Schlagwort: Das kapitalistische System

  • Kuba: Ratschläge von falschen Freunden

    Kuba: Ratschläge von falschen Freunden

    Volkskorrespondent Fiete Jensen – 13. Februar 2021

    Fiete Jensen

    »Was schert mich mein Geschwätz von gestern?« fragte sich der Parteivorstand der Partei Die Linke (PdL) am 23. Januar und fasste einen einstimmigen Beschluss unter dem Titel »Solidarität mit Kuba« und erklärte sich mit den, wie es heißt, „demokratischen Menschenrechtsaktivisten/-innen“ in Kuba solidarisch.

    Mit diesen angeblichen „Menschenrechtsaktivisten/-innen“ ist konkret eine Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern gemeint, die sich als „Movimiento San Isidro“ bezeichnen und nach der Verhaftung eines ihrer Mitglieder, des Rappers Denis Solís, in den Hungerstreik getreten sind. Während die genauen Umstände und der Ablauf seiner Verhaftung nicht von entscheidender Bedeutung sind, lässt sich nicht bestreiten, dass Solís ein bekennender Anhänger Donald Trumps ist und politisch fern jedweder progressiver Haltung zu charakterisieren ist. Über diesen Umstand schwiegen sich die Autoren des Antrages der Emanzipatorischen Linken ebenso aus wie über das Eingeständnis von Solís, direkte Kontakte zu rechtsextremen und antikubanischen Kräften in den USA zu haben.

    Der amtierende Unterstaatssekretär des Amtes für Angelegenheiten der westlichen Hemisphäre des US-Außenministeriums, Michael Kozak, freut sich über den neuen verbündeten und protestierte gegen die Verurteilung und Inhaftierung des kubanischen Rapper Denis Solís. Bild: casblanca app

    Ein Aufschrei in vielen linken Kreisen und Organisationen, Kritiken und Verurteilungen in der linken Presse und den Sozialen Medien führten nicht zu einer Stellungnahme des Parteivorstandes der neuen Sozialdemokraten.

    Der Bundesvorstand der Freundschaftsgesellschaft BRD–Kuba erklärte am Donnerstag dazu:

    Bundesvorstand der Freundschaftsgesellschaft BRD–Kuba – 9. Februar 2021

    Wer unter dem Deckmantel der Unterstützung »kritischer Künstler« an einem Regime-Change in Kuba arbeitet, steht nicht auf der Seite des kubanischen Volkes und wirkt aktiv an der Restauration des Neokolonialismus auf Kuba mit. Mit seinem Beschluss stellt sich der Parteivorstand der Linken offen gegen die Kubanische Revolution. Unverhüllt wird der sogenannte Dialog mit angeblich »kritischen Künstlern« gefordert. Diese Forderung nützt einzig und allein jenen Kräften, die nichts anderes im Sinn haben, als auch auf Kuba möglichst schnell einen Regime-Change durchzuführen. Dementsprechend feiern die Contras in Miami und die Gegner der Kubanischen Revolution in Washington den Beschluss in ihren Gazetten und sozialen Medien.

    Jene Kräfte, welche nun auch die Linkspartei der Öffentlichkeit als »Demokraten« verkaufen will, stehen eben gerade für das Ende der Demokratie und der Selbstbestimmung des kubanischen Volkes. Sie machen keinen Hehl daraus, dass sie ihre Instruktionen und ihre Bezahlung aus Washington erhalten. Sie befürworten die Verschärfung der unrechtmäßigen Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der USA gegen Kuba und damit des Leids, welches diese tagtäglich über das kubanische Volk bringt. Ihr politisches Programm reduziert sich auf die Forderung einer US-Intervention in Kuba.

    Die Forderung nach der Unterstützung dieser sogenannten Demokraten führt alle anderen scheinbar kubafreundlichen Forderungen, die im selben Dokument aufgeführt sind, ad absurdum. Dass es keine Gegenstimmen gegen den Antrag gab, ist ein Armutszeugnis. Mit Internationalismus und Solidarität, wie der Titel des Beschlusses nahelegt, hat das nichts, mit opportunistischer Anbiederung an den politischen Mainstream dagegen sehr viel zu tun. Die Freundschaftsgesellschaft BRD–Kuba solidarisiert sich mit allen aufrechten Internationalistinnen und Internationalisten, die weiterhin innerhalb der Linkspartei für eine ehrliche Solidarität mit Kuba eintreten, insbesondere mit der Arbeitsgemeinschaft Cuba Sí. Gerade in diesen Zeiten verdient das sozialistische Kuba unsere Solidarität. Mit all ihren Errungenschaften und historischen Erfahrungen, mit der internationalen Ausstrahlungskraft, die sie sich mit einer über sechs Jahrzehnte währenden Prinzipienfestigkeit erworben hat, hat die Kubanische Revolution keine Ratschläge nötig, schon gar nicht von falschen Freunden.

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  • »Mindestlohn« die Beruhigungspille der Wirtschaftsbosse!

    »Mindestlohn« die Beruhigungspille der Wirtschaftsbosse!

    Redaktion RoterMorgen – 12. Februar 2021

    Allen Warnungen vor Massenarbeitslosigkeit zum Trotz wurde am 1. Januar 2015 der Mindestlohn in Deutschland eingeführt – und plötzlich erhielten viele Kollegen/-innen mehr Lohn. Das führte aber weder zu mehr Wohlstand noch wurde so der für die Wirtschaftsbosse lukrative Wirtschaftsstandort Deutschland geschwächt.

    In Deutschland gibt es immer noch viele Lohnabhängige, die von der „Reform“ keinen Nutzen haben. Ausgeschlossen sind Auszubildende und Menschen mit Behinderung die in sogenannten Werkstätten arbeiten. Kollegen/-innen unter 18 Jahren, die keine Ausbildung haben, erhalten deutlich, unverständlicher Weise, noch weniger Geld.

    Mindestlohn 2015 bis 2022 in Deutschland. Grafik der Mindestlohn-Kommisson

    Bürgerliche Journalisten nehmen sich dieser Thematik ungern kritisch an, da hier häufig gilt: »Wess Brot ich ess, dess Lied ich sing«. Immerhin waren es ja die Zeitungsverleger, denen es mit einem unheimlichen Lobbyismus gelang, dass der Mindestlohn für Zeitungszusteller erst sehr viel später eingeführt wurde.
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    Reinhold Schramm fand im Netz »Arm trotz Mindestlohn?« –
    Ein Gespräch zwischen Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt,
    auf der Seite »WOHLSTAND FÜR ALLE«.
    wofür wir ihn danken. Das Gespräch ist sehr interessant
    und enthält viele Hintergrundinformationen.
    (Nicht alle Randbemerkungen entsprechen der Meinung der Redaktion!)

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    Wir fordern:

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    Gleichen Lohn für gleiche Arbeit!
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    Mindestlohn für jeden Azubi!
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    Sofortige Beendung der scharmlosen
    Ausbeutung von Kollegen/-innen
    mit Handicap in Werkstätten!

     

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  • Verschwörung überall…

    Verschwörung überall…

    Gastautor Rüdiger Rauls – 7. Februar 2021 (Quelle RoterMorgen, 6. Febr. 2020)

    Die Corona-Krise verschärft die Diskussionen um sogenannte Verschwörungstheorien. Die Zahl der Anhänger wie Mahner wächst. Aber nicht die Existenz solcher Theorien ist neu sondern die Wucht ihres Einflusses auf die Gesellschaft.
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    Meinungsbildung

    Verschwörungstheorien waren seit jeher wesentlicher Bestandteil des Stammtischs. Rechthaber, Selbstdarsteller und Besserwisser überboten sich in den wildesten Theorien über die Hintergründe gesellschaftlicher und politischer Ereignisse. Fast jeder gab vor, tiefere Einblicke zu haben in die Geschehnisse, oftmals gar aus erster Hand. Jeder hat eine Meinung zu allem oder glaubt, eine haben zu müssen, auch wenn er vom Thema wenig weiß und noch weniger versteht.
      Es handelt sich also bei den sogenannten Verschwörungstheorien keineswegs um neue Erscheinungen, wie die Meinungsmacher der Bevölkerung weismachen wollen. Neu ist vielmehr, dass sich immer mehr Menschen von den offiziellen Darstellungen gesellschaftlicher und politischer Ereignisse abwenden. Neu ist auch, dass eine wachsende Zahl von Bürgern sich eigene Erklärungen schafft zu gesellschaftlichen Vorgängen, auf die sie sich keinen Reim mehr machen können.
      Um diese Theorien herum bilden sich Gemeinschaften, in denen Einvernehmen herrscht über die Inhalte dieser Deutungen. Damit entfernt sich ein großer Teil der gesellschaftlichen Meinungsbildung von den Parteien, die bisher den Ort dafür darstellten. Meinungsbildung sucht sich andere Nährböden. Dabei sind die sogenannten Verschwörungstheorien nicht Ausdruck politischer Orientierung. Sie greifen um sich sowohl in den rechten als auch in den linken Kreisen der Gesellschaft.
      Als Auslöser für diesen Bedeutungszuwachs kann die Flüchtlingskrise des Jahres 2015 angesehen werden. Von da an werden politische Proteste zunehmend von solchen sogenannten Verschwörungstheorien unterfüttert. Sie bilden deren Rechtfertigung und Antrieb. Sie schaffen Zusammenhalt und Identität, aber auch zugleich die Grenzen für den Meinungsaustausch mit anderen Sichtweisen.

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    Information und Deutung

    Bei den meisten Menschen steht hinter aller Theoriebildung der Versuch, die Wirklichkeit zu erkennen und die Wahrheit hinter der Wirklichkeit zu ergründen. Theorien sollen verstehen helfen. Aber mit dem Wahrnehmen und Erkennen der Wirklichkeit alleine scheint es nicht getan zu sein.
      Denn obwohl die Fakten für alle gleich sind, sind die Meinungen und Theorien trotzdem verschieden, die sich auf der Grundlage derselben Fakten entwickeln. Weshalb wird die Wirklichkeit, obwohl sie doch für alle gleich zu sein scheint, unterschiedlich gesehen? Es stellt sich also auch die Frage nach der Wahrheit hinter der Wirklichkeit.
      Beispielsweise beträgt der Anteil des Kohlendioxids in der Luft 0,04%. Diese Tatsache ist für Befürworter wie Gegner der Treibhaus-Theorie gleich. Trotzdem unterscheiden sie sich in der Deutung dieser Tatsache. Die einen halten diese Menge für gefährlich, die anderen sehen sie eher als gering an im historischen Vergleich.
      Meinungsbildung ist also nicht allein abhängig von einer sauberen Faktenlage, sondern in ganz erheblichem Maße auch von den Schlüssen, die aus den Informationen gezogen werden. Es geht um die Deutung der Vorgänge. Was sagen die Fakten aus über die Vorgänge in der Gesellschaft? Welche Kräfte wirken da und in welche Richtung treiben sie die Entwicklung? Was kommt zum Vorschein und will anders werden?

    Katzen regieren die Welt: Die Weltkarte illustriert eine der verrücktesten Verschwörungstheorien – die von vielen ernst genommen wird.

    Daran wird deutlich: Die Frage nach der Entwicklung ist die eigentlich wichtige politische Frage, nicht die nach der Verfügbarkeit von Informationen. Die heutigen Gesellschaften sind mit Informationen überflutet. Was fehlt ist die Orientierung in der Nutzung und Deutung dieser Fakten. Viel wichtiger ist also herauszufinden, was die Tatsachen ausdrücken, in welche Entwicklung sie einzuordnen sind und wie sie darin einzuordnen sind?
      In diesem Sinne stellt sich weniger die Frage, ob die sogenannten Verschwörungstheorien inhaltlich richtig oder falsch sind. Es wird auch wenig nutzen, ihnen andere Sichtweisen oder alternative Fakten entgegen zu setzen wie ein intellektuelles Antiserum. Und schon gar nicht hilft es, verbindliche Wahrheiten festlegen zu wollen, möglichst noch versehen mit einem TÜV-Siegel für offizielle Wahrheit.
      Wirklichkeit und Wahrheit sind Erkenntnisprozesse, die nicht verordnet werden können. Das ist schon bei der Inquisition schief gegangen und daran hat auch die Schaffung von Dogmen und Glaubensbekenntnissen wenig ändern können. Wahrheit kommt erst zum Vorschein auf dem Weg des sachlichen Meinungsaustausches im ernsthaften Interesse an Erkenntnis. Das ist ein Bewusstwerdungsprozess, keine schein-demokratische Veranstaltung, wo darüber abgestimmt und Konsens hergestellt wird, was Wahrheit ist und was nicht.
      Viel wichtiger als das Festlegen unverbrüchlicher Wahrheiten zu den Aussagen der Verschwörungstheorien, ist doch vielmehr die Frage: Was drückt deren inflationäre Zunahme aus über den Zustand der Gesellschaft? Was äußert sich in dem verzweifelten Kreuzzug von selbsternannten oder öffentlich bestellten Wahrheitskommissionen gegen solche Sichtweisen und Entwicklungen?

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    Triebkräfte

    Was ist im Gange? Hunger und Unzufriedenheit sind oftmals Triebkräfte für gesellschaftliche Explosionen. Für die entwickelten kapitalistischen Staaten ist der Hunger weitgehend bedeutungslos geworden. Dafür steigt aber seit Jahren die Unzufriedenheit über die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Wertewesten.
      Diese Unzufriedenheit trat offen und massiv mit Pegida im Verlaufe der Flüchtlingskrise von 2015 zu Tage. Sie brach sich als Islamfeindlichkeit Bahn. Diese war aber nicht Teil einer besonderen deutschen oder gar ost-deutschen DNA. Diese Islamfeindlichkeit war Ergebnis jahrelanger Meinungsbildung durch Teile der Medien, Politik, sogenannter Experten und der Geheimdienste in den westlichen Gesellschaften.
      Dem Wertewesten waren nach dem Untergang des Sozialismus die Feindbilder ausgegangen. Wie sollte man vor einer Gesellschaft, die nach den Zerfall der Sowjetunion keine äußere Bedrohung mehr sah, rechtfertigen, dass immer noch gewaltige Summen in Rüstung und Geheimdienste flossen. Gleichzeitig trat man nämlich mit den Hartz-Gesetzen und der Agenda 2010 auf die Ausgabenbremse zulasten der arbeitenden Bevölkerung.
      Meinungsmacher arbeiteten daran, ein Gefühl äußerer Bedrohung durch Russland und zunehmend auch China herzustellen. Und unter dem Begriff des politischen Islam nährten sie die Ängste der Bevölkerung vor Feinden inmitten der eigenen Gesellschaft. Denn mit der Schaffung von Feindbildern in Form von Juden und Kommunisten war man in früheren Zeiten bereits erfolgreich gewesen. Dazu gehörten auch die mit deutscher Unterstützung und Beteiligung geführten Kriege in der islamischen Welt im Rahmen des von den USA ausgerufenen Kriegs gegen den Terror.
      Jedoch hatten die europäischen Staaten nicht mit den Fluchtbewegungen gerechnet, die diese Kriege in der islamischen Welt auslösten. Dementsprechend stand man dieser Entwicklung unvorbereitet und hilflos gegenüber. Und diese Flüchtlinge waren hauptsächlich Moslems. Damit entsprachen sie also genau jenem Feindbild, das in den westlichen Gesellschaften seit Jahren gepflegt worden war.
    Für viele Bürger war es unverständlich, dass gerade jene, die doch seit Jahr und Tag als Bedrohung unserer westlichen Lebensart dargestellt worden waren, nun auf einmal von der deutschen Kanzlerin, Teilen der Politik und der Medien zum Teil überschwänglich willkommen geheißen wurden. Das passte für sie nicht zusammen. Sie befürchteten nun gerade diese Islamisierung, vor der doch immer gewarnt worden war.
     Im Laufe dieser Entwicklung entstanden Deutungsansätze, die diesen Widerspruch zu erklären versuchten. Der Begriff der Umvolkung machte die Runde, die Vorstellung, dass die deutsche Politik die Deutschen durch Flüchtlinge und Ausländer ersetzen wollte. Aus Angst vor einer drohenden Islamisierung sowie dem befürchteten Verlust der eigenen nationalen Identität und gesellschaftlichen Stellung kam es zur Gründung von Pegida und ihren lokalen Ablegern in verschiedenen deutschen Städten.
    Hatten sich diese Menschen bisher im Einklang mit einer Politik gefühlt, die sich einer islamischen Bedrohung erwehren zu müssen glaubte, so waren sie nun über diesen Wandel in der öffentlichen Gesinnung verwundert. Sie fühlten sich von den Politikern, die sie gewählt hatten, nicht in dem Maße unterstützt, wie sie glaubten, erwarten zu dürfen.
    Als sie von Medien und Politik dann auch noch als Nazis in Nadelstreifen und gar Pack bezeichnet wurden, wuchsen Unmut, Ärger und Verbitterung. Eine Abkehr von den herrschenden Parteien und Medien setzte ein, die sich in einer Ablehnung der sogenannten Lügenpresse niederschlug.
      In der Folge mussten sie feststellen, dass sie nun in der Öffentlichkeit ähnlich verunglimpft wurden wie die sogenannten Islamisten, gegen die sie eigentlich die deutsche Gesellschaft hatten beschützen wollen. Sie wurden selbst zum Feindbild. Daraus entwickelte sich weitere Distanz zur sogenannten Mehrheitsgesellschaft und ihren Repräsentanten. Diese Vorgänge führten zur Vertiefung und Verfeinerung bestehender Erklärungsversuche, die in der Öffentlichkeit als Verschwörungstheorien bezeichnet wurden.

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    Vorgeschichte

    Das eigentliche Problem hinter dieser Entwicklung hin zu den sogenannten Verschwörungstheorien waren Hilflosigkeit und Unverständnis. Diese Menschen konnten sich die Widersprüche zwischen ihren Erwartungen und der Realität der herrschenden Politik nicht erklären. Nach dem Motto „Wir sind das Volk“ hielten sie sich für den Souverän, von dem alle Staatsgewalt ausgehen soll. Das war die Theorie.
      Aber alles, was sie seit den Hartz-Gesetzen und der Agenda 2010 erlebt hatten, passte nicht zu dieser Theorie. Besonders in diesem Zusammenhang hatten sie feststellen müssen, dass die Interessen derer, die sich als „das Volk“ bezeichneten, nur eine untergeordnete Bedeutung hatten. Alle anderen Interessen schienen wichtiger zu sein.
      Als die Banken strauchelten waren Hunderte von Milliarden sofort verfügbar, um diese zu retten. Auch für die Kriege war immer Geld da gewesen. Aber die Erhöhung der Hartz-Sätze um nur wenige Euro hatte zu monatelangen Diskussionen und dürftigen Ergebnissen geführt. Hinzu kam das speziell ostdeutsche Problem des Abstiegs vieler Menschen in die Arbeitslosigkeit nach der Wende.
     Diese Widersprüchlichkeit hatten viele nicht verstehen können und nach neuen Erklärungen gesucht. Den Deutungsversuchen der Meinungsmacher hatten sie lange genug zugehört, aber keine befriedigenden Erkenntnisse darin gefunden, wenn diese sich denn überhaupt mit solchen Themen beschäftigten. Aber gerade Medien und Politik waren es ja gewesen, die mit der ständig hinausposaunten Werteorientierung diese Missverständnisse geschaffen hatten, denen diejenigen aufgesessen waren, die sich nun empörten.
    Immer wieder wurde die Ausrichtung westlicher Politik an Werten hervorgehoben, besonders auch gegenüber den sogenannten Schurken-Staaten. Aber im alltäglichen Leben hatten viele Menschen nicht die Erfahrung gemacht, dass sich Politik und Wirtschaft an jenen Werten orientieren, die sie gerne vor sich hertrugen wie eine Monstranz. Man hatte den Menschen eingeredet, sie seien das Volk. Aber das Volk fühlte sich nicht beachtet. Nach ihrem Empfinden erhielten die Neuankömmlinge mehr Aufmerksamkeit als sie selbst. Dieses Unverständnis suchte nach Erklärung.
      Das war die Stunde der sogenannten Verschwörungstheorien. Je nach politischer Orientierung gingen diese Erklärungsversuche in unterschiedliche Richtungen. Sichtweisen wie die von der Umvolkung des deutschen Volkes zugunsten von Ausländern und Flüchtlingen durch Merkel und die etablierten Parteien bedienten eher das konservativ-nationalistische Gedankengut.
      Aber auch im linken Spektrum der Gesellschaft entstanden ähnliche wirre Erklärungsmodelle. Hier sah man Kapital und Eliten am Werke, die absichtlich und gezielt Flüchtlingsbewegungen in Gang gesetzt hatten, um sich billigere Arbeitskräfte sichern zu können. Auch vermutete man dahinter den Versuch vonseiten dieser Eliten oder eines sogenannten Tiefen Staats, eine nicht näher erklärte Neugestaltung der politischen Ordnung auf den Weg zu bringen.(1)

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    Danach

    Mit jeder weiteren Krise verfestigte sich fortan eine Vorstellung in Teilen der Bevölkerung, dass geheime und undurchsichtige Kräfte Verursacher, Lenker und Profiteure dieser Krisen seien. Die Undurchsichtigkeit und Unklarheit der Vorgänge führte man zurück auf die Unkenntlichkeit jener Eliten, denen man die Macht beimaß, die Geschicke ganzer Gesellschaften lenken zu können. Denn nur bei diesen vermutete man die nötigen Mittel dazu: Neben der Macht, das Geld, korrupte Helfer und ein allumfassendes Wissen zur Formung der Gesellschaft nach ihren Wünschen.
      Solche Denkweisen sind jedoch in erster Linie zurückzuführen auf mangelnde Kenntnis gesellschaftlicher Prozesse und die schwindende Fähigkeit, solche Vorgänge sachgerecht zu analysieren. Seit dem Untergang des Sozialismus und dem damit verbundenen Bedeutungsverlust der materialistischen Betrachtungsweise werden gesellschaftliche Ereignisse immer seltener auf der Grundlage der gesellschaftlichen Bedingungen und Gegebenheiten untersucht.
      Vielmehr herrscht bei der Betrachtung der Gesellschaft und der Untersuchung der Vorgänge in ihr eine Orientierung vor an Theorien und Modellen, die auf Idealvorstellungen und westlichen Wertvorstellungen gründen. So werden die gesellschaftlichen Ereignisse nicht als gesellschaftliche Entwicklungen verstanden und dargestellt, sondern moralisch behandelt als das Fehlverhalten von „verkommenen, verinzuchteten Eliten“, wie zum Beispiel Herrmann Ploppa es ausdrückte.(2)
      Deren Interesse besteht nach dieser Sichtweise darin, ihre geheimen und weitreichenden Pläne zur Profitmaximierung und Unterwerfung der Menschheit unter eine neue globale Ordnung umzusetzen. In solchen Vorstellungen äußert sich das Bewusstsein von Untertanen, die sich einer unbezwingbaren, weil in sich geschlossenen und kompakten Macht gegenüber sehen. Dass aber auch innerhalb der herrschenden Klasse Konkurrenz und Interessengegensätze wüten, wird in diesem Bild nicht wahr genommen.
      Das Bild eines geschlossenen Kreises, dessen Mitglieder unbekannt und unerkannt im Hintergrund die Fäden ziehen bis tief hinunter auf die untersten Ebenen der Gesellschaft, entspricht nicht der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Trotzdem aber verfestigt sich diese Vorstellung nicht nur sondern gewinnt auch an Breite. Dabei wird sie zunehmend von rechts orientierten Mitgliedern der Gesellschaft genau so akzeptiert wie von solchen, die sich selbst links verorten.
      Aber diese Vorstellung einer umfassenden Verschwörung ist nicht nur in den so bezeichneten Theorien zu finden. Eigentlich ist dieses Bild nichts weiter als die konsequente Fortsetzung einer Berichterstattung und Meinungsbildung, wie sie seit eh und je von jenen Medien betrieben wurden, die heute als Mainstream bezeichnet werden. Hier findet die Neigung zur Verschwörungstheorie ihren Ursprung, nicht bei jenen, die heute als Verschwörungstheoretiker bezeichnet werden.

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    Skandale als Erklärungen

    Dieselben Methoden, die in den Verschwörungstheorien vorgefunden werden, haben die Mainstream-Medien selbst geschaffen und gepflegt. In ihren Berichten ist die Verschwörung allgegenwärtig. Sie haben das Bild entworfen, nach dem sich Machthaber wie Assad mit seinen alawitischen Clanmitglieder verschworen haben im Kampf gegen das eigene Volk in Syrien. Das Motiv dieser Verschwörung ist alleine der Machterhalt seiner Clique, so die westliche Darstellung.

    Zu einer Demo in Berlin gegen die Corona-Beschränkungen kamen bekannte Verschwörungstheoretiker, Rechtsextreme und Antisemiten. Bild YouTube (Ausschnitt)

    In Russland ist es nicht anders. Auch dort präsentieren die westlichen Medien dem Konsumenten eine Verschwörung von Putin und seinen Oligarchen gegen das russische Volk. Auch diesen geht es nach der Sicht unserer Hoheitsmedien nur um ihren persönlichen Machterhalt und Mehrung des eigenen Reichtums. Ausführliche Berichterstattung über Villen am schwarzen Meer und goldene Toilettenbürsten sollen solche Theorien belegen. Skandale werden geschaffen und als Beweise ausgegeben, das Rezept einer jeden Verschwörungstheorie.
      In China soll sich Xi Jinping mit der kommunistischen Partei gegen die Interessen und Freiheit des chinesischen Volkes verschworen haben. Maduro und seine korrupte Clique von Generälen und sozialistischen Eiferern lassen das eigene Volk hungern, an Corona krepieren und bereichern sich selbst durch Drogenhandel und den Raub venezolanischen Goldes. Mutmaßungen, Gerüchte und eigene Schlüsse werden zu Indizien verknüpft und zu Beweisen aufgewertet.
      Und natürlich darf auch Kuba nicht fehlen, wo seit Jahrzehnten schon die Castros sich gegen das eigene Volk verschworen haben sollen nur um der eigenen Privilegien willen. Egal wie durchschnittlich deren Häuser und Vermögen sind, für eine Verschwörungstheorie reicht es immer. Sie alle sollen nach westlicher Sicht Krieg führen gegen das eigene Volk oder haben sich zumindest verschworen in dem alleinigen Interesse, dem eigenen Volk Leid zuzufügen.
      Sie alle ziehen die Fäden bis auf die untersten Ebenen der Gesellschaften, haben Spitzel überall in der Gesellschaft, manipulieren jede Wahl und verfolgen jeden, der eine eigene Meinung hat. Das ist doch das Bild, das die meisten Medien in mehr oder weniger plumper Form den westlichen Bürgern frei Haus liefern über jene Regierungen, Gesellschaften und Systeme, mit denen man politisch im Clinch liegt.

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    Motive

    Und wie in den sogenannten Verschwörungstheorien werden diese Bilder auf der Basis von Vermutungen, Annahmen und Gerüchten erstellt, die die Wirklichkeit verzerren statt sie zu erklären. Über die Motive von Assad, Putin, Maduro und anderen werden öffentlich Spekulationen angestellt. Hobbypsychologen oder sogenannte Experten werden befragt und um Einschätzungen gebeten, die dem Konsumenten das verschwörerische Verhalten der Angeprangerten aus niederen Motiven oder charakterlichen Defiziten heraus verständlich manchen sollen.
      Aber wurde bisher Assad zu einer Stellungnahme und Darlegung seiner Motive und Überlegungen für sein Handeln befragt, aus seinem eigenen Munde? Nicht interpretiert durch die Aussagen und Vermutungen westlicher Reporter oder durch fragwürdige Videos und Berichte von der gegnerischen Seite! Konnte jemals Maduro selbst zu den Vorwürfen gegen ihn Stellung beziehen, authentisch seine eigene Sicht der Dinge und Beweggründe seiner Politik darlegen? Nicht entstellt durch die Meinungen der westlichen Kommentatoren!
      Hat jemals Kim Yong Un persönlich sich zum nordkoreanischen Atomprogramm äußern können, seine eigene Darstellung bringen können, nicht die Vermutungen der westlichen Berichterstatter oder Berichte amerikanischer Geheimdienste? Wurden Putin oder Xi je befragt zu ihrer Politik gegenüber Nawalny, in Hongkong oder sonstigen Ereignissen in ihrem Herrschaftsbereich? Hat der westliche Medienkonsument jemals die Hintergründe dieses Handelns unabhängig von den Deutungen der Berichterstatter erfahren können?
      Seit Jahr und Tag haben westliche Berichterstatter, Kommentatoren und Medien in der Darstellung der Ereignisse ihre eigenen Vermutungen, Deutungen und Vorurteile vorgetragen, nicht aber die derjenigen, über die sie berichteten. Die Meinungsmacher lassen keine Gelegenheit aus, die Sichtweisen und Darstellungen der sogenannten Verschwörungstheorien zu kritisieren, sie als falsch oder manipulativ darzustellen. Sie sehen den Splitter im Auge des Gegenübers, aber nicht den Balken im eigenen.
      Sie, die westlichen Meinungsmacher, waren diejenigen, die sich verschworen haben gegen ihre Zuschauer, ihre Zuhörer, ihre Leser und gegen die Wahrheit (3). Nun erhebt sich ein Heulen und Klagen unter denjenigen, die die Verschwörung salonfähig gemacht haben, Nun wettern sie gegen jene, die es ihnen nachtun. Sie beklagen nicht die Verschwörung gegen die Wahrheit selbst. Sie beklagen, dass ihre eigenen Verschwörungstheorien an Einfluss verlieren.

    (1) Siehe dazu Rüdiger Rauls: Die Migrations-Waffe
    (2) Herrmann Ploppa: Und ploetzlich bemerken sie dich.
    (3) Siehe dazu Rüdiger Rauls: Chinesische Zustände

     
    Lest dazu auch:

    https://saschasweltsicht.wordpress.com/2020/05/28/bewiesene-verschwoerungstheorien-aktualisierung-2016/

    Neue Broschüre: „Querdenken711“ und seine rechten Akteure – Ein Nachtrag

    „Es war so schön dort…!“


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  • Gökhan Güneş aus dem Folterknast entlassen!

    Gökhan Güneş aus dem Folterknast entlassen!

    Eral Eren* für RoterMorgen – 1. Februar 2021

    »Ich sollte als Informant für sie arbeiten«, berichtete der Genosse Gökhan nach seiner Freilassung!

    Wir berichten am 25. Januar über die Entführung des Genossen Gökhan am 20. Januar in Istanbul und den Aktionen seiner Genossen und Verwandten für seine Freilassung. Nun kam die freudige Nachricht, dass Gökhan lebt und zwischenzeitlich frei gelassen wurde. Was nicht erfreulich ist, sind die Schilderungen seiner Erlebnisse.

    Gökhan Güneş berichtete noch am gleichen Tag seiner Freilassung auf einer Pressekonferenz der Human Rights Association über seine Erlebnisse. Gegenüber der internationalen Presse erklärte er unter andrem:

    Genosse Gökhan Güneş auf der Pressekonferenz am 26. Januar 2021. Bild: © Gokhannsnerede

    „An dem Tag habe ich mich etwas später als sonst zur Arbeit aufgemacht. Ich wohne im Stadtteil Ikitelli, und meine Arbeitsstelle befindet sich im Stadtteil Basaksehir. Gegen zwölf Uhr bin ich aus dem Bus ausgestiegen, und plötzlich standen vier Personen vor mir. Der eine hat mich angesprochen und sagte »Kannst du mal kurz schauen?« Als ich mich umgedreht hatte, lag ich bereits auf dem Boden. Sie haben mich in einen Wagen gezerrt. Ich hatte mich gewehrt, deswegen haben sie ein Elektroschockgerät benutzt. Als ich dann wieder zu Bewusstsein kam, haben mich zwei Personen festgehalten, und ich hatte einen Sack über dem Kopf. Unterwegs sind wir in ein anderes Auto umgestiegen, aber ich konnte nichts sehen und weiß auch nicht, wo es war.

    Meine Entführer haben systematisch Folter angewendet: Sie haben mich zusammengeschlagen, Elektroschockgeräte benutzt und mit kaltem Wasser übergossen. Während der Folter war ich meistens nackt, gefesselt, und meine Augen waren verbunden. Dort, wo ich war, muss es mehrere Folterräume gegeben haben. Einen Bereich nannten sie »das Grab«. Es war eine Gummizelle, in der die ganze Zeit grelles Licht aus einem Projektor kam. Dort hatten sie über einen Lautsprecher ununterbrochen nationalistische Lieder laufen lassen.

    Außerdem haben sie mich die ganze Zeit massiv bedroht, um mich zur Zusammenarbeit zu zwingen. Ich sollte als Informant für sie arbeiten. Zwischenzeitlich haben sie auch psychologischen Druck ausgeübt und mir mit Vergewaltigung gedroht. Nach Gesprächen folterten sie mich weiter. Sie haben mehrmals gefragt, ob ich wüsste, wer sie seien. Ich habe dann geantwortet, dass sie vom Geheimdienst seien, aber das haben sie weder bejaht noch verneint. Später meinten sie, sie wären »Menschen im Hintergrund«. So ging das die ganzen Tage. In den Morgenstunden am sechsten Tag haben sie mir Kleidung gegeben und mehrere Stellen an meinem Körper mit Desinfektionstüchern gesäubert. Dann musste ich mit verbundenen Augen in ein Auto einsteigen. Kurz vor meiner Freilassung kam jemand und sagte: »Wir behalten nur deine SIM-Karte. Alles andere kriegst du wieder zurück«. Sie haben mich in dem Stadtteil freigelassen, wo sie mich auch entführt haben. Ich habe dann ein Taxi genommen und bin zu meinen Eltern gefahren.“

    Genossen Gökhan erklärte weiter:

    „Ich bin Aktivist der „Sozialistische Partei der Unterdrückten“ (ESP), im Stadtteil Ikitelli. Seitdem meine Eltern aus Tokat nach Istanbul gezogen sind, lebe ich in diesem Viertel und bin für meine sozialistische Einstellung bekannt. Ich bin kein Einzellfall: Diese Methoden des Geheimdienstes sind in den neunziger Jahren in der Türkei bekanntgeworden, und sie werden auch heute noch angewendet. Mit dieser Vorgehensweise versuchen sie, Jugendliche einzuschüchtern und als Informanten zu gewinnen. Das war eindeutig auch das Ziel meiner Entführung, während der Folter wurde mir das mehrmals angeboten.

    Genosse Gökhan Güneş nach seiner Freilassung, am 26. Januar 2021 im Kreise seine Familie. Bild: © Gokhannsnerede

    Ich habe erst nach meiner Ankunft bei meinen Eltern mitbekommen, was in den vergangenen Tagen passiert und an Öffentlichkeitsarbeit geleistet wurde. Ich möchte mich bei meiner Familie, Freunden, Genossen und der ganzen Öffentlichkeit für die Solidarität bedanken, die sie gezeigt haben.

    Ich bin sehr, sehr erschöpft, aber diese Unterstützung gibt mir die nötige Kraft, denn wir müssen den gemeinsamen Kampf vorantreiben. Diese Solidarität brauchen wir in der Türkei. Meine Familie, Freunde und Genossen standen jeden Tag auf der Straße, zum Beispiel vor der Polizeistation und dem Gericht in Caglayan, um nach meinem Aufenthaltsort zu fragen und meine Freilassung zu fordern. Dafür haben sie selbst Repressalien erfahren. Trotzdem haben sie die Öffentlichkeit weiter informiert und für starke Berichterstattung gesorgt. Oppositionelle Abgeordnete haben eine parlamentarische Anfrage gestellt, in der sie die Regierung aufgefordert haben, zu meinem Verbleib Stellung zu nehmen. Das alles war mit Sicherheit sehr wichtig für meine Freilassung.“

    RoterMorgen wünscht dem Genossen Gökhan viel Kraft und Mut für die Zukunft. Wir versprechen weiter über Unrecht und Klassenkämpfe zu berichten, immer die Finger in die Wunden des Kapitals zu legen, bis zu deren entdgültigem Untergang!
    Hoch die internationale Solidarität!
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    Wir fordern:

    .Freiheit für alle politisch Gefangenen!
    Gerichtsverfahren und Bestarfung aller Folterknechte des türkischen Geheimdienstes!

    Macht keinen Urlaub in der faschistischen Türkei!

    Nieder mit der faschistischen Türkei!

    Hoch die internationale Solidarität!

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    * = Unsere Unterstützer/innen und Informanten aus der faschistischen Türkei müssen täglich mit Repressalien, Haft und Folter rechnen, wenn sie kritisch über die aktuellen Zustände in ihrem Land informieren. Aus diesem Grunde nennen wir stellvertretend statt ihre Namen den Namen unseres Genossen Erdal Eren der am 13. Dez. 1980, im Alter von 17 Jahren von der türkischen Militärjunta ermordet wurde. Wir werden Erdal nie vergessen und kämpfen in seinem Sinne weiter!

    Lest dazu auch:

    Genosse Gökhan Güneş in der Türkei entführt!

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  • Mütter werden aussortiert: H&M will 800 Kollegen/-innen entlassen

    Mütter werden aussortiert: H&M will 800 Kollegen/-innen entlassen

    RoterMorgen – 28. Januar 2021

    Der Klamottenkonzern Hennes & Mauritz will 800 Kolleginnen und Kollegen entlassen. Zum Abschuss haben sie sich vorwiegend Mütter ausgesucht.
    In der Corona-Pandemie vernachlässigt, durch Care-Arbeit (unbezahlte Hausarbeit) doppelt belastet, an die Grenzen der Belastbarkeit getrieben und dann auf die Straße gesetz! Dieses Schicksal steht vielen Angestellten von Hennes & Mauritz (H&M) bevor. Die Bosse der bekannte schwedischen Modekette will mit der Zeit gehen und den weniger Personalintensiven Onlinehandel vorantreiben.
    Jetzt sollen viele Filialen geschlossen werden, was real bedeutet, dass rund 800 Kollegen/innen in die Arbeitslosigkeit geschickt werden. Darunter vor allem junge Mütter. Mit einem sogenannten „Freiwilligenprogramm“ gerichtet an seine Mitarbeiter/innen will sich der Klamotenmulti nun einschleimen und die Mitarbeiter/innen übers Ohr hauen.

    Immer wieder fällt die Modekette H&M mit betriebsratsfeindlichen Aktivitäten auf. Schikanen, Mobbing, Kündigungen oder Amtsenthebungen von Betriebsratsmitgliedern: „Union Busting“, die sogenannte systematische Sabotage von Arbeitnehmervertretungen und Gewerkschaften. Hier geht um die permanete Missachtung der Betriebsrätin Ayse, die seit 2012 in der H&M Filiale in der Stadtgalerie Heilbronn beschäftigt ist. Bild: Facebook-Soligruppe

    Kollegen/-innen, die abends oder am Wochenende nicht arbeiten können, sollen einwilligen, das Unternehmen mit einer Abfindung zu verlassen. Es werden also insbesondere Eltern, ältere Menschen sowie Menschen mit Behinderungen oder Kranke sein, die nun vermutlich ihren Job verlieren.
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    Zwang statt freie Entscheidung

    Was heißt das genau? Cosimo-Damiano Quinto aus der Ver.di-Bundesfachgruppe Einzelhandel fasst es so zusammen:

    Ex H&M-Betriebsrat Cosimo-Damiano Quinto, der jetzt für ver.di arbeitet.

    „Frauen, die wegen ihrer Kinderbetreuung nicht am Wochenende oder in den Abendstunden arbeiten können, wird mit diesem Freiwilligenprogramm gesagt: ,‚Du wirst nicht zu den Arbeitszeiten arbeiten können, an denen wir interessiert sind. Wenn dir das also nicht passt, weil du dann Familie und Beruf nicht vereinbaren kannst, dann kannst du dich freiwillig entscheiden, jetzt mit einer Abfindung zu gehen.‘ Das ist alles andere als eine freie Entscheidung.“
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    ver.di: Über das Unternehmen Hennes & Mauritz


    Ohne Sozialplan

    Eigentlich soll ein Sozialplan Arbeitnehmer/innen vor solchen Horrorszenarien. Ein Sozialplan umfasst soziale Kriterien, die darüber entscheiden, welche Kollegen/-innen im Falle einer Kündigungswelle besonders schutzbedürftig sind und sollte dabei – Überraschung – sozial sein! Kriterien wie Alter, Unterhaltsverpflichtungen oder auch Behinderungen der Arbeitnehmer/innen müssen mit berücksichtigt werden. Aber nur all zu oft sind solche „Sozialpläne“ nicht das Papier wert auf dem sie geschrieben sind und dienen nur zur Beschwichtigung und Erpressung der Betroffenen.

    Im Regelfall verhandelt das Unternehmen mit dem Betriebsrat über diese Kriterien und über die Höhe von Abfindungen, um wirtschaftliche Nachteile im Sinne für die betroffenen Kollegen/innen auszugleichen. All das umgeht H&M in diesem Fall geschickt und versucht das Programm geschickt am Betriebsrat vorbeizumanövrieren. Begründung: es gäbe keine Betriebsänderung, die zu einem Sozialplan verpflichtetdamit tritt H&M das Kündigungsschutzgesetz mit Füßen.

    Auf Anfrage der Presse bestätigt H&M, in naher Zukunft 800 Mitarbeiter*/innen entlassen zu wollen, nach Angaben des Unternehmens entspreche dies fünf Prozent der Beschäftigten in Deutschland. Dabei richte sich das Freiwilligenprogramm nicht vorrangig an Mütter und Väter, behauptet die Modekette. Doch in der Mitteilung, die an die Mitarbeiter/innen ging wird deutlich, dass H&M darauf abzielt, das Arbeitsverhältnis genau mit den vschützenswerten Gruppen aufzulösen, die eigentlich durch einen Sozialplan geschützt werden müssten. Sie werden im Anschreiben sogar als betreffende Mitarbeiterinnengruppe aufgezählt: „Folgende Mitarbeitergruppen sind Anspruchsberechtigt: (… Personen,) die sich derzeit in Elternzeit befinden (und) langzeiterkrankte Mitarbeiter (Mitarbeiter, die aus der Lohnfortzahlung fallen).“
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    Unmenschlicher Profitgeier H&M

    Das alles ist schockierend, aber nicht verwunderlich. Denn H&M ist, was die Steigerung ihrer Profite anbelangt im Bezug auf Arbeitnehmer/innenrechte, ein absoluter Reinfall. Erst die Bespitzelung von Arbeitnehmer/innen in einem H&M-Servicecenter in Nürnberg, bei der vertrauliche Informationen aus Gesprächen der Kollegen/innen untereinander aufgenommen wurden, dann der Skandal, dass H&M bundesweit immer wieder versucht, unliebsame Betriebsräte/-innen zu feuern!
    Von den Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten der Modekette im globalen Süden ganz zu schweigen. Jeyasre Kathiravel, eine 20-jährige Bekleidungsarbeiterin beim H&M-Zulieferer Natchi Apparels in Tamil Nadu, Indien, wurde am 5. Januar 2021 tot aufgefunden. Ein Vorarbeiter hat den Behörden gestanden, dass er Jeyasre vergewaltigt und getötet hat. Mehrere Arbeiterinnen haben darauf hingewiesen, dass es viele Fälle von sexueller Belästigung und Gewalt in der Fabrik gebe – einschließlich Beschimpfungen, Slutshaming, Mobbing, Schläge und Übergriffe.
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    T-Shirt-Aufdrucke statt Unternehmenswerte
    Diese schier endlose Liste der arbeitsrechtlichen Vergehen der Modekette, liest sich wie ein Strafregister der Kategorie: unmenschlich, unmenschlicher, H&M. Während sich H&M also höhnisch mit feministischen Sprüchen wie „Girl Gang“ oder „We should all be Feminists“ auf T-Shirts schmückt, dürfte klar sein, dass dieser Umgang mit den Arbeitnehmer/innen nicht nur antifeministisch, sondern rechtswidrig ist.
    Die wichtige Kritik zu diesen Arbeitsbedingungen in einer Konsumkritik verhallen zu lassen, wäre nicht nur zu kurz gegriffen, sondern auch höchst unsolidarisch. Denn bei der Kleiderwahl bestimmte Modeketten zu boykottieren ist ein Verzicht, den man sich leisten können muss. Manche Menschen haben weder die Kapazitäten noch das Geld, ihre Kaufentscheidung zu einer politischen zu machen. Bei vielen Menschen geht es beim Thema Konsum um Pragmatismus, ums Überleben. Oder eben darum, sich so kleiden zu können, dass man sich auch mit wenig Geld im gesellschaftlichen Raum wohlfühlen kann: in Bewerbungsgesprächen, auf Beerdigungen, beim Date, auf einem Geburtstag.
    Die Forderung nach Konsumentscheidungen ist Augenwischerei

    „Statt Konsument/innen mit dem Prinzip „Vote with your Dollars (Stimmen Sie mit Ihren Dollars ab)“ – also wähle mit deinen Kaufentscheidungen – unter Druck zu setzen, sollten politische Entscheidungen getroffen werden. Denn die können tatsächlich demokratisch bestimmt werden, während beim „Vote with your Dollars“-Prinzip lediglich der Geldbeutel entscheidet, wer mitbestimmen kann. Es braucht also keine Schmähkritik gegenüber Menschen, die bei H&M einkaufen, sondern eine Kritik an den Arbeitnehmer*innenrechten (…) wo Menschen Produkte herstellen, die in Deutschland konsumiert werden.“
    So formulierte es kürzlich die freie Redakteurin Carmen Maiwald.

    Hier fordern H&M-Kolleginnen aus der Filiale Bozen die Aktionärsversammlung auf, die Jahresgewinne von H&M in einen Fond zu geben, der den unterbezahlten und unter menschenunwürdigen Bedingungen lebenden Arbeiter/innen in den asiatischen Zulieferbetrieben zugutekommt. Bild: Facebook-Soligruppe

    H&M ist kein Einzelfall

    Auch, wenn H&M für schlechte Arbeitnehmer/innenbedingungen bekannt ist – sind diese Methoden kein Einzelfall. Die Gefahr, dass Kollegen/innen durch das Streben nach immer mehr Profit im Zeitalter der Digitalisierung einfach wegrationalisiert werden, fordert einen Wandel, in den Arbeitnehmer/innenrechten, in die wir alle mit miteinbezogen werden müssen. „H&M versucht gerade, wie in einem Patriarchat, die Neuerungen von oben nach unten durchzusetzen. Das funktioniert aber nicht mit Kollegen/innen, die keine BefehlsempfängerIinnen sind, sondern altiv mitgestalten wollen und sich konsequent für Ihre Rechte einsetzen. Neue Kampfformen müssen entwickelt werden und auch den, leider auch viel zu oft kompromissbereiten, Gewerkschaften müssen wir auf die Finger klopfen!

    Wir fordern:

    Keine Entlassungen bei H&M!

    Verlässliche Kontrollen der Arbeitnehmer/innenrechte in den Zulieferbetrieben!

    Digitalisierung nur mit Arbeitsplatzgarantie!

    Ausweitung des Mutterschutzes bei voller Gehaltsfortzahlung!

    Auch nach der Pandemie gilt: Der Einzelhandel steht ganz still – Wenn dein starker Arm es will!

    Alle gemeinsam gegen das Kapital!

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  • Zur Präsidentschaftswahl in Portugal – M. Sousa Präsident für weitere 5 Jahre

    Zur Präsidentschaftswahl in Portugal – M. Sousa Präsident für weitere 5 Jahre

    Rui Filipe Gutschmidt – 25. Januar 2021

    Rui Filipe Gutschmidt

    In Portugal ist es im Moment nicht sonderlich gemütlich. Als wolle Mutter Natur dabei helfen den Lockdown durchzusetzen. Doch für die Wahl machte der Regen eine Pause, damit die Portugiesen ihren Präsidenten wählen konnten.
    Relativ hohe Beteiligung trotz Corona-Krise und schlechtem Wetter. Bild: YouTube (Ausschnitt)

    Portugal hat seinen Präsidenten in einer vollkommen untypischen Zeit wiedergewählt. Der Rechtspopulist Ventura ist der grosse Verlierer der Wahl, der aber trotzdem besorgniserregend viele Stimmen hatte.
    Nach der ungewöhnlichen Kälte in den letzten Wochen zog ein Sturmtief über Portugal und brachte die Wahlkampagne ganz ins stoppen. Schon der Lockdown hatte diese Wahlen völlig ad absurdum geführt. In diesem Kontext muss man die Resultate und die Kommentare der Kandidaten und Parteien betrachten.
    https://www.presidenciais2021.mai.gov.pt/resultados/globais
    Der alte ist auch der neue Präsident. Marcelo Rebelo de Sousa (PSD), hat gleich im ersten Wahlgang mit 60,70 Prozent gewonnen. Dies war nicht überraschend, da Portugals Präsident im Laufe seiner Amtszeit stets darauf bedacht war einen Ausgleich zu schaffen und sich somit nie wirklich unbeliebt gemacht hat. Seine Partei, die PSD Mitte-Rechts, die konservative CDS und Teile der regierenden PS haben ihn unterstützt und seine Beliebtheit tat ein übriges, was letztendlich niemanden überrascht hat.
    Die Wahl hatte andere Interessensfaktoren. Die Herausforderer wollten vor allem ihre Botschaft, ihr Projekt und ihre Alternativen vermitteln. Dies galt insbesondere für den Rechtspopulisten André Ventura, dessen Hassbotschaft sich nicht nur gegen Minderheiten richtet, sondern auch gegen alle Linken. Doch außer den Sprüchen von „wir sind gegen dieses System, weil es korrupt ist“, oder „Zigeuner und Afrikaner leben auf Kosten unserer Steuergelder, sind zu faul zum arbeiten und sind kriminelle“ und auch „die Migranten nehmen uns unsere Jobs weg“ oder natürlich „die Muslime wollen uns bekehren“, hat Portugals Version eines Jaír Bolsonaro, Orban, oder Trump keine konstruktiven Vorschläge.
    Relativ hohe Beteiligung trotz Corona-Krise und schlechtem Wetter. Bild: YouTube (Ausschnitt)

    Das hat aber dennoch gereicht, um fast eine halbe Million Stimmen – 11,9 Prozent (dritter Platz) – zu bekommen. Wie auch andere Populisten überall auf der Welt hat Ventura den Unmut der Menschen für sich nutzen können. Er polarisiert und sagt, was viele denken, aber bisher nicht aussprachen weil sie im Grunde wissen das es falsch ist. Aber es ist so schön einfach, wenn „die Zigeuner“ sagen kann, obwohl man weiss, dass viele die traditionelle Lebensweise inzwischen aufgegeben haben oder es versuchen. Denn Leute wie Ventura verhindern mit den Verallgemeinerungen eine Integration. Es ist schwer für „Ciganos“ eine Arbeit zu finden.
    Doch leider bekommt Ventura auch noch Schützenhilfe vom Vorsitzenden der PSD, Rui Rio. Dieser äußerte sich zu Venturas Erfolgen im traditionell linken Alentejo mit einem fast schon euphorischen, „in den Hochburgen der Kommunisten und sonst immer links wählenden Distrikte im Alentejo und Setúbal wurden die Kandidaten der Linken von Andre Ventura geschlagen“. Die Linksextremen seien, so Rio, die grossen Verlierer dieser Wahl. Doch es ist ein Fehler die Rechtsextremen zu legitimieren, deren erklärtes Ziel es ist die Demokratie zu beseitigen.
    Resultate der Präsidentschaftswahlen in Portugal – Screenshot offizielle Seite des Staates

    Links muss aus der Niederlage lernen.
    Ana Gomes, Bild: PS, Quelle: YouTube (Ausschnitt)

    Ana Gomes, ist Mitglied der Regierungspartei PS, die aber die ehemalige Europaabgeordnete und extrem streitbare Frau nicht offiziell unterstützt hat. Dennoch kam Ana Gomes auf den zweiten Platz mit 541.000 Stimmen – 12,97 Prozent. Der zweite Platz war ein erklärtes Ziel ihrer Kandidatur, da Marcelos Sieg so gut wie sicher war. Dabei hätte ein zweiter Wahlgang aber auch nichts am Endresultat geändert, da die Wähler der rechtsextremen und Neoliberalen Parteien niemals einer linken Kandidatin ihre Stimme gegeben hätten.
    Auch der Kandidat der Kommunisten und Grünen (PCP/PEV), João Ferreira, kann nicht mit seinem Resultat, Platz 4 mit 4,32 Prozent, zufrieden sein.
    Noch schlechter lief die Wahl für Marisa Matias vom Linken Block (BE). Mit nur 3,95 Prozent hat sie viel schlechter abgeschnitten, als erhofft und erwartet.
    Tiago Mayan von der Liberalen Initiative (IL) erreichte 3,22 Prozent, was er und seine neu gegründete Partei als sehr positiv werten. Die IL gibt sich als „moderates Mitte-Rechts Projekt“ aus, doch in Wahrheit sind sind sie Extremisten. Der von der IL angestrebte Weg ist ein Raubtierkapitalismus ohne Regeln. Ein Hardcoreliberalismus, bei dem allein die Macht des Geldes zählt. Auch wenn wir schon in einem neoliberalen System leben, so haben wir zumindest noch ein paar Grenzen und einen regulierenden Staat. IL will fast keinen Staat, keine Steuern, keinen Arbeitnehmerschutz. Das ist Extremismus.
    Bleibt Vitorino Silva, der „Mann aus dem Volk“, der mit 2,94 Prozent ein beachtliches Ergebnis hatte. Seine Kandidatur zeigt, dass jeder kandidieren kann.
    Fazit? Im Westen nichts Neues. Das „Populismusphänomen“ ist auch in Portugal angekommen, wobei es bei weitem nicht das Ausmaß erreicht wie in manchen anderen Ländern. Wie Portugal damit umgeht müssen wir sehen, wobei manche Politiker wohl noch nicht begriffen haben worum es hierbei geht.

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  • Die Propagandamaschine des Recep Tayyip Erdoğan und die jüngste Finanzkrise in der Türkei

    Die Propagandamaschine des Recep Tayyip Erdoğan und die jüngste Finanzkrise in der Türkei

    Eral Eren* für RoterMorgen – 23. Februar 2021

    Die Türkei ist von einer schweren Finanzkrise erschüttert. Die mittlerweile fast völlig gleichgeschaltete Presse macht eine differenziertere oder kritischere Betrachtung für die türkischen Bürger fast unmöglich. In der ersten Woche, als die Lira abstürzte, wurde das Thema nahezu totgeschwiegen. Später dann griffen die meisten Blätter Erdoğans allgemeine Parolen vom „Wirtschaftskrieg“ auf, ohne dabei die eigene Wirtschaftspolitik kritisch zu hinterfragen. Erst vergangenen Donnerstag kritisierte Kemal Kiliçdaroğlu, Vorsitzender der CHP, die Wirtschaftspolitik Erdoğans und warf ihm vor, mit dem Fall Brunson nur die eigenen Fehler vertuschen zu wollen.
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    „Aus der Finanzkrise wird eine Wirtschaftskrise“

    Tatsächlich ist die türkische Finanzkrise nicht ausschließlich hausgemacht. Sie hat ihren Ursprung in der Zinswende in den USA und den schwelenden, von Trump provozierten Handelskonflikten. Aber in der Türkei wurden die Probleme zu lange ignoriert, und Wachstum durch billiges Geld erkauft. Zudem ist Erdoğans Krisenmanagement miserabel. Das liegt vor allem daran, dass er einer äußerst unorthodoxen Theorie anhängt, wonach hohe Zinsen zu einer höheren Inflation führen. Im Mai, als die Inflation bereits auf 12 Prozent geklettert war und die Lira schwächelte, entschloss sich die Zentralbank schließlich zu einer Zinserhöhung von 13,5 auf 16,5 Prozent. Zu spät, zu zaghaft, zu reaktiv – sagten bürgerliche Kritiker. Nach der gewonnenen Wahl Ende Juni wartete die Märkte darauf, dass Mehmet Simsek, Aushängeschild des wirtschaftlichen Sachverstands, einen wichtigen Posten im Kabinett bekäme. Stattdessen machte Erdoğan im Juni seinen Schwiegersohn Berat Albayrak zum Finanzminister. Simsek, hieß es am Wochenende, habe sich inzwischen nach London abgesetzt.
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    Der Absturz der türkischen Lira

    Immer mehr Werktätige der Türkei spüren den Verfall der eigenen Währung. Mittlerweile ist Fleisch gemüse und Sonnenblumenöl für die Kollegen und Kolleginnen im Mindestlohnbereich zum Luxus geworden. Zudem steigen die Mieten unentwegt, worunter besonders die Arbeiter und Angestellten in den großen Städten leiden.

    In der Türkei sind die Preise für Rind- und Schafsfleisch auf einen neuen Rekordstand gestiegen. Für mageres Rindfleisch müssen Verbraucher inzwischen 70 TL pro Kilo zahlen. Bild: YouTube (Ausschnitt)

    „Schmerzhaft“ ist es für die junge türkische Mittelschicht – Leute, die ihren Urlaub in Europa machen wollten, und ihn jetzt wegen zu hoher Kosten absagen mussten, oder Familien, deren Söhne und Töchter auf Universitäten im Ausland zum Studieren schickten, und deren Ausgaben sich nun verdoppelt haben. Doch diese Schicht zählte ohnehin nie zur Stammwählerschaft der AKP. 
Die ärmeren und konservativen Leute in der Türkei spüren zwar die Inflation, sind aber auch Krisen gewohnt. Noch am Anfang der 2000-Jahre lag die Teuerungsrate schon einmal bei 90 Prozent. Die Menschen in der Türkei haben sich an die Kapitalistischen Krisen, mit ihrem „Auf und Ab“ gewöhnt. Das dürfte sich ändern, wenn die derzeitigen Währungsturbulenzen in der Realwirtschaft ankommen. „Aus der Finanzkrise wird eine Wirtschaftskrise werden“, sagt ogar Ronald Schneider von Raiffeisen Capital Management in Wien. „Es wird zwangsläufig zu einer starken Verlangsamung der türkischen Wirtschaft kommen.“ Türkische Unternehmen haben in den vergangenen Jahren Verbindlichkeiten in Höhe von 220 Milliarden Dollar angehäuft. Durch die schwache Lira steigt die Zinslast der Unternehmen. Auf Dauer werden viele die gestiegenen Kosten nicht tragen können. Die Folge werden Insolvenzen und Entlassungen sein. Wieder einmal muss unsere Klasse die Krise der Reichen bezahlen. Wenn das Fass überläuft werden die Bosse der Banken und Fabriken und ihre faschistischen Abgeordneten in den Parlamenten selber das Laufen bekommen!
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    Die Wirtschaftskrise nimmt kein Ende!
    hier ein „arte“-Beitrag vom November 2020


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    Info der Redaktion RoterMorgen:* = Unsere Unterstützer/innen und Informanten aus der faschistischen Türkei müssen täglich mit Repressalien, Haft und Folter rechnen, wenn sie kritisch über die aktuellen Zustände in ihrem Land informieren. Aus diesem Grunde nennen wir stellvertretend statt ihre Namen den Namen unseres Genossen Erdal Eren der am 13. Dez. 1980, im Alter von 17 Jahren von der türkischen Militärjunta ermordet wurde. Wir werden Erdal nie vergessen und kämpfen in seinem Sinne weiter!

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  • Zum Abschied – Trumps letztes Gefecht

    Zum Abschied – Trumps letztes Gefecht

    Gastautor Rüdiger Rauls – 22. Februar 2021

    Auch wenn US-Präsident Trump nun seinen Platz für seinen Nachfolger Biden räumt, sind seine Anhänger doch weiterhin in der amerikanischen Gesellschaft vorhanden. Neben der wirtschaftlichen Entwicklung ist deren Stimmung eine wichtige Grundlage für die weitere innere Entwicklung der politischen Verhältnisse in den USA.
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    Unerwartet

    Als Trump 2016 die Wahl gewann, fielen die Propheten, Meinungsforscher und Meinungsmacher aus allen Wolken. Unglaubliches war geschehen: Sie hatten sich geirrt. Die Wirklichkeit hatte sich sich doch tatsächlich anders verhalten, als ihre Theorien vorsahen. Ein Großteil der Wähler hatte sich offensichtlich der Beeinflussung durch die Meinungsmacher entzogen.

    Trotz aller Kritik und Spott gegenüber Trump und der Geringschätzung seiner Anhänger durch die Medien, die Clinton lieber als Siegerin gesehen hätten, hatte Trump die Wahl gewonnen. Das Ergebnis hatte zu Ernüchterung und der kleinlauten Erkenntnis geführt, dass dieses Verhalten gegenüber den Wählern Trumps im Vorfeld nicht nur überheblich, „sondern auch undemokratisch“ gewesen war(1).

    Das Wahlergebnis 2016, gegliedert in Bevölkerungsgruppen. Bild: YouTube (Ausschnitt)

    Das Wahlergebnis in den USA war – ähnlich wie das der Brexit-Abstimmung in Großbritannien – die Rache einer sozialen Gruppe, die trotz ihres hohen Anteils an der Bevölkerung und ihrer Bedeutung für das Funktionieren der Gesellschaft kaum noch öffentlich wahrgenommen wird. „Sie werden als Vertreter der bildungsfernen weißen Unterschicht charakterisiert … und in jedem Falle lächerlich gemacht.“(2). Bei ihnen handelt es sich um die proletarisch geprägten Kreise der Gesellschaft, die früher als Arbeiterklasse im weitesten Sinne bezeichnet wurde..
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    Zwei Welten, zwei Kulturen

    Dieser „vermeintlich ungebildete rechte Rand der Bevölkerung macht die Hälfte der Bevölkerung aus“(3). Was da als bildungsfern bezeichnet wird, ist nicht ohne Bildung. Dieser eher proletarisch geprägte Teil der Gesellschaft verfügt über handwerklich-praktisches Wissen, was dem intellektuellen Bildungsbegriff fremd ist. Es handelt sich bei ihnen um zwei gesellschaftliche Kulturen, die so gut wie keinen Kontakt mehr zueinander haben.

    Dementsprechend scheint im Weltbild der intellektuellen Macher der Medienwelt, der Talkshows, der Kultur- und der politischen Magazine dieser Teil der Bevölkerung gar nicht zu existieren. Sie ist „eine Masse, die sie nicht mehr versteht“(4). Deshalb und aufgrund andersartiger Weltsicht, Werte und Auftreten wird diese Masse von vielen Meinungsmachern, die sich selbst für modern, liberal oder gar links halten, automatisch als rechtslastig abgetan.

    Aus dieser Geringschätzung und Verachtung heraus erklärt sich Trumps Erfolg. All jenen, die sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt und geringschätzig behandelt fühlten, schien er aus den Herzen zu sprechen: die Menschen des mittleren Westens, „in dem die Angst vor dem sozialen Abstieg umgeht“(5), die Arbeiter des Rostgürtels, deren Arbeitsplätze der Globalisierung zum Opfer gefallen sind.

    Zwar hatten im Wahlkampf 2016 die Medien mehr über Trump als über Clinton berichtet, „allerdings war die Berichterstattung zu 92% negativ“(6). Das hatte aber seiner Popularität gerade in dieser vernachlässigten gesellschaftlichen Gruppe keinen Abbruch getan, denn er sprach eine Sprache, die diese Menschen verstanden. Sie dachten wie er: nicht intellektuell, nicht taktierend, nicht politisch korrekt.

    Dagegen hatte Clinton sich über die Printmedien, dem bevorzugten Medium des intellektuellen Milieus, an die Wählerschaft gewandt. Sie hatte „490 Publikationen hinter sich, nicht nur die New York Times, sondern auch Blätter, die sonst den Republikanern zuneigen. … Keine der großen Zeitungen hatte sich für Trump ausgesprochen“(7).

    Dennoch hatte er die große Masse derjenigen für sich gewinnen können, „die sich ohnehin unverstanden fühlen, auch noch als fehlgeleitet und dumm abgestempelt“ werden(8). Er hatte diejenigen erreicht, die von der bisherigen Politik nicht wahrgenommen worden waren und in den öffentlichen Diskussionen kaum noch zu Wort kamen. Trump kam daher wie einer von ihnen: gerade heraus, ohne Umschweife, ohne pädagogisches Belehrungsgehabe.
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    Erfolglos

    Nach der Wahl von 2016 war das Entsetzen der Frankfurter Allgemeine Zeitung und Teilen der herrschenden Klasse groß angesichts der schwerwiegenden politischen Folgen der eigenen Überheblichkeit. Aber diese selbstkritische Haltung war nicht von langer Dauer. Die gerade erst erworbene neue Demut gegenüber einem bisher nicht ernst genommenen Volkswillen wurde sehr bald wieder abgelöst vom Entsetzen über die teilweise irrationale Politik des neuen US-Präsidenten.

    Die von ihm ausgerufene „America-first-Politik“ wurde zwar von seinen Anhängern begeistert aufgenommen, belastete aber stark das weltweite Geflecht der Handelsbeziehungen und Wertschöpfungsketten. Nicht nur dass der Protektionismus weltweit Auftrieb erfuhr, Trumps Politik gegenüber den westlichen Partnern hatte zur Schwächung des Wertewestens insgesamt geführt. Im wirtschaftlichen wie politischen Konkurrenzkampf mit China hatten die Europäer auf ein koordiniertes Vorgehen gehofft, wie es sich jetzt bei Biden abzeichnet.

    Nicht nur in der Außenpolitik, auch im Innern endeten die meisten von Trumps politischen Vorhaben in vollmundigen Ankündigungen und ohne wirkliche Erfolge. Die Mauer zu Mexiko wurde nicht gebaut und selbst die wenigen Hundert Kilometer hatte, anders als angekündigt, nicht Mexiko bezahlt sondern der amerikanische Steuerzahler.

    Die neuen Handelsabkommen, die er den westlichen Partnern aufgezwungen hatte, hatte die Konkurrenzsituation amerikanischer Industrieprodukte auf den Weltmärkten nicht verbessert. Die Defizite gegenüber China erholten sich trotz der Zölle nicht, die auch nicht zu einem Anstieg industrieller Arbeitsplätze führten. Im Gegenteil sind seit 2017 „37 Stahlwerke in Amerika stillgelegt worden und 10.000 Arbeitsplätze verlorengegangen“(9).

    Die Zölle verteuerten den Stahl in den USA selbst. Es kam zu Schließungen Stahl verarbeitender Betriebe, „weil sie im internationalen Wettbewerb nicht mehr mithalten konnten“(10). Und so explodiert die Staatsschuld, getrieben von der Steuersenkung für die US-Unternehmen, die keine nachhaltige Wirkung gebracht hatte.

    Aber für die Welt außerhalb war Trump eigentlich ein Glücksfall. Die USA waren mit sich selbst beschäftigt, der Wertewesten in sich uneins und durch die inneren Konflikte nicht so handlungsfähig wie zu Zeiten von Trumps Vorgängern. Wenn er auch gelegentlich versuchte, den starken Mann zu spielen, so zeigten ihm Russen, Chinesen und die eigenen Militärs schnell die Grenzen der eigenen Handlungsmöglichkeiten auf.

    Der kleine Raketenmann in Nord-Korea bietet dem riesigen Amerika immer noch die Stirn, obwohl Trump ihm angedroht hatte, ihn vom Planeten zu pusten. Ähnlich geht es allen anderen Staaten wie dem Iran oder Syrien, denen der mächtigste Präsident der Welt totale Vernichtung in Aussicht gestellt hatte. Sie und ihre Führungen existieren immer noch.

    Nicht einmal im eigenen Herrschaftsbereich hatte Trump das widerspenstige Venezuela zur Raison bringen können. Dagegen weiten Russland und China unbeirrt von amerikanischen Drohungen weltweit ihren Einfluss selbst in jenen Regionen ruhig und besonnen aus, die bisher als amerikanischer Hinterhof galten. Am Ende seiner Amtszeit steht Trump bei genauerer Betrachtung vor aller Welt als Maulheld da.
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    Unbeirrt

    All das hatte aber bei der Wahl 2020 kaum Einfluss auf seine Anhängerschaft, die weiterhin treu zu ihm stand. Trotz dieser offenkundigen Fehlschläge und Niederlagen waren Trumps Fähigkeiten, die Wähler zu mobilisieren, ungebrochen. Er hatte sogar noch etwa zehn Millionen hinzu gewinnen können.

    Auch das Trommelfeuer der Medien in den USA hatte kaum Eindruck auf seine Anhängerschaft gemacht. Die Vorwürfe der Meinungsmacher, dass er sich nicht an die demokratischen Spielregeln hält und „keinen Respekt vor den Institutionen“(11) hat, scheint ihm an der Basis seiner Partei nicht geschadet haben. Bei seinen Wählern scheint das sogar eher gut angekommen zu sein.

    Nach seiner Regierungszeit offenbart sich gerade in diesem weiterhin hohen Zuspruch eine Abkehr weiter Teile der Bevölkerung von der amerikanischen Demokratie und von denen, die sie vor Trump vertreten hatten. Er selbst stellt sich nicht als Repräsentant der Demokratie dar und schon gar nicht als der Präsident aller Amerikaner.

    Stattdessen sammelt Trump diejenigen um sich, die bereit sind, für ihn zu kämpfen. Er setzt auf die Unterstützung seiner Anhänger und zieht gnadenlos gegen seine Gegner zu Felde. Er will nicht überzeugen. Er wetteifert nicht um Zustimmung oder Gunst. Auch wenn er selbst zur herrschenden Klasse gehört, gelingt es ihm, sich sich als Interessenvertreter der Unterprivilegierten darzustellen. Aus ihnen formt er sein politisches Lager, und von ihm fühlen sie sich politisch vertreten.

    Seine Niederlage im Jahre 2020 erklärt sich nicht aus Vertrauens- und Ansehensverlust, sondern einzig daraus, dass auch die Demokraten erheblich mobilisieren konnten. Die Stimmengewinne Bidens gingen „kaum auf Wechselwähler, sondern auf eine rege Beteiligung der urbanen Demokraten-Klientel zurück“(12).
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    Zerrissen

    Im Wahlergebnis drückt sich gerade die tiefe Spaltung der amerikanischen Gesellschaft aus in zwei nahezu gleich große Blöcke mit unterschiedlicher Kultur. Die Spaltung verläuft weniger zwischen weißer und nicht-weißer Hautfarbe. Der Riss in der Gesellschaft öffnet sich auch nicht entlang der religiösen Bekenntnisse. Die Zustimmung des zeit seines Lebens nicht-religiösen Trump war bei religiösen Weißen höher als die des bibelfesten Katholiken Biden.

    Der Graben im amerikanischen Gemeinwesen öffnet sich zwischen den bereits oben erwähnten urbanen Kreisen und dem Rest der Gesellschaft. Aber es ist nur äußerlich der Lebensschwerpunkt, der den Unterschied macht. Urban und nicht-urban stehen für anderes: für Lebensgefühl und Selbstverständnis, für modern und rückständig, teilweise auch für rechts und links, aber in erster Linie für gebildet und ungebildet.

    In diesen Gegensätzen drückt sich das Verhältnis zwischen den intellektuell und den proletarisch geprägten Teilen der Bevölkerung als grobe Unterscheidung dieser beiden Kulturen aus. Was sich in der Wahl von 2016 schon angedeutet hatte, hat sich in der Periode Trump verdichtet. Bildung – oder was man dafür hält – und das Ansehen, das sie vermittelt, werden zunehmend zum eisernen Vorhang zwischen diesen beiden gesellschaftlichen Kulturen.

    Die Arbeiterschaft, besonders die der Industrie, verliert immer mehr an Bedeutung nicht nur in den USA sondern im Westen insgesamt. „2016 standen die Trump-Countries zusammen noch für 36 Prozent der Wirtschaftsleistung, doch ungelernte Arbeiter tragen immer weniger zum Wohlstand bei“(13). Sie sind die Verlierer der Moderne.
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    Neue Wirklichkeiten

    Diese Verlierer aber sind die alten, weißen Männer, was besonders unter modernen Frauen und dem urbanen Milieu generell mittlerweile zu einer abwertenden Bezeichnung geworden ist. Sie gelten als die Bildungsfernen und Abgehängten, wenn ihnen auch von den Sonntagsrednern beider Parteien geschmeichelt wird, dass „sie mit ihrer harten Arbeit Amerikas Rückgrat seien“(14).

    Hier offenbart sich ein entscheidender Wandel in der Arbeitswelt der westlichen Gesellschaften. Die herkömmliche Industrieproduktion, also die Herstellung von Gegenständlichem, verliert immer mehr an Bedeutung für die Wertschöpfung. Damit einher geht ein Wandel im Umgang mit Realität. Die industrielle Produktion war bestimmt durch die direkte handfeste Auseinandersetzung mit Gegebenheiten, mit Werkstoffen. Physisch vorhandene Materialien wurden verändert durch die Einwirkung der Arbeitskraft.

    Die neue Arbeitswelt sieht anders aus. Produktion ist immer weniger handfest sondern geistig. Sie setzt sich immer weniger auseinander mit Material, also vorgegebenen Realitäten, ist immer weniger ausgerichtet auf Gegebenheiten, die bearbeitet und verändert werden müssen. Die neue Arbeitswelt schafft sich ihre Wirklichkeiten selbst, sie stellt virtuelle Realitäten her. Überall hält virtuelle, eingebildete, scheinbare Realität Einzug. Das hat Auswirkungen auf Wahrnehmung und Denken. Es entsteht der Eindruck, dass Wirklichkeit in den Köpfen geschaffen wird. Sie wird immer weniger wahrgenommen als etwas Äußeres, das dem Menschen gegenübersteht.

    Dementsprechend unterschiedlich ist auch das Denken in diesen verschiedenen Kulturen der Arbeitswelt. Die virtuelle Welt bewegt sich in den Sphären des Geistes, in Idealvorstellungen, nach denen man sich die virtuelle Welt gestaltet. Das strahlt aus auf die Einstellung zur realen Welt.

    Man richtet sich nicht nach den Gegebenheiten der realen Welt sondern danach, wie die Welt idealerweise zu sein hätte. In dieser Welt ist kein Platz mehr für Menschen, die für handfeste, materielle Wirklichkeit stehen: Arbeiter, Handwerker und sonstige Angestellte der nicht-virtuellen Welt. Ihre Erfahrung und ihre Fertigkeiten werden immer weniger gebraucht in einer Welt, die sich selbst erzeugt..
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    Trennende Bildung

    Doch trotz ihres Werbens um die einfachen Arbeiter bei den Wahlen haben die „Demokraten stärker darauf abgehoben, dass Bildung der Schlüssel ist.“(15). Wenn das auch sachlich richtig ist, so fühlten sich dennoch viele Amerikaner aufgrund ihrer vorgeblich geringeren Bildung herabgewürdigt. Trump griff diese Stimmung auf und gewann deren Sympathien mit Sätzen wie: „Ich liebe die Ungebildeten“(16). Und so gaben ihm 62 Prozent dieser Weißen ohne Hochschulabschluss 2020 ihre Stimme. Das bedeutet nicht, dass sie Bildung gering schätzen.

    Aber Bildung, wie sie derzeit verstanden wird, entwickelt sich besonders im Westen zunehmend zu einem neuen Eisernen Vorhang, der unterschiedliche Welten mit unterschiedlichen Werten innerhalb der Gesellschaft voneinander trennt. Meinung und Erfahrung der sogenannten einfachen Leute haben in den öffentlichen Diskussionen und den Medien kaum noch Bedeutung.

    Ihre Themen sind die des lautstark auftretenden intellektuellen Milieus. Intellektuelle beherrschen die Medien. Darin unterscheiden sich der sogenannte Mainstream und der alternative Mainstream so gut wie gar nicht. Die Sprache in den Diskussionen ist akademisch-intellektuell und kommt wissenschaftlich daher. Theorien und Befindlichkeiten bestimmen die Argumentation mehr als Erfahrung und Orientierung an der Wirklichkeit.

    Diese Haltung wird besonders in den neueren gesellschaftlichen Bewegungen wie Fridays for Future (FfF) und den Querdenkern deutlich. Trotz aller politischen Differenzen zwischen den beiden besteht eine übergreifende Gemeinsamkeit in der Betonung der eigenen wissenschaftlichen Orientierung und Bildung. Sie sind Bewegungen von Intellektuellen, intellektuell geprägt und getrieben von Idealen. Sie setzen sich nicht auseinander mit den Gegebenheiten sondern leben in einem Universum der Idealvorstellungen.

    Über den Bildungsbegriff grenzt man sich ab von den anderen, den Ungebildeten, die nicht über die eigenen Theorien und wissenschaftlichen Sichtweisen verfügen, die nicht die eigenen alternativen Quellen nutzen. Bei den Querdenkern sind das die Schlafschafe, die noch nicht erwacht sind wie man selbst. In den Augen von FfF sind es diejenigen, die nicht nach den wissenschaftlich gebotenen Vorstellungen der Umweltbewegung leben. Bei beiden aber sind nur die eigenen wissenschaftlichen Quellen anerkannt. Quellen, die andere Sichtweisen ermöglichen, sind nicht glaubwürdig.

    Gemeinsamkeiten dieser Gebildeten und Erwachten mit den proletarisch geprägten Kreisen an der Basis der eigenen Gesellschaft sind so gut wie nicht vorhanden. Ihre Community sind Ihresgleichen im globalen, englisch sprechenden Dorf. Sie verbindet untereinander ihr Selbstverständnis als intellektuell Gebildete und wissenschaftlich Orientierte, die sich für Ideale einsetzen. Ihr Weltbild orientiert an der Welt, wie sie sein sollte, nicht an der Welt, wie sie ist.
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    Aufgewachte Schlafschafe

    In den Wahlergebnissen Trumps aus den Jahren 2016 und 2020 kommt diese Spaltung für die Gesellschaft in den USA zum Ausdruck. Die Wahl Trumps ist die Rache der Nicht-Wahrgenommenen gegenüber jenen Kreisen, von denen diese bis dahin entweder missachtet oder gar verachtet wurden.

    Nicht allein die Tatsache, dass 2016 jemand aus dem Stand Präsident der mächtigsten Militärmacht der Welt geworden war, den man vorher nur belächelt hatte, hatte die selbstbezogene Elite in der westlichen Welt so aufgeschreckt. Da war auch jemand an die Macht gekommen, der sich nicht mehr an die Regeln der Eliten hält, die bisher das politische Geschehen bestimmt hatten. Trump pfeift auf ihre Konventionen, die politischen, gesellschaftlichen und kulturellen.

    Er war an die Macht gekommen, weil er die sogenannten Schlafschafe aufgeweckt hatte. Das ist nicht den Intellektuellen und Gebildeten gelungen, die sich dafür eigentlich für prädestiniert halten. Er verstand es, sie zu mobilisieren und die Gesellschaft zu polarisieren. Das macht seine Gefährlichkeit aus. Er ist aber nicht der Revolutionär, für den ihn sogar manche Linke halten.

    Trump ist der Volkstribun, der Bonaparte. Es gelingt ihm als Mitglied der herrschenden Klasse, diejenigen für sich einzuspannen, die objektiv ganz andere Interessen haben. Er mobilisiert sie gegen Teile der herrschenden Klasse, seiner eigenen Klasse. Er bringt sie in Stellung gegen die Demokratische Partei oder gegen Unternehmen, die amerikanische Arbeitsplätze nach China ausgelagert haben.

    Trump machte keinen Hehl daraus, dass er kein Anhänger der Demokratie ist. Er wurde nicht gewählt, weil er Republikaner ist, sondern obwohl er Mitglied einer dieser Parteien ist, von denen die Bürger immer weniger erwarten. Dass er trotzdem in den USA an die Macht kommen konnte, könnte darauf deuten, dass die Wähler Auswege suchen aus der Enge des Zweiparteien-Systems, auch wenn die hohe Wahlbeteiligung anderes vermuten lässt..
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    Ausblick

    Bis zum 6. Januar schien vielen Meinungsmachern der Ernst der Lage noch nicht so recht bewusst zu sein. So stellte die FAZ zwar wenige Tage zuvor noch eine „breite Geringschätzung für die Demokratie und ihre Institutionen“(17) in den USA fest. Im selben Atemzug aber höhnte ihr Kommentator über Trump und seine Anhänger: „Wo bleibt die große Protestbewegung, die auf der Straße davor warnt, dass ihnen der angebliche Sieg gestohlen wurde“(18). Postwendend hat er die Antwort bekommen auf ihren Spott, und die dürfte nicht gefallen haben.

    Hatte man 2019 im Wertewesten noch klammheimliche Freude empfunden beim Sturm von westlich orientierten Demonstranten auf Parlament und Flughafen in Hongkong, so ist nun die Empörung groß bei ähnlichen Ereignissen im eigenen Herrschaftsbereich. Es wird immer deutlicher, dass das, was man in Hongkong mit Schadenfreude begleitet hatte, in der eigenen Gesellschaft eine viel größere Gefahr darstellt. Die Ereignisse in Washington, Minneapolis, Berlin, Leipzig und auch Paris verdeutlichen die gesellschaftliche Zerrissenheit im Wertewesten.

    Während aber China weitgehend die Corona-Krise überwunden zu haben scheint, rutschen die westlichen Gesellschaften immer tiefer hinein. Der Sturm auf das Capitol zeigt, wie brüchig bereits jetzt der Friede in der amerikanischen Gesellschaft ist, und dabei ist Corona noch nicht einmal überwunden. Die Arbeitslosigkeit ist hoch und die explodierenden Schulden und Defizite schränken die Handlungsfähigkeit von Staat und Notenbank ein. In höchster Not kam Hilfe für den bedrohten „Leuchtturm der Freiheit“ von unerwarteter Seite, von Trump höchstpersönlich. Vielleicht war er selbst erschrocken über die Mächte, die er gerufen hatte.

    Denn nun machte Trump nicht nur den Weg frei für den Amtswechsel, er fiel auch jenen in den Rücken, die in seinem Sinne gehandelt hatten und für seine Interessen eingetreten waren. Wie seine Gegner warf auch er seinen Gefolgsleuten vor, sie hätten „den Sitz der amerikanischen Demokratie besudelt“(19). Das zeigt, wie orientierungslos und ohne politische Weitsicht Trump selbst ist. Um dem öffentlichen Druck zu entkommen, verrät er diejenigen, die ihm treu zu Seite standen.

    Es bleibt zu hoffen, dass das seinen Anhängern eine Lehre war und sie erkennen, für wen sie da den Kopf hingehalten haben. Und es bleibt darüber hinaus zu hoffen, dass nicht ein anderer Trump auftaucht, der es besser versteht, die Straße zu mobilisieren.
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    (1) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7.11.2016: Die Hybris der Meinungsmacher
    (2) FAZ vom 7.11.2016: Die Hybris der Meinungsmacher
    (3) FAZ vom 7.11.2016: Die Hybris der Meinungsmacher
    (4) FAZ vom 7.11.2016: Die Hybris der Meinungsmacher
    (5) FAZ vom 7.11.2016: Die Hybris der Meinungsmacher
    (6) FAZ vom 7.11.2016: Die Hybris der Meinungsmacher
    (7) FAZ vom 7.11.2016: Die Hybris der Meinungsmacher
    (8) FAZ vom 7.11.2016: Die Hybris der Meinungsmacher
    (9) FAZ vom 9.11.2020 Arbeiter heben Biden auf den Thron
    (10) FAZ vom 9.11.2020 Arbeiter heben Biden auf den Thron
    (11) FAZ vom 25.11.2020 Trumps langes Ende
    (12) FAZ 14.11.2020 Wie konnten sie nur?
    (13) FAZ 14.11.2020 Wie konnten sie nur?
    (14) FAZ 14.11.2020 Wie konnten sie nur?
    (15) FAZ 14.11.2020 Wie konnten sie nur?
    (16) FAZ 14.11.2020 Wie konnten sie nur?
    (17) FAZ vom 6.11.2020 Trump allein
    (18) FAZ vom 6.11.2020 Trump allein
    (19) FAZ vom 9.11.2021 Trump: Ich bin empört
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    Erstveröffentlichung am 21. Janaur 2020 in RoterMorgen. Bilder und Biddunterschriften wurden von der Redaktion RoterMorgen hinzugefügt.

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  • Hamburg: Dallala ist frei!

    Hamburg: Dallala ist frei!

    Sami Grigo Baydar – 20. Januar 2021

    Mehr als 1,5 Jahre suchte der „Volksrat der Aramäer“ nach der Studentin Dallala Nitro aus Hamburg. Sie war bei der Einreise in die Türkei vom türkischen Geheimdienst entführt, gefangen gehalten und gefoltert worden. Nun ist sie wieder in Deutschland.

    Sami Grigo Bayda

    Die damals 22-jährige Dallala studierte in Hamburg Jura. Sie ist ein aktives Mitglied in der »Volksbewegung Revolutionäre Suryoye« und war als Journalistin in ihr tätig. Seit dem 22. Juli 2019 fehlte jedes Lebenszeichen von ihr. An diesem Tag wollte sie ihre Heimat in Mardin/Türkei besuchen; doch dort ist sie nie angekommen. Am Flughafen von Istanbul verlor sich ihre Spur. Seit diesem Tag waren ihre Accounts in den sozialen Medien gelöscht, ihre Kommunikationsgeräte abgeschaltet.

    Nachdem der „Volksrat der Aramäer“ (Süryani Halk Meclisleri) einen mehrsprachigen Aufruf veröffentlichte, meldete sich Zeuge. Der Mann erklärte, er habe Dallala am 29. Juni 2019 am Flughafen von Istanbul in der Begleitung eines türkischen Polizisten und einer unbekannten Person gesehen. Danach gab es fast eineinhalb Jahre kein weiteres Lebenszeichen von Dallala.

    Im Sommer 2020 haben revolutionäre Cyber-AktivistInnen aus der Türkei herausgefunden, dass Dallala aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur aramäischen „Volksbewegung Revolutionäre Suryoye“ und ihrer journalistischen Tätigkeiten für den „Volksrat der Aramäer“ am Flughafen von Istanbul vom türkischen Geheimdienst (MIT) festgenommen und an einen geheimen Ort gebracht wurde.

    Am 13. Januar 2021 gab der „Volksrat der Suryoye“ nun bekannt: „Wir haben unsere Genossin Dallala befreit!“. Der Volksrat veröffentlichte nach Rücksprache mit Dallalas Familie die Information, dass sie sich wieder in Deutschland befinde und hier in einem Krankenhaus medizinisch behandelt werde.

    Ihre Familie bestätigte weiter, dass Dallala von der türkischen Polizei sowohl psychisch als auch physisch gefoltert wurde und deswegen stark angeschlagen sei und wenig sprechen könne. Aufgrund ihres Gesundheitszustands und um ihre Sicherheit nicht zu gefährden, wurden bisher keine weiteren Details um ihre Entführung und Rückkehr nach Deutschland veröffentlicht.

    Ein ähnliches Schicksal wie Dallala musste auch die linke türkische Journalistin Ayten Öztürk erleiden. Sie war am 9. März 2018 am Flughafen von Beirut im Libanon festgenommen und an die Türkei ausgeliefert worden. Fast sechs Monate war sie verschwunden. In dieser Zeit wurde sie in einem Spezialgefängnis schwer gefoltert, unter anderem mit Elektroschocks und Schein-Hinrichtungen. Zu der körperlichen Tortur kam so die psychische Folter.

    Bei den Vernehmungen wurde ihr immer wieder erklärt, dass sich in der Öffentlichkeit niemand um sie kümmere, weil sie für tot gehalten werde. Erst nachdem Öztürks Verschwinden durch die „Volksfront“ (Halk Cephesi) bekannt gemacht wurde, erfolgte eine Überstellung in ein Gefängnis.

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    Anmerkungen der Redaktion:

    RoterMorgen solidarisiert sich mit dem Kampf der »Volksbewegung Revolutionäre Suryoye« und fordert die sofortige Freilassung aller politisch Gefangenen in der Türkei, den türkisch besetzten Gebieten und der ganzen Welt. Wir fordern die weltweite Ächtung aller Foltermethoden auch, die in der BRD angewendet werden, auch wenn sie vordergründig als zu oft als harmlos angesehen werde, wenn man dieses liest:
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    Ayten Öztürk berichtete:

    „Hier ist es wie in der Hölle“
    Nach dem ich in die Türkei gebracht wurde, bekam ich Schläge, Eletroschocks, und wurde sexueller und psychischer Gewalt ausgesetzt. Wegen der Folter gab es an meinem Körper Hunderte Wunden und ich wog am Ende nur noch 40 kg. Ich wurde von Männer gefoltert, die betont hatten, sie hätten Wissen über die menschliche Anatomie. Mein Körper ist bei der Folter mehrfach kollabiert. In solchen Fällen ist ein spezielles Team gekommen und hat mich medizinisch behandelt. Danach hat man mich weiter gefoltert. Das geheime Foltergefängnis ist eine „Hölle.“ Über dem Foltertrakt habe ich Schritte gehört, die mich an Frauenschuhe erinnert habe. Deswegen vermute ich im Kellertrakt eines offiziellen Gebäudes festgehalten worden zu sein.
    ..Ich wurde zur Folter nackt ausgezogen. Man hat mich mit Schlagstöcken vergewaltigt. Dutzende Foltermethoden wie das Waterboarding, Zwangsernährung, Verbrennen der Finger, und das sog. Pfalhängen hat man an mir angewendet. Zudem in ich auch in eine Kiste eingesperrt worden, die meine Peiniger „Sarg“ nannten.

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    Lest dazu auch:


    https://perspektive-online.net/2019/09/die-verfahren-gegen-uns-linke-aramaeer-sind-ein-weiterer-dienst-deutschlands-fuer-die-tuerkei/
     

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  • Weg mit den gefälschten Mordanklagen gegen den Vorsitzenden der CPA, Windel Bolinget!

    Weg mit den gefälschten Mordanklagen gegen den Vorsitzenden der CPA, Windel Bolinget!

    Deutsch-Philippinischen Freunde e.V. – 15. Januar 2021

    „Heute (am 12. Jan.) erhielten wir, die Deutsch-Philippinischen Freunde e.V., erneut einen dringenden Appell von den Philippinen, diesmal von der Allianz der Völker in den Cordilleren (CPA). Ihr Vorsitzender Windel Bolinget ist in großer Gefahr, Opfer von einer außergerichtlichen Hinrichtung zu werden.

    Ende 2020 reichte ein Polizeioffizier vor dem Gericht der Stadt Tagum in der Provinz Davao del Norte eine gefälschte Klage wegen Mord ein. Er und neun weitere Personen werden beschuldigt, am 22. März 2018 in der Gemeinde Gupitan der Stadt Kapalong, Davao del Norte Garito Tiklonay Malibato getötet zu haben. Windel Bolinget war noch nie an diesem Ort. Tatsächlich gibt es Hinweise, dass die paramilitärische Organisation Alamara hinter der Tat steckt, bei dem das Karadyawan Mitglied Malibato ums Leben kam. Nach Aussage einer seiner Verwandten hat Malibato vor dem Mord Todesdrohungen von Alamara erhalten.

    Seit Weihnachten stehen der Wohnsitz und die Heimatstadt von Bolinget unter sichtbarer Beobachtung. 2006 war sein Name in einer Liste des Militärs, zusammen mit anderen Führer/innen der CPA. Im Februar 2018 befanden sich sein Name und der von früheren CPA Führer/innen – als Terroristen gebrandmarkt – in der Liste des Justizministeriums. Auch wenn diese Namen später wieder entfernt werden mussten, so geht die antikommunistisch motivierte Hexenjagd munter weiter. Die Angriffe richten sich auch gegen seine Familie.

    Windel Bolinget Vorsitzender der Allianz der Völker in den Cordilleren (CPA).

    Am 10.12.2020 wurden 80 Meter entfernt von seinem Haus Flyer verteilt, in dem er als unmoralisch und Rekrutierer für die Neue Volksarmee bezeichnet wird. Dieselben Flugblätter wurden auch in verschiedenen Gebieten der Stadt Baguio aufgehängt. In den vergangenen Jahren wurden Bauernführer von den Cordilleren ermordet, bei denen jahrelange Schikanen, antikommunistische Brandmarkungen, verschleierte Drohungen, Todesdrohungen und Überwachungen durch Polizei (PNP)und Armee (AFP) vorausgegangen waren. Am 30.12.2020 wurden 9 Führer/innen der Indigenen getötet und 16 weitere in koordinierten Aktionen von AFP und PNP in Provinzen von Capiz und Iloilo verhaftet.

    Bolinget hat keinen Mord begangen oder irgendeiner Person was zu leid getan. Sein „Verbrechen“ besteht darin, dass er sich mit der CPA dafür eingesetzt hat, die Rechte der indigenen Völker wahrzunehmen und Menschenrechte gegen aggressive Entwicklungen (zerstörerischer Übertagebergbau und Staudammprojekte) durchzusetzen sowie Menschenrechtsverletzungen zu bekämpfen. Das tat er 23 Jahre lang als Bildungskommissionsmitglied, Generalsekretär und jetzt als Vorsitzender der CPA. Die CPA betrachtet die Angriffe auf Bolinget als verzweifelte Versuche, Bolinget und seine Familie zu verstören und die CPA zu delegitimieren. Sie werde sich dadurch nicht von ihren Anliegen abbringen lassen. Um die Angriffe zu bekämpfen, schlägt die Allianz vier Möglichkeiten vor:

    1. Herausgabe von Stellungnahmen zur Verurteilung der Angriffe, mit folgenden Forderungen: Fallenlassen der gefälschten Anklage gegen Windel Bolinget! Beendigung der Menschenjagd! Sicherheit und Zugang zu Gerechtigkeit für Windel! Stopp der Angriffe auf die CPA! Rücknahme der Exekutiv-Anordnung 70! Gerechtigkeit für Garito Malibato!
    2. Sorgenbriefe an Amtsträger von beteiligen Regierungsagenturen, wie z.B. des Justizministeriums, Menschenrechtskommission, nationale Kommissionen für die indigenen Völker
    3. Unterstützung der Kampagne Verteidigt die Cordilleren gegen Ausplünderung und Staatsterrorismus. Unterzeichnung des Globalen Paktes: defendcordillera.ph
    4. Finanzielle und logistische Unterstützung der juristischen Ausgaben“
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  • Die Welt in Flammen – Migration und Klasse

    Die Welt in Flammen – Migration und Klasse

    Ulrike Eifler – 9. Februar 2021

    Ulrike Eifler

    272 Millionen Menschen waren 2019 weltweit auf der Flucht, mehr als je zuvor in der Geschichte der Menschheit. Sie flohen vor Krieg, Menschenrechtsverletzungen, Natur- und Klimakatastrophen, Armut, Gewalt oder Umweltver- schmutzungen. Nach vorläufigen Schätzungen der OECD hat sich diese Zahl in den ersten sechs Monaten 2020 aufgrund von coronabedingten Grenzschließungen, Reisebe- schränkungen und ausgesetzten Flugverbindungen halbiert.

    Doch die Fluchtursachen sind damit nicht verschwunden. Im Gegenteil: Die soziale Ungleichheit hat sich mit der Pandemie weltweit verschärft. Wir müssen diese riesigen und verzweifelten Migrationsbewegungen als Ausdruck einer multidimensionalen Krise des Kapitalismus betrachten, die auf der Ebene wachsender sozialer Ungleichheit, autoritärer Politik und des drohenden Klimakollaps stattfindet. Ihre Ursachen und Folgen müssen in den Kontext kapitalistischer Klassenbeziehungen gestellt werden.

    Flüchtlingscamp in Moria: Kälte, Nässe und untragbare hygienische Zustände. Bild: YouTube

    Migration und Flucht

    Migration und Flucht sind nicht dasselbe. Vielmehr ist Migration ein Oberbegriff, den man entlang verschiedener Aspekte differenzieren kann. Wenn Menschen ihren Lebensmittelpunkt innerhalb eines Landes wechseln, spricht man von Binnenmigration. Tun sie dies über Staatsgrenzen hinweg, ist das internationale oder grenzüberschreitende Migration. Es gibt zeitlich begrenzte und es gibt dauerhafte Migration. Außerdem unterscheidet man zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Migration. Die Grenzen dazwischen sind nicht immer trennscharf: Doch Arbeitsmigration, Binnenmigration oder familiär bedingte Migration sind in der Regel freiwillig. Unfreiwillig dagegen wird sie aufgrund von Flucht und Vertreibung. Jeder Geflüchtete ist also ein Migrant, aber nicht jeder Migrant ein Geflüchteter.

    Die exorbitante Zahl Geflüchteter dokumentiert, wie sehr sich die Lebensbedingungen einer Vielzahl von Menschen verändert haben. Die konservative Neue Zürcher Zeitung veröffentlichte zu Beginn des Jahres 2020 einen Artikel mit dem Titel Warum die Welt 2019 in Flammen stand!“ und identifizierte darin eine weltweite Ungleichverteilung und einen Vertrauensverlust in die politischen Eliten: „Eine Wohlstandsverteilung, die viele als ungerecht empfinden. Die Perspektivlosigkeit vieler junger Leute, deren Bildungsabschlüsse sich nicht in Wohlstand und Prestige umsetzen lassen. Oder aber die Angst vor dem sozialen Abstieg… Die Frustration unterspült die Fundamente der politischen Systeme. Die Legitimität der Herrschenden bröckelt, in Demokratien wie in Diktaturen.“

    Die NZZ beschreibt damit die politischen und sozioökonomischen Auswirkungen einer globalisierten Welt, in der sich international agierende Unternehmen Zugang zu Ressourcen und Standortbedingungen verschaffen und dafür die Verfestigung undemokratischer, korrupter Strukturen bis hin zu autoritärer Politik, aber auch wachsende soziale Ungleichheit, Kriege und den Klimakollaps in Kauf nehmen. Der Schlüssel zum Verständnis dieser Entwicklungen liegt in ihrer klassenpolitischen Einordnung. Während die Globalisierung für die Unternehmen Freiheit im Warenverkehr und ungehinderten Zugang zu Märkten bedeutet, schaffte sie für einen großen Teil der arbeitenden Bevölkerung – insbesondere in den Ländern des Globalen Südens – Arbeits- und Lebensbedingungen, die diese zu Migration zwingen..
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    Globalisierung von oben: Freiheit für Unternehmer

    Im Kapitalismus sind nicht nur Menschen, sondern auch Waren, Kapital und Arbeitskräfte in Bewegung. Bereits Marx und Engels schrieben im Kommunistischen Manifest: „Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. Überall muss sie sich einnisten, überall anbauen, überall Verbindungen herstellen. Die Bourgeoisie hat durch ihre Exploitation des Weltmarktes die Produktion und Konsumtion aller Länder kosmopolitisch gestaltet. Sie hat zum großen Bedauern der Reaktionäre den nationalen Boden der Industrie unter den Füßen weggezogen“. (Karl Marx/Friedrich Engels: Das Kommunistische Manifest, )

    Heute drückt sich diese Tendenz in weltumspannenden Kapital- und Wirtschaftsströmen, im Agieren transnationaler Konzerne, in globalen Lieferketten und in einem kontinuierlich wachsenden Handelsvolumen aus. 2018 wurden weltweit Güter im Wert von rund 19,5 Billionen US-Dollar exportiert. Der internationale Kapitalverkehr expandiert seit Mitte der 1980er Jahre doppelt so schnell wie der Warenhandel und fast viermal stärker als die Weltproduktion. Offene Grenzen spielen eine zentrale Rolle bei der Suche nach neuen Anlage-, Produktions- und Absatzmöglichkeiten. Im Zentrum stehen die Freiheit für Investitionen, Handel und Kapitalflüsse und die freie Entscheidung, Produktion und Kapital in andere Länder zu bewegen. Oder wie der schwedische Manager Percy Barnevik es formulierte: „Globalisierung (…) ist die Freiheit für meine Gruppe von Unternehmen zu investieren, wann sie wollen, was sie wollen; und zu produzieren, wann und wo sie wollen; und zu kaufen, wann und wo sie wollen, mit dem wenigsten Druck von Arbeitnehmerseite“. (Globalisierung oder Gerechtigkeit. Politische Gestaltung und soziale Grundwerte, VSA, S.48)

    Dies ist der erste von drei Teilen zu Thema Migration von Ulrike Eifler, der nächste beschäftigt sich mit Globalisierung von unten.

    Erstveröffentlichung am 7. Januar 2021 auf »Die Freiheitsliebe«. Veröffentlichung mit freundlicher genehmigung des Herausgebers. Bilder und Bilduntertexte wurden vollständig oder zum Teil von der Redaktion Roter Morgen hinzugefügt.
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    Lest dazu auch:

    Deutsche Arbeiter, ausländische Arbeiter, eine Arbeiterklasse!

    Klassenbrüder in Seenot


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  • Gesundheitsminister Spahn hat’s vermasselt

    Gesundheitsminister Spahn hat’s vermasselt

    Volkskorrespondent Heinz Michael Vilsmeier – 1. Januar 2021

    Heinz Michael Vilsmeier

    Insgesamt drei Unternehmen waren es, die die Bundesregierung mit ungeheuren Summen an Steuermitteln bei der Entwicklung eines Impfstoffes gegen SARS-CoV-2 gefördert hat.

    Das Mainzer Unternehmen BioNTech SE, das das Rennen bei der ansonsten Jahrzehnte dauernden Impfstoffentwicklung und Zulassung gemacht hat, erhielt alleine 375 Mio. EUR Förderung aus dem Sonderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Zum Vergleich: der Firma CureVac (Tübingen) wurden am 04.09.2020 Bundesmittel in Höhe von bis zu 252 Mio. EUR bewilligt.
    Doch dann, als der Impfstoff einsatzbereit war, hat die Bundesregierung es versäumt, rechtzeitig ausreichend Impfstoff zu ordern. Andere Regierungen kamen ihr zuvor.
    Archivbild: Der Biontech-Chef versucht nun, neue Kooperationspartner zu gewinnen, um größere Mengen des Impfstoffes produzieren zu können. Bild YouTube

    Gesundheitsminister Spahn, der, warum auch immer, in der Wählergunst bereits Bundeskanzlerin Merkel in den Schatten stellt, hat es offensichtlich vermasselt. Er hätte dafür sorgen müssen, dass Biontech ausreichend Impfstoff für den Deutschen Markt zur Verfügung stellt. Doch das ist nicht geschehen und so wird wohl die Bevölkerung in Deutschland noch eine Weile warten müssen, bis endlich in ausreichendem Maße geimpft werden kann.
    Der Vorstandsvorsitzende der Firma BioNTech, Uğur Şahin, sagt dazu: „Offenbar herrschte der Eindruck: Wir kriegen genug, es wird alles nicht so schlimm, und wir haben das unter Kontrolle“ und fügt hinzu: „Mich hat das gewundert.“
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  • Weihnachten 1914 – Frontsoldaten beendeten das Gemetzel

    Weihnachten 1914 – Frontsoldaten beendeten das Gemetzel

    Roter Morgen – 26. Dezember 2020

    Mitten im Wahnsinn des Ersten Weltkriegs kam es zu einem erhebenden Moment der Klassensolidarität unter den Soldaten, deren Führungen alle behaupteten, dass sie „der Feind“ wären. Während der Krieg schon beinahe fünf Monate tobte und eine Million Soldaten aus Frankreich, England, Deutschland und Russland in den Schützengräben verblutet waren, schlossen sich einfache Soldaten gegen den Befehl ihrer Führung, spontan zusammen und beendeten, für die Weihnachtszeit, das Gemetzel.

    Verbrüderung im Niemannsland: Deutsche und Britische Soldaten am Weihnachtstag 1914

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    Der Wiener Genosse David Reisinger, recherierte 2015 in dieser Sache und schrieb unter anderem:

    „(…) Am 24. Dezember 1914 kam es sowohl an der Ost- als auch an der Westfront zu Waffenstillständen zwischen einfachen Soldaten. Diese Feuerpausen wurden nicht organisiert, sondern waren spontane Rebellionen der einfachen Frontsoldaten gegen den Krieg und die Generäle. Auch, wenn es nicht genau rekonstruierbar ist, fing alles wahrscheinlich bei Rue du Bois (Ortschaft in Frankreich an der Front) an.
    ..Ein britischer Leutnant hörte am 23. Dezember aus dem gegenüberliegenden deutschen Schützengraben die Aufforderung: „Schießt nicht mehr nach Mitternacht, und wir werden dasselbe tun. Wenn ihr Engländer seid, kommt raus und redet mit uns, wir werden nicht feuern.“ Der Leutnant soll dann wirklich den Schützengraben verlassen haben, um mit den Deutschen ein Waffenstillstandsabkommen abzuschließen.

    Verbrüderung im Niemannsland: Deutsche und Britische Soldaten am Weihnachtstag 1914

    ..Solche Ereignisse gab es zwischen 23. und 26. Dezember an der ganzen Westfront und auch vereinzelt an der Ostfront. Meistens gingen die Waffenstillstandsangebote von den Deutschen aus. Der englische Offizier Laurie schrieb in einen Brief an seine Frau: „Du hast keine Idee, wie angenehm alles ist ohne Gewehr oder Kanonenschüsse.“ Der Leutnant des 134. sächsischen Regiments Kurt Zehmisch stellte fest: „Kein einziger Schuss wurde von unserem Regiment zwischen 24. und 27. Dezember abgegeben.“

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    Waffenstsilstand und Weihnachtslieder

    Titelblatt der »Illusteated London News« vom 9. Januar 1915: Ein deutscher Soldat geht mit erleuchtetem Tannenbäumche auf englische Soldaten zu.

    Anstatt der Schüsse und des Artilleriefeuers hörte man aus den Schützengräben Weihnachtslieder, Tannenbäume wurden vor den Schützengräben aufgestellt und geschmückt. Soldaten beider Seiten verließen ihre Schützengräben und gingen auf die andere Seite, um sich mit ihren „Feinden“ zu unterhalten. Zigaretten, Fleisch, Wein, Brot, Postkarten und andere Gegenstände, des täglichen Gebrauchs, wurden getauscht und sogar verschenkt. Es kam zu Fußballspielen zwischen englischen und deutschen Truppen.
    ..Der Offizier Hans-Georg Reinhardt beschrieb die Situation so: „Überall in den Schützengräben brannten oben auf dem Grabenrand die Lichter der kleinen Christbäumchen … Auch die englischen Gräben die uns dicht gegenüber waren , waren überall durch Lichter gekennzeichnet. Kein Schuss fiel, durch die Nacht klangen von der vordersten Front her die herrlichen Weihnachtslieder. Ein unvergesslicher Eindruck für jeden, der dieses Weihnachten miterlebt hat.“

    Historiker schätzen, dass an der Westfront um die 100.000 Soldaten direkt am Weihnachtsfrieden beteiligt waren. Mit ganz wenigen Ausnahmen gab es in den Frontabschnitten, wo sich englische und deutsche Truppen gegenüberstanden, zwischen 24. und 26. Dezember keine Schusswechsel. An vereinzelten Frontabschnitten hielt der Weihnachtsfrieden sogar bis nach Neujahr. Von der Ostfront (Deutschland, Russland) gibt es kaum Quellen. Es gilt aber als gesichert, dass es auch dort vereinzelt zu spontanen Waffenstillständen kam auch, wenn es oft nur darum ging, die Toten zu bestatten.

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    Armeeführung antwortet mit Repression

    Den politischen und militärischen Eliten der kriegsführenden Nationen jagte der Weihnachtsfrieden eine Heidenangst ein. Zu Verbrüderungen solchen Ausmaßes zwischen verfeindeten Heeren, war es davor noch nie gekommen. Es entsetzte die Generäle und Politiker, dass sich die einfachen Leute über ihre Befehle hinwegsetzten. ..Dementsprechend gingen sie mit Repression gegen die Soldaten vor und führten wieder eiserne Disziplin in der Armee ein.
    ..Der Weihnachtsfriede wurde kleingeredet beziehungsweise überhaupt geleugnet. Weder in deutschen noch österreichischen Zeitungen finden sich irgendwelche Berichte über den Weihnachtsfrieden, aus England – wo die Presse etwas freier war – gab es vereinzelte kleine Berichte.

    Weihnachten 1914: Britische und deutsche Soldaten spielen zusammen Fußball.

    Als die Heerführungen von den Verbrüderungen erfuhren, verboten sie jeden Kontakt mit der anderen Armee. Das britische Hauptquartier erteilte um 12:53 am Weihnachtstag den Befehl: „Kontakt jedweder Art mit dem Feind ist verboten. Es ist strengstens verboten die Schützengräben zu verlassen, um sich mit den Feinden auszutauschen, wer sich widersetzt wird hart bestraft werden.“ Von deutscher Seite gab es ähnliche Befehle und nach dem 25. Dezember bestrafte man Soldaten, die nicht auf Befehl schossen, mit aller Härte (Prügelstrafe, Gefängnis usw.) Doch als auch das nicht wirklich half, löste die deutsche Heeresführung die besonders aufsässigen Regimenter auf und mischte sie mit unverbrauchten Truppen aus dem Hinterland.
    Außerdem gab man der schweren Artillerie, diese war im Hinterland stationiert und hatte dementsprechend nicht viel vom Weihnachtsfrieden mitbekommen, Schießbefehle. Für die Zukunft drohte die Oberste Heeresleitung Deutschlands (OHL) mit Kriegsgerichtsverfahren und Hinrichtungen, falls wieder ohne Befehl die Waffen niedergelegt würden.

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    Widerstand von unten lohnt sich

    Cover der Zeitschrift »The Sphere« vom 9. Januar 1915: Mistelzweige schmücken Sachsen und Briten am Weihnachtsmorgen.

    Trotzdem kam es auch Weihnachten 1915 und 1916 zu Waffenstilständen, wenn auch in deutlich kleinerem Ausmaß als 1914. Doch auch die brutalen Strafandrohungen konnten nicht verhindern, dass es nach der Februarrevolution in Russland an der Ostfront zu noch größeren Verbrüderungen zwischen „feindlichen“ Soldaten kam.
    ..Der Weihnachtsfrieden ist in mehrfacher Hinsicht unglaublich bedeutsam. Zuerst ist interessant zu sehen, wie ein religiöses Fest Nationalismen überwinden kann. Außerdem stellte der Weihnachtsfrieden von 1914 den Irrglauben der Liberalen und Konservativen, dass die Soldaten begeistert im Krieg kämpfen würden, auf eine harte Probe. Viele der Soldaten waren Arbeiter, die keine Lust auf den Krieg hatten. Doch durch den beispiellosen Verrat der sozialdemokratischen Führungen, die allesamt dem ersten Weltkrieg zustimmten, waren sie demoralisiert.

    Aus dem Weihnachtsfrieden lernten sie, dass sie selbst es waren, die etwas ändern konnten. Ihnen wurde deutlich, dass die Soldaten im Schützengraben gegenüber nicht ihre Feinde waren. Der Feind waren die eigenen Herrscher, vertreten durch die Offiziere. Auch, wenn der Weihnachtsfrieden nur einige Tage dauerte, so brachte er doch eine Schlüsselerfahrung für die Massen, die wenige Jahre später sowohl in Russland, in Deutschland, als auch in Österreich zu hunderttausenden gegen den Krieg meuterten und rebellierten, und die alten Kaiserreiche durch Massenaufstände zum Teufel jagten.

    David Reisinger, Wien – 23. Dezember 2015″

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    Anhang der Redaktion:

    Quellen und weiterführendes Material:

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    Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe kleine Dokumentarfilme, die auf YouTube zu finden sind.


     

    Dieser Artikel erschien erstmals heute in ROTER MORGEN.
    Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.

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  • Ab 2021 sind zwei Fingerabdrücke in jedem Personalausweis Pflicht!

    Ab 2021 sind zwei Fingerabdrücke in jedem Personalausweis Pflicht!

    Volkskorrespondent Emil Tischbein – 24. November 2020

    Emil Tischbein Szdn.

    Am 1. August 2021 tritt die Neuregelungen zum Personalausweis in Europa in Kraft. Während Trump, Corona, Erdogan und China als Themen der bürgerlichen Presse dominieren, gehen die kleinen, aber oft feinen Details und Gesetzesverschärfungen der Herrschenden und ihren Parlamentariern meist sang und klanglos unter. Dabei sind es oft die gezielt klammheimlich verabschieden Neuregelungen mit wohlklingenden Namen, die es in sich haben und eigentlich wert sind, groß besprochen zu werden!

    So auch die Neuregelungen zum Personalausweis in Europa, also auch Deutschland, die ab August 2021. Gültigkeit haben wird. Wichtigster Bestandteil dieser Regelung ist die Pflicht zur Abgabe der eigenen Fingerabdrücke im neuen Personalausweis gespeichert werden. Die Bundesregierung versteckt sich erneut hinter „EU-Richtlinien“, die „ja nun mal umgesetzt werden müssten“.

    Fingerabdrücke sind sensible Daten – CC-BY 2.0 Kevin Dooley

    Bislang gab es beim Beantragen eines Personalausweises noch die Wahl, ob diese biometrischen Daten auf einem Chip im Personalausweis gespeichert werden sollen. Diese Wahlmöglichkeit wurde jetzt abgeschafft. Bürgerrechtsorganisationen kritisieren die Fingerabdruck-Pflicht heftig und halten sie für unvereinbar mit dem Grundgesetz. Für erhebliche Bedenken sorgt auch die Möglichkeit, dass die Fingerabdrücke nicht nur in der Plastikkarte bleiben könnten, sondern möglicherweise, als nächter Schritt, für die Datenbanken der Polizeien und Geheimdienste zugänglich gemacht werden. Digitalcourage warnt davor, dass es „nur eine Frage der Zeit“ sei, bis Polizei und Geheimdiensten ein automatischer Zugriff auf biometrische Daten von Personalausweisen möglich werde. Angesichts der Tatsache, dass Fingerabdrücke Personen lebenslang unveränderlich identifizieren – anders als ein Name – sei eine „anlasslose und massenhafte biometrische Erfassung von Fingerabdrücken […] ein nutzloser und gefährlicher Übergriff des Staats auf die Bevölkerung“.

    Pro forma Kriminalisierung aller Bürger

    Ab den 1970er Jahren optimierte die Volkspolizei und das MfS der DDR diese außergewöhnliche Methode der Spurensuche mit der Geruchsdifferenzierung. Sterile Stofflappen wurden dazu genutzt, um Geruchsspuren von Personen (den sogenannten olfaktorischen Fingerabdruck) aufzunehmen und anschließend in luftdicht verschlossenen Gläsern aufzubewahren. Bild: YouTube

    Die Bürger der EU-Länder werden durch die Neuregelung fortan pro forma kriminalisiert und prophylaktisch einer biometrischen Analyse und Speicherung unterzogen. Nur „für den Fall der Fälle“, wie es sich versteht. Das erinnert stark an einen Überwachungsstaat und speziell an die zig-tausend in Gläsern konservierten Lappen des MfS und der Volkspolizei mit Geruchsproben, der von ihm bespitzelten DDR-Bürgern.

    Eine vernünftige Erklärung blieben die Regierungen auf Bundes-und EU-Ebene bislang schuldig. Inwieweit sollen Fingerabdrücke die Sicherheit der Bürger stärken? Gab es denn in den letzten Jahren riesige Betrugsvorgänge mit gefälschten Fingerabdrücken? Wurden Milliarden an Steuergelder veruntreut, weil die Behörden die Betrüger nicht ermitteln konnten – mangels Fingerabdrücken? All dies darf freilich verneint werden. Denn die wirklichen Skandale, wie die milliardenschweren Steuerdiebstähle im Zuge der Cum-Ex-Geschäfte (allein Deutschland rund 31 Mrd. Euro!) konnten mitnichten aufgrund mangelnder Fingerabdrücke im Personalausweis vollzogen werden, und auch die Lobbyarbeit im Europaparlament (alleine rund 25.000 Lobbyisten alleine in Brüssel!) wird zweifelsfrei durch die Fingerabdrücke in den neuen ‚Persos‘ nicht bekämpft werden. Die echten Kriminellen sitzen mit Schlips und Anzug in den Vorstandsetagen der Unternehmen und in den Parlamenten. Es sind nicht die hart arbeitenden Menschen. Es ist die Bourgeoisie, die sich für keine Schandtat zu schade ist, aber immer auf die Arbeiterklasse zeigt. Das ist ihre Art der des Klassenkampfes!

    Klartext:

    Die Fingerabdrücke in den Personalausweisen dienen einzig der Kriminalisierung der EU-Bevölkerung. Die Staaten schreiten vorwärts im Ziel des „gläsernen Bürgers“ um eine weitestgehende Kontrolle und Überwachung zu schaffen. Die Fingerabdrücke sind dabei der nächste Zwischenschritt um etwaige Vergehen (und das kann jedes missbeliebige Verhalten im Auge der Bourgeoisie sein) unmittelbar zu sanktionieren.

    Doch sie werden scheitern. Kein Fingerabdruck in den Personalausweisen wird den Sturm der Völker dieser Welt eindämmen können. Wenn die Massen sich erheben, wird den Herrschenden dieser Welt, kein neugeformter Personalausweis helfen. Der gerechte Kampf der Völker gegen Ausbeutung und Unterdrückung lässt sich niemals und durch keine Maßnahme unterdrücken. Die Herrschenden kaufen sich einzig ein wenig Zeit. Doch, wenn ihre Zeit abgelaufen ist, wird keine Methode die Emanzipation der unterdrückten Klassen aufhalten können!

    Quellen:
    Speicherpflicht: Bald Fingerabdrücke in allen Personalausweisen
    Fingerabdrücke im Personalausweis – was tun?
    Bundestag beschloss Speicherpflicht für Fingerabdrücke in Personalausweisen
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  • Lufthansa: Der Dank für neun Milliarden Subventionen: 29-Tausend Kollegen/innen müssen gehen!

    Lufthansa: Der Dank für neun Milliarden Subventionen: 29-Tausend Kollegen/innen müssen gehen!

    Volkskorrespondent Nico Diener – 9. Dezember 2020

    Nico Diener

    Neun Milliarden Euro Steuergelder steckte der Staat der Airline Lufthansa in den Hintern. Zum Dank müssen bis zum 31. Dezember 29.000 Kollegen/innen gehen!

    Das muss man sich einmal ganz langsam vor Augen führen. 9 Milliarden Euro aus Steuergeldern und 29-tausend Arbeitslose ab 1. Januar 2021. Offensichtlicher kann es nicht sein, in welchem widerwärtigen Gesellschaftssystem wir alle leben!

    Das Begründungsblabal

    Die Lufthansabosse behaupten, schuld sei eine erforderliche Umstrukturierung, die der Konzern aufgrund der Wirtschaftskrise und der gesunkenen und vermutlich niedrig bleibenden Nachfrage nach Flügen durchläuft. „Da die Dauerrhaft schrumpfen müsse, seien ganze 27.000 Vollzeitstellen überflüssig“, so Konzernchef Carsten Spohr. Weiter lobte Spohr, dem alles „viel zu langsam gingt“, die Bundesregierung. Er fügte hinzu: „Selbst mit der Bundesregierung waren wir schneller als mit den Gewerkschaften am Boden und im Cockpit.“

    Parasit, Multimilliardär und Lufthansa Aktionär Heinz Hermann Thiele hat gut Lachen. Regierung und ver.di krümmen ihm kein Haar. Bild: YouTube (Ausschnitt)

    29.000 Stellen werden nun also bis Jahresende abgebaut sein, mehr als 20.000 davon im Ausland. Das Europageschäft des Tochterunternehmens LSG, welches 7.500 Arbeiter/innen beschäftigt, wurde bereits verkauft. Übrig bleiben werden nun wohl knapp unter 100.000 Arbeitsplätze.

    Aber das ist noch nicht alles: Die Entlassungswelle soll auch im kommenden Jahr weiter gehen: 10.000 Kollegen/innen der Lufthansa sollen 2021 in Deutschland auf die Staße fliegen.

    Das Unternehmen wurde von der Wirtschaftskrise hart getroffen. 5,6 Milliarden Verlust hat es im laufenden Jahr gemacht. Der Staat rettete das Unternehmen mit einer Summe von neun Milliarden Euro vor der sicheren Pleite. Von dem Steuergeld ist bereits jetzt ein Drittel aufgebraucht, den Arbeitern und Arbeiterinnen ist jedoch damit nicht geholfen.

    Immer schnell zur Stelle

    Ja, die Regierung des Kapitals ist immer schnell zur Stelle, wenn ihre Herren rufen: So war Ex-SPD-Minister Sigmar Gabriel schnell zur Stelle, als er Tönnies verteidigen musste; Scholz und Merkel waren zur Stelle, als Wirecard in China den Dienst der Bundesregierung in Anspruch nehmen wollte. Sie war auch zur Stelle, neun Milliarden in die Lufthansa zu stecken, die nun 27.000 Kollegen/-innen entlassen hat. Noch vor einigen Wochen brüstete sich der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider, damit: „Der Staat ist nicht der dumme August, der das Geld gibt und dann nichts zu melden hat.“

    Der einzige Weg aus der Krise ist die entschädigungslose Verstaatlichung unter Kontrolle der Arbeiter. Das ist angesichts der Entwicklungen im weltweiten Luftverkehr und der Art der Geschäftsführung nicht vermeidbar. Das Unternehmen hat nicht nur ihre vertragliche Zusage gegenüber der Gewerkschaft UFO gebrochen, bis 2024 keine Beschäftigte zu entlassen, sondern treibt mit staatlichem Geld Tausende Menschen und Familien in Corona-Zeiten in den Ruin. Jeder siebte Beschäftigte ist von dieser Entlassung betroffen.

    Ironischerweise werden die Entlassungen von der Politik als Flexibilität verkauft: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer warnte vor Kurzem noch vor der Verstaatlichung von Lufthansa, weil man bei anderen Großunternehmen mit Staatsbeteiligung gesehen hätte, dass den Firmen die Flexibilität genommen wurde. Flexibles Handeln wäre in dieser Logik für den wirtschaftlichen Erfolg notwendig. Dabei verschwieg er, dass die Lufthansa bis 1963 ein fast vollständig staatliches Unternehmen war und erst 1997 vollständig privatisiert wurde. Die Staatsbeteiligung hatte offensichtlich nicht verhindert, dass die Lufthansa ein Weltunternehmen wurde.

    Müssen wir uns das gefallen lassen?

    NEIN! Wir brauchen keine flexible Lufthansa, die im Sinne seiner Aktionäre Tausende Menschen in die Arbeitslosigkeit schickt. Und auf die etablierten Gewerkschaften ist kein Verlass. So einigte sich ver.di am 11. November mit den Lufthansabossen auf Lohnkürzungen, „damit mehr Arbeitsplätze erhalten bleiben“. Mann könnte denken, dass sie blöde sind und immer noch nicht aus der Geschichte gelernt haben. Aber so ist es nicht – Die Verdibosse wissen ganz genau, was sie tun und spielen ihre Rolle als Puffer zwischen Lohnarbeit und Kapital sehr gut. Das Ziel dabei ist immer die Erhaltung des kapitalistischen Wirtschaftssystems, der Ausbeuterordnung, in der nur die Klasse der Kapitalisten die Macht hat und die Früchte unserer täglichen Arbeit erntet!

    Proteste bei der Aktionärsversammlung der Lufthansa im Juni 2020. Kollegen verlangen die Verstaatlichung. Bild: YouTube


    Wir fordern:


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    Die sofortige Verstaatlichung
    von Lufthansa
    und ihrer Tochter-
    unternehmen unter
    Kontrolle
    der Kollegeninnen und Kollegen!

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  • Erneut über 200 Kollegen in einer Großschlachterei von Tönnies mit Covid-19 infiziert!

    Erneut über 200 Kollegen in einer Großschlachterei von Tönnies mit Covid-19 infiziert!

    Volkskorrespondent Julian Drews – 5. November 2020

    Schon wieder Tönnies! Erneut haben sich rund 200 Beschäftigte im Werk Weißenfels (Sachsen-Anhalt) der Großschlachterei von Tönnies mit Covid-19 infiziert. Trotzdem wird der Betrieb nicht dichtgemacht. Der Fall zeigt, dass ein kompletter Lockdown der nicht-essenziellen Wirtschaft notwendig ist, um die Pandemie einzudämmen.

    Der Burgenlandkreis ist ein deutscher Corona-Hotspot geworden: Auf 100.000 Einwohner kamen in sieben Tagen 259 Neuinfektionen. Besonders betroffen ist die Stadt Weißenfels und der dort ansässige Schlachthof des Skandalunternehmens Tönnies. Mehr als 200 Mitarbeiter wurden bereits positiv getestet. Das heißt: Mehr als zwei Drittel aller in der Stadt gehen auf Schlachthof-Beschäftigte zurück.

    Schon wieder Tönnies. Nachdem es bereits im Sommer einen großen Ausbruch in einem Tönnies-Betrieb in Nordrhein-Westfalen gab, ist nun ein weiterer Fall öffentlich geworden. Mindestens 200 Kollegen haben sich bei Tönnies in Weißenfels in Sachsen-Anhalt angesteckt. Insgesamt 2200 Mitarbeiter/innen sind im zweitgrößten Betrieb des Fleischkonzerns in Deutschland angestellt. Zum Ende der Woche sind zwar weitere Tests angekündigt. Doch das Werk soll geöffnet bleiben. Ein Skandal angesichts der zahlreichen Ausbrüche in Fleischfabriken in den letzten Monaten. Einer Studie aus dem Sommer zufolge hat ein infektiöser Kollege bei Tönnies andere Beschäftigte angesteckt, die sogar acht Meter entfernt von ihm standen. Die üblicherweise vorgeschriebenen anderthalb bis zwei Meter reichen also offensichtlich nicht aus. Der darauffolgende große Ausbruch war dafür verantwortlich, dass die Kreise Gütersloh und Warendorf am 23. Juni zurück in den Lockdown mussten.

    Immer wieder hat sich Clemens Tönnies in der Vergangenheit mit üblen rassistischen Parolen und als skrupeloser Ausbeuter hervorgetan. Der neue Ausbruch beweist: Bis heute setzt er die Gesundheit der überwiegend osteuropäischen Arbeiter, auf deren Arbeit sein Reichtum beruht, aufs Spiel. Er schöpft seine Profite aus einem der am meisten entrechteten Sektoren der Arbeiterklasse und schürt den Rassismus, um diese Sektoren noch mehr zu entrechten.

    Die Fälle bei Tönnies sind dabei wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs. Der Teil-Lockdown der Bundesregierung, der große Teile der Wirtschaft weitgehend von verbindlichen Maßnahmen verschont und bis zum 10. Januar 2021 verlängert wurde, reicht vorne und hinten nicht. Selbst vor Weihnachten, wenn es in vielen Bundesländern Lockerungen gibt, empfiehlt die Bundesregierung lediglich Home-Office und Betriebsferien, damit sich möglichst viele Beschäftigte in eine freiwillige Quarantäne begeben können. Was Beschäftigte machen sollen, deren Chefs sich hier querstellen oder aus sonstigen Gründen nicht die Möglichkeit dazu haben, bleibt das Problem jedes Einzelnen.

    Bei Tönnies kommt noch hinzu, dass ein Großteil der Beschäftigten über Subunternehmen angestellt ist und in beengten Gemeinschaftsunterkünften lebt. Er kann aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen also nicht einmal ohne Weiteres belangt werden. Zwar sollen Leih- und Werkverträge ab Januar 2021 stark eingeschränkt werden. Schlupflöcher bleiben jedoch. Mehrere Dutzend Strafanzeigen wurden bislang wegen der Corona-Ausbrüche eingeleitet. Statt jedoch den Betrieb in Weißenfels einzustellen, bis alle Beschäftigten getestet wurden, darf Tönnies weiter produzieren lassen.

    Der große Widerspruch im Teil-Lockdown bleibt damit bestehen. Während private Kontakte auf maximal fünf Leute beschränkt bleiben sollen, müssen sich in Betrieben weiterhin hunderte Beschäftigte in Innenräumen versammeln, um ihren Job zu machen. Zur aktuellen Einschätzung des Infektionsgeschehens hat das Robert-Koch-Institut am Dienstag einen neuen Newsletter veröffentlicht. Dort wird unter anderem festgestellt, dass Infektionsherde oft nicht mehr ermittelt werden können und neben Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen auch Schulen und das „berufliche Setting“ betroffen sind.

    Wirtschaft runterfahren, Tönnies enteignen!

    Um die Pandemie wirksam einzudämmen, muss die gesamte nicht-essenzielle Wirtschaft heruntergefahren werden. Beschäftigte gehören bei voller Lohnfortzahlung freigestellt. In Betrieben, in denen weitergearbeitet werden muss, müssen Infektionsschutzmaßnahmen weiter verschärft und von Beschäftigten selbst kontrolliert und gegebenenfalls angepasst werden können. Die Gewerkschaften müssen den Kampf dafür nehmen, dass diese Maßnahmen durchgesetzt werden. Zudem müssen Leih- und Werkverträgen vollständig verboten und alle entsprechenden Arbeitsverhältnisse in Festverträge umgewandelt werden. Mit dubiosen Fleischfürsten wie Tönnies wird so etwas nicht möglich sein. Deshalb gehören seine Betriebe verstaatlicht und unter die Kontrolle der Beschäftigten gestellt.

    Teilansicht Schlachtbetrieb Tönnies in Weißenfels. Bild YouTube (Ausschnitt)

    Der aktuelle Lockdown soll nicht in erster Linie die Menschen schützen, sondern vor allem wirtschaftliche Aktivität aufrecht erhalten, damit Kapitalisten weiterhin Gewinne erwirtschaften können. Stattdessen müssen Beschränkungen von gewählten Vertreter/innen der Arbeiterklasse aus den Gewerkschaften und Betrieben sowie Schulen und Unis selbst durchgesetzt werden. Sie sind es auch, die entscheiden müssen, welche Sektoren essenziell sind und wie weit die Beschränkungen reichen sollen.
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    Quellen:
    > Bündnis »
    Gemeinsam gegen die Tierindustrie«
    > Archiv RoterMorgen
    > Der Spiegel online
    > Klasse gegen Klasse
    > Deutsches Tierschutzbüro e.V.
    > MDR

    Dieser Artikel erschien erstmals am 6. Dezember d. J. in ROTER MORGEN.
    Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.

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    Lest dazu auch:


    Schweinefleisch. Bild: Pixabay CC0

     
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  • Jana aus Kassel – ein Mädel wie Du und ich?

    Jana aus Kassel – ein Mädel wie Du und ich?

    Volkskorrespondent Nico Diener – 23. November 2020

    Nico Diener

    Wenn es nicht so lächerlich wäre, könnte man es zu den Akten legen. Aber weil immer wieder von verschiedenen Seiten behauptet wird, das die Querdenker-Demonstranten zum allergrößten Teil besorgte Bürger wären und rechte Organisationen eine Nebenrolle spielen, ist es angebracht, den abstoßenden Vorfall in Hannover näher zu betrachten.

    Am Samstag bei der Querdenker-Kundgebung „Hannover steht auf“ verglich sich eine Rednerin mit der Widerstandskämpferin Sophie Scholl.

    Ein Ordner hatte die Faxen dicke und sagte: „Für so einen Schwachsinn mache ich kein Ordner mehr“ und „Du verharmlost hier den Holocaust“. Er gab unter Protest seine Warnweste zurück und Polizei begleitete ihn von der Bühne. Daraufhin hatte auch die Rednerin, die sich mit Jana aus Kassel vorstellt, die Faxen dicke und stampfte weinend von der Bühne.
    Schaut Euch erst einmal den Klamauk an, bevor ich Euch von meinen weiteren Recherchen berichte.

    Sophie Scholl gehörte zum inneren Kreis der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ gegen die Diktatur der Nationalsozialisten. Gemeinsam mit ihrem Bruder Hans und Dutzenden Unterstützerinnen und Unterstützern trat sie der Nazi-Unrechtsherrschaft mutig unter Einsatz ihres Lebens entgegen, unter anderem durch das Verfassen und Verteilen von Flugblättern in München und anderen Großstädten in den Jahren 1942 und 1943. Sie wurde im Februar 1943 von den Nazi-Faschisten hingerichtet.

    Ein Mädel aus Kassel, blond, besorgt und engagiert?

    Nein, denn die Dame trat schon auf mehren Veranstaltungen als Rednerin „aus dem Volk“ auf. Das Bild rechts zeigt sie auf einer Querdenker-Kundgebung am 5. Sept. in Kassel. Auffallend ist das T-Shirt, das sie trägt. Beim näheren Hinsehen erkennt man das Motiv des rechtsextremen Bloggers Heiko Schrang. Dieser rechtsextreme Autor, Verleger, Publizist, Webvideoproduzent und ehemaliger Immobilienhändler organisierte schon 2014 die sogenannten Mahnwachen für den Frieden, bei denen es laut Kritikern antiamerikanische, antisemitische, rechtsextreme und verschwörungs- ideologische Tendenzen gibt. Im selben Jahr startete er den YouTube-Kanal SchrangTV.

    Die Hintergründe der Kombination aus Rechtsextremismus und Esoterik erläutert ein Beitrag von Mio Liebentritt im Deutschland Funk aus dem August 2019, den ich Euch zum Studium empfehlen möchte.

    Rechtsesotheriker Heiko Schrang (rechts) und sein Werbepartner, der Sänger Xavier Naidoo.
    Bedeutung des Symbols: Punkt mit Kreis – auch Sonnenzeichen genannt. Es steht für das Göttliche und für die Seelenkraft. Das Symbol strahlt aus der Mitte heraus nach außen und ist damit ein kraftvolles Verstärkungszeichen der positiven Energien in alle Richtungen.

    Es ist nicht das erste Mal, dass im Umfeld der „Querdenker“-Bewegung die Maßstäbe vollkommen verloren gehen und geht so mancher Corona-Vergleich übelst daneben. Mehrfach schon fielen Corona-Leugner auf, die sich abgewandelte „Judensterne“ mit der Aufschrift „Ungeimpft“ an die Kleidung geheftet und so die Opfer des Holocaust für sich vereinnahmt hatten. Als seien die Maßnahmen zum Infektionsschutz auch nur ansatzweise vergleichbar mit dem größten Zivilisationsbruch in unserer Geschichte.
    ..Mit dem „Judenstern“ an der Kleidung mussten sich unter dem nationalsozialistischen Regime Menschen kennzeichnen, die nach der NS-Ideologie und -Gesetzgebung als Jüdinnen oder Juden galten – die Markierung erleichterte den NS-Schergen unter anderem die Deportationen der Menschen und den millionenfachen Mord an ihnen.

    Geschmacklose Gleichsetzung: Bürger mit „Judenstern“ im Ghetto von Lodz 1941 und Infektionsschutzgegner mit abgewandelter Kennzeichnung mit dem Wort „ungeimpft“ auf einer Demonstrantion in Frankfurt am Main 2020
    © Prisma / Picture Alliance, Boris Roessler / DPA. Quelle: YouTube

    Bei Corona-Demos werden auch immer wieder Kinder instrumentalisiert (Symbolbild)

    In Karlsruhe hat eine Elfjährige verkündet, das sie Angst gehabt hat, dass die Nachbarn ihre geheime Geburtstagsfeier „verpetzen“. Sie habe sich wie das jüdische Mädchen Anne Frank im Hinterhaus gefühlt. Keine Ahnung, wer einer Elfjährigen solch ein Mist eintrichtert.
    ..Anne Frank, die sich in einem Amsterdamer Hinterhaus versteckt hatte, verstarb schwer erkrankt 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

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    Für den Inhalt dieses Artikels ist der/die Autor/in bzw. der Herausgeber verantwortlich.
    Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.

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  • Profiteur der Krise – Amazon zwischen Heuchelei und Ausbeutung

    Profiteur der Krise – Amazon zwischen Heuchelei und Ausbeutung

    Linus Landmesser – 3. November 2020

    Die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die noch immer andauernde Corona-Pandemie mit sich bringt, belasten sowohl Kleinunternehmen und Selbstständige, welchen teilweise die gesamte Existenzgrundlage entrissen wird, als auch Großkonzerne, deren Aktienkurse weiterhin zu sinken scheinen.

    Mit Ausnahme von Amazon.

    Das milliardenschwere Unternehmen profitierte als Online-Versandhandel mit kontaktloser Lieferung und Anbieter eines überaus beliebten On-Demand-Streaming-Services ungemein vom Lockdown und verzeichnet laut diversen Quellen, neben der sowieso schon ungeheuren Umsatzzunahme von fast 50 Milliarden auf 280 US-Dollar in 2019, einen Umsatz von 88,91 Milliarden US-Dollar im zweiten Quartal dieses Jahres, was wiederum, im direkten Vergleich zum Vorjahr, einen Umsatzwachstum von stolzen 40 Prozent darstellt.[1] Allein innerhalb von zehn Märztagen dieses Jahres erfuhr der Großkonzern eine Wertzunahme von 100 Milliarden US-Dollar und erhöhte das Privatvermögen von Firmengründer Jeff Bezos somit kurzerhand um weitere 10 Milliarden.[2]

    By Jérémy-Günther-Heinz Jähnick, Wikimedia Commons, licensed under CC BY-SA 3.0 (edited by Jakob Reimann).

    Während die Führungselite rund um den US-amerikanischen Unternehmer, Investor und mit einem Privatvermögen von rund 186 Milliarden US-Dollar reichsten Menschen der Welt weiterhin nach Ausbau und Kapitalerhöhung strebt, sind wie so oft die als fleischgewordene Produktionskraft wahrgenommenen Arbeiter und Angestellte die Leidtragenden. Die miserablen Arbeitsbedingungen mit denen die, in Anbetracht des finanziellen Stellenwertes des Unternehmens, mit einem Einstiegsbasislohn zwischen 11,30 Euro und 12,70 Euro brutto pro Stunde,[3] maßlos unterbezahlten Amazon-Mitarbeiter in den Logistik-Zentren konfrontiert werden, dürfte im Jahre 2020 niemanden mehr überraschen. Als nahezu beängstigende Manifestierung des Kapitalismus schafft der Konzern unter den Arbeitern einen menschenunwürdigen und unzumutbaren Leistungsdruck, während er die Entlohnung möglichst gering hält, um somit sowohl Produktionskraft als auch Profit effizient zu maximieren und den eigenen Reichtum mit einer verachtenswerten Rücksichtslosigkeit zu steigern. So berichteten bereits vor geraumer Zeit mehrere Angestellte unabhängig voneinander von einer permanenten Leistungsmessung, dessen Ergebnis gegebenenfalls einen Kündigungsgrund darstellen kann und teilweise sogar dazu führt, dass die Arbeiter an ihrem Arbeitsplatz verbleiben und in Flaschen urinieren, statt eine Toilette aufzusuchen, sowie eine den gesamten Arbeitsraum umfassende Überwachung durch Kameras. Die Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbunds (IGB) Sharan Burrow selbst bezeichnete die Arbeitsbedingungen bei Amazon in diesem Zusammenhang als „schockierend“.[4]

    Wir sehen alles: Mitarbeiter von Amazon in einem Deckenspiegel bei Schichtwechsel im Vertriebszentrum Koblenz. Bild: Kretzer, Michael. Quelle: YouTube

    Ein grauenvoller Zustand, welcher sich durch die Pandemie nur noch weiter intensivierte. Während der Konzern nun die Überwachung mit dem Vorwand, lediglich die Einhaltung der Abstandregeln gewährleisten zu wollen, legitimiert, beklagen sich die Angestellten zunehmend über unzureichende Gesundheitsmaßnahmen. So wurde gemäß der Aussage des Amazon-Mitarbeiters Peter Fritz das Corona-Virus von Vorgesetzten als „normaler Schnupfen“ relativiert, den Angestellten geraten, sie sollten sich nicht so anstellen, Glasreiniger als Desinfektionsmittel ausgegeben und Beschäftigten mit Kindern, welchen somit zu Beginn des Lockdowns eine zweiwöchige Arbeitsbefreiung zur Organisation der Kinderbetreuung zustand, nach nur sieben Tagen mit Kündigung gedroht. Der zuvor erwähnte Leistungsdruck zwinge des Weiteren mehrere Mitarbeiter dazu, aus Angst vor einer Kündigung selbst mit Erkältungssymptomen zur Arbeit zu erscheinen, womit Amazon erneut nicht nur die Gefährdung seiner Mitarbeiter in Kauf nimmt, sondern diese sogar in Bezug auf das Corona-Virus indirekt und im Hinblick auf die vielfach vertretenen physischen sowie psychischen Beschwerden der Angestellten aktiv herbeiführt.[5]

    Zu allem Überfluss kämpft die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di bis heute für die Etablierung von Tarifverträgen innerhalb des Unternehmens; zumal Amazon sich zwar angeblich an den üblichen Gehältern der regionalen Logistikbranche orientiere, derartige Verträge sowie die damit einhergehende Garantie auf Urlaubsansprüche, Weihnachts- und Urlaubsgeld inklusive entsprechender Zuschläge, regelmäßige Lohnerhöhungen, zusätzliche Urlaubstage und eine Begrenzung der Befristungen auf ein annehmbares Maß, bislang jedoch ablehnte.[6]

    Das Wissen um diese niederen Arbeitsbedingungen lässt das vom Unternehmen selbst ins Leben gerufene Konsumfest, die „Prime-Days“, nur noch makaberer anmuten. Über einen Zeitraum von zwei Tagen zelebriert der Konzern seine eigene Existenz und lockt mit umfangreichen Rabattaktionen seinen stetig wachsenden Kundenstamm. Das diesjährige Event liegt nun, nachdem es bereits vor einigen Monaten auf diesen Herbst verschoben wurde, bereits einige Tage zurück und Amazons Presseabteilung spricht euphorisch von „den zwei größten Tagen der kleinen- und mittelmäßig großen Dritthändler des Amazon Stores“, welche über die Prime-Days einen Umsatz von über 3,5 Milliarden US-Dollar erzielten und somit die Ergebnisse des letzten Jahres um vernichtende 60 Prozent übertrafen, während Prime-Mitglieder bei ihren Einkäufen weltweit über 1,4 Milliarden Euro sparten. So heißt es in derselben Pressemitteilung, Amazon „sei auf dem besten Weg, in diesem Jahr 18 Milliarden US-Dollar zu investieren, um kleinen und mittleren Unternehmen zum Erfolg in seinem Geschäft zu verhelfen und habe die Prime-Days bewusst so konzipiert, dass kleine Unternehmen noch mehr unterstützt werden – einschließlich der Finanzierung einer Werbeaktion, die in den zwei Wochen vor dem Event zu einem Umsatz von über 900 Millionen US-Dollar für entsprechende Unternehmen geführt habe“.[7]

    Die gutherzig-solidarischen Federn, mit denen Amazon sich hier zu schmücken versucht, sind selbstverständlich eigennütziger Natur. Obgleich die Intentionen des Multi-Milliarden-Versandhändlers in der Pressemitteilung des 15. Oktobers recht euphemistisch als reiner Akt der Selbstlosigkeit dargestellt werden, liegt die Annahme, dass es dem Konzern lediglich um die Erweiterung ihres Sortiments und somit ihres Branchenmonopols gehen dürfte, doch deutlich näher. Zumal Amazon explizit von Erfolg in ihrem Geschäft sprach und somit, durch ihre Anteilnahme an den in ihrem Shop erzielten Verkäufen sogar finanziell profitiert. Als Dritthändler hat man bei Amazon die Wahl, entweder dem von Amazon empfohlenen Plan zu folgen und ein professionelles Verkäuferkonto zu eröffnen, oder auf das Basiskonto zurückzugreifen, wobei die markanten Unterschiede in den möglichen Verkaufszahlen und Amazons Anteilnahme liegt. Während das Basiskonto zwar keine monatliche Zahlung verlangt, dafür jedoch die Artikelverkäufe auf 40 Stück pro Monat reduziert und eine Verkaufsgebühr von 99 Cent pro Artikel sowie prozentuale Verkaufsgebühren erhebt, entfallen die Begrenzung sowie die 99 Cent bei einem Verkäuferkonto, was dafür wiederum eine monatliche Gebühr von 39 Euro exklusive Umsatzsteuer mit sich bringt.[8] Wie hoch diese „prozentualen Verkaufsgebühren“ pro Produkt sind, lässt sich in dieser recht tief in dem Amazon sellercentral verbogenen Tabelle einsehen.

    Demnach handelt Amazon bei der Unterstützung und Etablierung kleinerer Dritthändler ein weiteres Mal lediglich im Interesse des eigenen Profits und versucht in seiner Dreistigkeit sogar noch, sich aufgrund dessen als gutherzigen Samariter zu vermarkten. Da wirkt die nachfolgende Danksagung des CEO Worldwide Consumer Jeff Wilke, in welcher er sich bei jenen bedankt, die den diesjährigen Prime-Day ermöglicht haben, und explizit auf „die engagierten Frontteams in unseren Fulfillment Centern und Lieferbetrieben“ verweist, fast ähnlich spöttisch, zumal Tarifverträge weiterhin aus- und Arbeitsbedingungen menschenunwürdig bleiben.[9] Der Streik der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wurde wie auch im Jahr zuvor von Amazon mit dem Kommentar, es würde aufgrund der nur geringen Beteiligung nicht zu Einschränkungen für die Kunden kommen, als nichtig bewertet und ignoriert, womit der jahrelange, kräftezehrende Kampf um annehmbare Tarifverträge, weiter andauern dürfte.[10]

    Somit zeigt Amazon durch das ungeheure Umsatzwachstum und die sich dennoch weiter verschlimmernde Lage innerhalb der Arbeiterschaft rücksichts- und hemmungslose Raffgier und festigt seinen Ruf als Sinnbild und Gesicht des verruchten Kapitalismus ein weiteres Mal. Obgleich die Tatsache, dass die diesjährigen Prime-Days laut den Einschätzungen einiger Citi-Analysten einen Rückgang der Eigenmarke und ein gesteigertes Kaufverhalten der User in Bezug auf kleinere Sub- und Dritthändler verzeichnen, zwar nur wie ein äußerst geringfügiger Trost erscheinen mag, so dürfte er dem einem oder anderem dennoch ein schadenfrohes Schmunzeln verschaffen.[11]

    Quellen:

    Erstveröffentlichung am 2. November 2020 auf »Die Freiheitsliebe«. Veröffentlichung mit freundlicher genehmigung des Herausgebers. Bilder und Bilduntertexte wurden um Teil von der Redaktion Roter Morgen hinzugefügt..

    Dieser Artikel erschien heute in ROTER MORGEN.
    Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.

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