Amoklauf oder Terrorismus? – Anschlag in Lissabonner Universität vereitelt

Wissenschaftliche Universität Lissabon FCUL - Screeshot YouTube - Vídeo institucional de apresentação da FCUL

Volkskorrespondent Rui Filipe Gutschmidt – 18. Februar 2022

Rui Filipe Gutschmidt

Das FBI hat die portugiesischen Behörden auf einen geplanten Anschlag eines 18-jährigen Studenten aufmerksam gemacht, der in Foren des Dark-Web seine Pläne angekündigt haben soll. Eine Woche vor dem geplanten Anschlag begann die portugiesische Polizei damit dem Fall nachzugehen, bis sie schliesslich am Vorabend des geplanten Massakers den psychisch gestörten João C. verhaftet hat. Die Anklage lautet auf „Terrorismus“, doch viele sind der Meinung, dass diese Bezeichnung falsch sei.

Die Anklage lautet also auf Terrorismus und die Haftrichterin hat Untersuchungshaft veranlasst. Doch was genau hatte der Angeklagte João C. geplant?

Psychotic Nerd“, wie der Student der Computertechnik an der Fakultät für Naturwissenschaften der Universität Lissabon João C. sich im Darknet nannte, plauderte munter über seinen Plan, einen Massenmord an Kommilitonen durchzuführen. Nach dem Hinweis aus Übersee wurde er am Vorabend des Angriffs von der Justizpolizei (PJ) festgenommen. Er befindet sich in U-Haft.

João beteiligte sich und intervenierte regelmäßig in Gruppen des Darknets, die von Massenschießereien auf willkürliche Ziele („massive shooting“) und Schulschießereien handeln.

Er offenbarte einem der Mitglieder, dass er beabsichtige, einen Anschlag auf die Universität in Lissabon zu verüben in der er studiert hat. Angeblich fühlte sich João C. zu Unrecht des Plagiats beschuldigt. Doch der Chatpartner informierte das FBI (oder war Undercoveragent?), die umgehend die portugiesische Kriminalpolizei (PJ) über direkte Kooperationskanäle kontaktierte, die beide Polizeikräfte seit mehreren Jahren konsolidiert haben und die dauerhaft funktionieren.

Die Informationen waren telegrafisch und bestanden neben dem Gesprächsinhalt aus einer IP-Adresse und Joãos Nutzernamen „Psychotic Nerd“. Das Eliteteam der National Unit to Combat Cyber-Crime (UNC3T) der Justizbehörde, die sich aus den besten Cyberpolizeibeamten der Einheit zusammensetzt, konnte in weniger als 24 Stunden eine Adresse der IP zuordnen. Sein Wohnsitz wurde 24 Stunden am Tag überwacht.
.
Diskreter und „chirurgischer“ Zugriff der Anti-Terroreinheit UNTC

Die Mitarbeiter der Nationalen Einheit zur Bekämpfung des Terrorismus (UNCT) koordinierten diese Ermittlungen, wobei der Moment der Festnahme am Donnerstagmorgen gerade noch rechtzeitig kam, um das geplante Blutvergießen zu vermeiden.

Laut der Tageszeitung DN war die Aktion der UNCT-Inspektoren, einer kleinen Brigade aus drei Elementen, sehr diskret und chirurgisch. Sie fanden João C. am Computer sitzend vor und er leistete keinen Widerstand, bei seiner Festnahme.

In seinem Zimmer wurden mehrere verbotene Waffen beschlagnahmt, darunter ein großes Buschmesser und eine Armbrust mit schussbereiten Stahlpfeilen. Von der Wand nahmen die Inspektoren ein Blatt mit dem Anschlagsplan für den nächsten Tag.

Symbolbild: Amok-Läufe an Schulen und Universitäten sind weltweit keine Seltenheit. Polizei und Psychologen suchen nach den Motiven der Täter, Politiker diskutieren über mögliche Konsequenzen aus dem Amoklauf und die Angehörigen der Opfer fragen sich, warum die Tat nicht verhindert werden konnte, doch niemand kommt darauf das meist die brutalen gesellschaftlichen Verhältnisse die Ursache für solche Hanlungen sind. Bild: Polizei dein Partner.de

Der Plan richtete sich speziell gegen Studenten, die Block 3 der Fakultät für Naturwissenschaften der Universität Lissabon im Studiengang Computer Engineering besuchten. Er wird daran gedacht haben, einige mit verbotenen Waffen zu ermorden, während andere mit Feuer angegriffen würden. Sein rigoroser Plan zeigt seine Intelligenz, aber auch seine Arroganz, die letztlich zu seiner Festnahme führte.

Familiennahen Quellen zufolge hat man bei João das Asperger-Syndrom diagnostiziert – eine Art von Autismus, dessen Träger extrem intelligent sein können, aber begrenzte Interessen, Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und sich wiederholende oder routinemäßige Verhaltensweisen haben.


.
Doch warum wird dieser geplante Amoklauf als Terrorismus eingestuft? Die Interpretation im weitesten Sinn (der, der Terror verursacht) mag ja zutreffend sein, doch was allgemein als Terrorist bezeichnet wird, ist eher jemand dessen Aktion(en) langfristig Angst und Schrecken im Namen einer „Sache“ zu verbreiten sucht. Dabei werden „Unschuldige“ zu Opfern, um die Zivilbevölkerung zu verunsichern.

Das muss nicht unbedingt eine „Zelle“, eine Gruppe, Miliz oder Organisation sein, sondern kann durchaus auch von einem Einzeltäter oder Selbstmordattentäter durchgeführt werden.

Dennoch ist so eine Schulschießerei wohl kaum Terrorismus, auch wenn die Aktion an sich Terror – also Angst und Schrecken – hervorruft. Der Unterschied ist aber recht einfach zu erkennen, wenn man es nur will. João C. hatte ein persönliches Motiv und keine politischen, ideologischen und/oder religiösen Ziele. Das Wort, dass Medien, Polizei und Staatsanwaltschaft verwenden sollten, ist „Amokläufer“.

Ein Terrorist ist aber leichter zu beschuldigen, wird leichter verurteilt und wenn man ihn wegsperrt und den Schlüssel wegwirft, dann stört es keinen so wirklich. Es ist schließlich ein Terrorist und Terroristen sind Monster. Aber ist João nicht auch ein „Monster“? Unabhängig von seinem Motiv, bleibt doch die Tatsache, dass er einen Massenmord geplant hatte und eindeutig psychopathisch veranlagt ist.

Doch genau hier liegt für mich der berühmte Hase im Pfeffer… João ist Krank! Eine Gesellschaft, die sich nicht darum schert, dass psychisch kranke Menschen auf der Straße „leben“ (wenn man das denn „zu leben“ nennen kann), in der niemanden auffällt, dass sich ein Student von sozialen Interaktionen distanziert und einen Hass gegen seine Kommilitonen und Mitschüler entwickelt, wo er anscheinend Opfer von Bullying war, muss sich nicht wundern, wenn Massaker geschehen.

Diesmal hatten die Behörden Glück, dass „Big Brother“ aus Übersee (FBI) auf den jungen Möchtegern-Massenmörder aufmerksam wurde und die Güte hatte die Portugiesen darauf aufmerksam zu machen. Doch die Probleme und Krankheiten der menschlichen Psyche dürfen nicht länger ignoriert, klein geredet, verharmlost und marginalisiert werden. Gerade jetzt, da uns die Pandemie aus unserer Routine geworfen hat und neben Depressionen alle möglichen Phobien und Neurosen verursacht beziehungsweise verschärft, sollte das Augenmerk verstärkt auf dem Geisteszustand unserer Mitmenschen und – soweit möglich – uns selbst gerichtet werden.

Dazu gehört auch, dass nicht alles gleich als Terrorismus eingestuft wird. Die Bezeichnung „Terrorismus“ derart zu inflationieren, sorgt nur für zusätzliche Panikmache, mit der die „Macht hinter dem Thron“ seinen Überwachungsstaat ausbauen kann und unter dem Deckmantel der Sicherheit und dem Schutz vor Terroranschlägen, können Regierungen autoritäre Gesetze erlassen und tatsächliche Freiheiten einschränken. Doch was denken Sie? Was ist Terrorismus? Ist João ein Terrorist? Was kann Portugal, was kann Europa und was kann man weltweit tun, um die Psyche der Menschen zu stabilisieren? Ein Problem, dass nicht länger ignoriert werden darf.

Passend zum Thema:

Islamischer und christlicher Terrorismus

 

zurück zur Startseite
hier geht es zur Facebook Diskussionsgruppe

Sag uns deine Meinung zum Artikel mit einem Kommentar/Leserbrief

Unterstützt uns
INFO-WELT finanziert sich fast ausschließlich durch Spenden. Um die Qualität unserer Artikel, Fotos zu verbessern und um Internet- und Stromkosten, sowie kleine Reparaturen zahlen zu können, sind wir auf Spenden angewiesen. Wir sind für jeden Cent und Euro dankbar.
Das folgende Bankkonto gehört einer guten Freundin, bitte benutzt es mit dem Betreff:
Spende für INFO-WELT
IBAN: PT50 0010 0000 4215 0760 0014 7
Wer möchte, der kann seine Spende einem bestimmten Autor zukommen lassen. Wir sorgen dafür, dass jeder Cent da ankommt, wo er hin soll.
INFO-WELT sagt DANKE an alle, die uns in irgendeiner Form unterstützen!

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*