen und Filterstationen als Teil eines zentralen Abwassernetzes
- Forstwirtschaft. Auch die Wälder sollten größtenteils in staatliche Obhut und zu Naturschutzgebieten erklärt werden. Wenn wir Europäer in Afrika, Asien und Lateinamerika den Schutz der Regenwälder (völlig zurecht) einfordern, dann sollten wir mit gutem Beispiel voran gehen. Der Eukalyptus gehört nicht nach Europa. Hier wirkt die australische Baumspezies als invasive Pflanzenart, die dem Ökosystem großen Schaden zufügt.
- Landwirtschaft – die EU hat durch seine Regelungen und Beschlüsse einen großen Einfluss auf die portugiesische Landwirtschaft ausgeübt. Doch diese Einmischung wurde ausschließlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten unternommen, wobei die Interessen der Portugiesen kaum eine Rolle spielen. Die Notwendigkeit einer adäquaten Wassereinteilung wird den Interessen der agroindustriellen Großbetriebe untergeordnet. Dabei sind Schweine- und Hünermastbetriebe auch in Hinsicht auf immer wiederkehrende Verstösse gegen die Umweltschutzauflagen auffällig, wenn sie ihre Jauchegruben direkt in die Flüsse entlehren, von der Papierindustrie ganz zu schweigen.
- Staudämme – mit Steuergeldern und auf Kosten ganzer Dörfer und archäologischer Stätten, die Jahrzehnte auf dem Grund der Stauseen schlummern und jetzt wieder zum Vorschein kommen, gebaut, dienten diese Megabauten ursprünglich der Regulierung der Flusspegel, um die Überschwemmungen zu kontrollieren, die immer wieder die Uferregionen der großen Flüsse betrafen. Kurz gesagt: Renationalisierung, Verstaatlichung!
Also ist die Trockenheit in Portugal nicht nur eine Frage des Klimawandels, sondern hat eine ganze Reihe von Ursachen, die meist struktureller Natur sind. Deshalb müssen die privaten Wirtschaftsinteressen ein für alle mal dem Allgemeinwohl untergeordnet werden. Ein Thema, dass nicht nur in Portugal zur Diskussion gestellt werden muss, sondern auch in Spanien, Griechenland und so vielen anderen Regionen der Welt.
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Ein sehr beeindruckendes Video von Altominho TV
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