Eine flog über das Kuckucksnest …

Karl Bonhoeffer Nervenklinik – Bild von jocki84 CC BY 2.0

Interne Eindrücke aus der psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses in Baden-Württemberg.


Andrea Scharbert, 20. April 2018
Als ich eingeliefert wurde, litt ich unter starken Schmerzen aufgrund diverser Prellungen und wurde mit Medikamenten zugepumpt. Nicht gewöhnt an Schmerzmittel, stand ich völlig neben mir, konnte mich aber am vierten oder fünften Tag aufraffen, um gegenüber der Ärztin zu fordern, die prophylaktische Einnahme komplett ad hoc zu beenden. Ich wollte wieder einen klaren Kopf bekommen. Wir vereinbarten, dass ich mir im Bedarfsfall eine Ibu 600 beim Pflegepersonal holen könne.
Unerfahren wie ich war, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass sich nicht nur die Ärzte uneinig sind, sondern auch ein „Krieg“ zwischen Ärzten und manchen Mitgliedern des Pflegepersonals stattfindet. Ich hatte also teilweise Probleme, eine Ibu zu bekommen. Durch mein mir eigenes renitentes Verhalten (wieder klar im Kopf), hatte ich mich bei manchen Leuten „määächtig beliebt“ gemacht!!!
Mit das schärfste geschah an einem Sonntag: Mir wurde ein Tablettencocktail von mindestens sechs fetten Kapseln zur Einnahme hingestellt. Wohl wissend, dass ich nur eine Vitamin xyz Tablette im Programm hatte, lehnte ich die Einnahme ab. Es stellte sich heraus, dass die Zuordnung vertauscht wurde. Ich werte es mal als einen (Ironie an) „Mordversuch“ (Ironie aus), zumal es sich um die mich hassenden Pfleger handelte.
Fear the walking dead
Anderes Thema: So viele zombies auf einem Haufen sah ich noch nie….. einer blieb offenbar auf irgend einem Trip hängen und schrie sich von morgens bis spät nachts die Lunge aus dem Hals. Abgesehen davon, dass er ständig herumrotzte und -spuckte. Ich sah zu, dass ich Land gewann, wenn er sich in meine Richtung bewegte. Meine Mitinsassen und mich nervte das ohne Ende, aber das Pflegepersonal sah das völlig entspannt. Wer weiß, welche Drogen selbige intus hatten… Apropos Drogen: Es wurde gedealt ohne ende…..
Was auch geil kam, dass war das eine oder andere „tremens delirium“live mitzuerleben. „Unser“ Schreihals mischte sofort hellauf begeistert mit und es ging der Punk ab….
Zwei Frauen waren freiwillig (die Betonung liegt auf FREIWILLIG!!!) in der Klinik und wollten entlassen werden. No Chance. Ohne genauere Diagnostik wurde eine der beiden gezwungen, irgendein Psychopharmakum einzunehmen. mit Mundkontrolle. Kein Witz, ich stand direkt neben ihr.
Meine Zimmergenossin, etwas eingeschränkt, aber keineswegs dumm und vor allem megasympathisch, bekam zwei mal entsetzliche Krampfanfälle. Einmal wurde ihr sofort geholfen, beim zweiten mal kam der lapidare Satz „sie müsse halt warten, bis es wieder vorbei ist“.
Ich streichelte sie, bis sie sich wieder beruhigte. O-ton einer der Ärzte: bei uns muss keiner leiden….. sie weinte vor Schmerzen.
Mein persönliches Fazit:
Szenario A: Aufenthalt in der Irrenanstalt (incl. mancher Ärzte und Pfleger) auf ewig.
Szenario B: Entlassung mit schweren psychischen Schäden.
Szenario C: Entlassung mit noch verstärkter Kampfeslust und mächtig viel Wut im Bauch.
Ich entschied mich für C !!!
Ja, „Einer flog über’s Kuckucksnest“…
Damals (vor weit über dreißig Jahren) hatte ich den Glauben an unsere wundervolle „Demokratie“ noch nicht verloren.

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